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Breiten polwärts ab, so dass die Steilheit in der Neigung der Flachen gleichen Druckes dort sich vermindert
oder das zuletzt noch schwache, polwärts gerichtete Gefälle durch andere Einwirkungen gar ganz vernichtet
wird. Alsdann treiben die Luftmassen über einander bin, ohne sich wesentlich zu beeinflussen und die
meridionale Zirkulation hört fast ganz auf, während in der Tiefe der Westwind verschwindet.
e) Wechselnde Bewegungs-Erscheinungen in der Atmosphäre.
Es ist hier nicht die Absicht, die durch Störungen veranlassten, stets wechselnden Bewegungs-Er
scheinungen der atmosphärischen Luft zu besprechen, deren Einfluss das veränderliche Wetter der ge
mässigten Zone bedingt; jedoch kann hier angedeutet werden, dass auch diese Erscheinungen in innigem
Zusammenhänge zu den vorne besprochenen Bewegungs-Gesetzen stehen und nur im Zusammenhänge mit
dem Studium der allgemeinen Luftzirkulation verstanden werden können.
Es ist erkannt worden, dass jenseits des 9 ten Breitenkreises bis zum Pole hin im Allgemeinen die Luft
eine sinkende Bewegung ausführt, welche in der eigentlichen Trockenzone zu besonderer Ausbildung gelangt,
in höheren Breiten aber sehr gering ist. Hier ist die Witterung einem steten Wechsel unterworfen, weil
jede Aenderung der Temperatur-Vertheilung und jede Verschiedenheit der Temperaturen, welche längs ein und
demselben Breitenkreise anzutreffen ist, zu einer Mischung der oberen und unteren Luftmassen führt. Eine
solche Vermischung der oberen und unteren Luftmassen wird aber nothwendigerweise eine lokale Aenderung
der Druekvertheilung herbeiführen, weil dadurch die Westwinde der Höhe abgeschwächt werden und somit
jener Gleichgewichtszustand vernichtet wird, bei welchem die meridionale Beschleunigung ~— 2vwsincp den
Werth Null annimmt. Während in Nähe des Aequators in der Höhe „v“ niemals so gross sein kann, dass
das zweite Glied 2v co sin cf dem ersten Gliede — an Grösse gleich käme und hierdurch immer Sauge- und
Steigeströme, also beständig Regengebiete, entstehen; ebenso bilden sich in der gemässigten Zone durch
die zeitweise Verminderung von v gelegentlich auch lokale Sauge- und Steigeströme, also Gebiete gleich
zeitigen Regenwetters aus.
Selbst mässige steigende und fallende Luftströme können sicherlich bei günstiger Temperatur-Ver
theilung sehr störend in die Bewegungszustände der gemässigten Zoue eingreifen, handelt es sich bei der
Wetter-Gestaltung in der gemässigten Zone doch nicht allein um die Leistung mechanischer Arbeiten durch
periodisch auftretende Kräfte, sondern vielmehr oft nur um die Störung eines vorhandenen Bewegungs-
Systemes, bei welchem in der Höhe starke Winde und in der Tiefe Windstillen oder schwache Winde vor
handen sind und bei welchem im Beharrungszustande durch den Mangel meridionaler Luftbewegung die
horizontalen Temperatur-Differenzen kaum eine Arbeit verrichten. Es bedarf in der gemässigten Zone nicht
immer einer grossen von aussen hinzugeführten Arbeitsleistung um Depressionen und Winde in der Tiefe
zu erzeugen, sondern nur einer Störung jenes Beharrungszustandes, bei welchem die Luftschichten überein
ander hingleiten, ohne Kraft resp. Bewegung von einer Schicht auf die andere zu übertragen.
In der Deutschen Bauzeitung, S. 595, Jahrg. 1885, ist darauf hingewiesen, dass Luftmassen steigende
und fällende Bewegungen ausführen, w-enn dieselben in der Trägheitsbahn sich bewegen, d. h. der ablenken
den Kraft der Erdrotation folgen, weil die Trägheitsbahnen in der Ebene des Breitenkreises liegen und
also von der Erdoberfläche sich schräge hinauf bis zu höheren Schichten erstrecken. Eine Luftmasse,
welche in anderer Luft schwimmt und nur der Trägheitsbahn folgt, wird steigende und fallende Bewegungen
ausführen. Es kann sich zwar ereignen, dass diese Luftmasse kälter und schwerer ist als die sie umgebende
ruhende Luft und daher die steigende Bewegung in nur beschränkter Weise zum Austrage kommt. Immer
hin wird der Umstand, dass Luft, welche der Trägheitsbahn folgt, steigt und fällt, die Massenmischung
übereinander lagernder Luftschichten begünstigen und daher erheblich auf die atmosphärischen Zirkulationen
und Druck-Vertheilungen einwirken. So ist es denn z. B. auch möglich, dass die geringen Bewegungen,
welche durch Ebbe- und FluthWirkung in der Atmosphäre täglich bestehen müssen, auch kleine steigende
und fallende Luftströmungen veranlassen und dadurch Vorgänge in der Atmosphäre erzeugen, welche in
der beschriebenen Weise zur Umgestaltung der Druck-Vertheilung und der Bewegungs-Zustände der Atmo
sphäre beitragen.
Es ist augenscheinlich die Bildung von Depressionen und Maxima, wie überhaupt die ganze Wetter-
Gestaltung von so ausserordentlich vielen Umständen abhängig, dass wir nur an der Hand exakter Beob-