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wobei von allen Störungen, allen Schwankungen und Unregelmässigkeiten in der Temperatur- und Druck-
Vertheilung zunächst abgesehen werden soll. Längs ein und desselben Breitengrades wird also konstante
Temperatur, konstanter Druck und konstante Windgeschwindigkeit vorausgesetzt, so dass nur in meridionaler
Richtung Differenzen vorliegen.
7. Die thatsächlich vorhandene Luftzirkulation.
Voraussetzungen: Es bestehen in allen Höhenschichten nur nieridionale Temperatur-Differenzen, wie sie sich etwa im
Jahres-Mittel in der Erdatmosphäre finden.
a) Die Luftzirkulation in der heissen Zone im Allgemeinen.
Die Luft, welche am Aequator aus höheren Breiten zuströmt, hatte angenähert am Ausgangsorte der
Bewegung die gleiche Rotations - Geschwindigkeit wie die Erdoberfläche daselbst besitzt, also z. B. am
10 ten Breitenkreise etwa 458, am 20 sten 437 und am 30 sten etwa 403 m, d. h. 465 cos </> absolute Rotations-
Geschwindigkeit in westöstlichem Sinne. Am Aequator durcheilt die Erdoberfläche aber 465 m in der
Sekunde und wird daher die mit geringerer Westost-Rotations-Geschwindigkeit begabte zuströmende Luft
hinter der Bewegung der Erdoberfläche Zurückbleiben und als Ostwind wehen. Es müsste, wenn durch
Reibungs-Widerstände kein Verlust an Bewegung herbeigeführt würde, eine Luftmasse, die am 20 sten Kreise
keine Westost-Windgeschwindigkeit besessen, d. li. ebenso wie die Erdoberfläche daselbst, also mit 437 m
absoluter Geschwindigkeit, sich bewegt hätte, durch Druck-Differenzen zutn Aequator getrieben, ganz erheb
lich hinter der Bewegung der Erdoberfläche Zurückbleiben. Nach dem Gesetz der Flächen käme die Luft
v v' cos 20°
am Aequator mit der Rotations-Geschwindigkeit 437 • — — 437 • — = 411 m an und würde am
Aequator desshalb als Ostwind in der Geschwindigkeit 465 — 411 = 54 m wehen. Jener Abnahme der abso
luten Westost-Geschwindigkeit von 437 auf 411 m, welche sich bei der Entfernung vom Rotations-Mittel
punkte, d. i. hier bei Entfernung von der Erdachse, vollzieht, würde durch die Arbeit der Druckkräfte her
beigeführt sein, welche die Luft zum Aequator treiben. Die aus ihnen resultirenden meridionalen Be
schleunigungen verwandeln sich durch die Rotation in einen Ostwiüd der Stärke 437 — 411 = 26 m, durch dessen
Hinzutreten die ursprünglich vorhandene Differenz 465 — 437 = 28 m auf 28+26 — 54 m erhöht wird.
Da nun der äquatorialen Zone von beiden Seiten ausschliesslich nur Luft zufliesst, welche als Ostwind
weht, wird in dieser ganzen äquatorialen Zone Ostwind vorherrschen.
Der Ostwind erfährt durch die Erdrotation eine vom Aequator zum Pole weisende Ablenkung, drängt
die Luft vom Aequator fort und ruft daselbst solange Druckverminderung hervor, bis die Fläche gleichen
Druckes schräge zum Aequator sich neigt und also die Wirkung dieses Gefälles die Wirkung der polwärts
drängenden Fliehkraft aufhebt. Wir erkennen also als noth-
wendige Folge des in der heissen Zone herrschenden Ostwindes
die Ausbildung eines die ganze Erde am Aequator umspannen
den Gürtels niedrigen Luftdruckes. Durch die bestehenden
Temperatur-Differenzen wird die Ausbildung schwachen Druckes
am Aequator in Nähe der Erdoberfläche vermehrt, in der Höhe
aber vermindert, oder gar beseitigt. Dies ergiebt sich leicht
aus der polaren Konvergenz, resp. äquatorialen Divergenz der
Die Ablenkung
Flächen gleichen Druckes.
In den unteren Schichten treibt das Gefälle die Luft mit
der Beschleunigung zum Aequator hin.
durch Erdrotation ist im Ostwinde zum Pole gerichtet und
beträgt 2 v oo sin f, so dass als resultirende zum Aequator
gerichtete Beschleunigung ~ -
2 v cs sin y> >0 verbleibt. Der
Richtung dieser Beschleunigung folgend, strömt unten die Luft
nach der Aequator-Gegend hin, wodurch die Ost-Passate entstehen. In sehr hohen Schichten der Atmosphäre
kehrt sich das Gefälle um und treibt hier im Bereiche des Ostwindes sowohl die Gefäll-Beschleunigung gjn
als auch die ablenkende Beschleunigung 2 v co sin cp die Luft höheren Breiten zu. Die also sich entwickelnden