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Nachdem wir diesen Taifun überstanden hatten, entschlossen wir uns, in den Ozean hinaus zu stehen
und, falls wir nicht westlich der Bonin- und Coffin-Inseln passiren könnten, östlich derselben den Passat
aufzusucheu. Am 8. Juli, in ungefähr 24.5° N-Br. und 137.6° O-Lg., änderte sich der Wind, nachdem der
SW-Monsun zum leisen Zuge abgenommen hatte, durch Linksdrehen nach Ost, und daraus entwickelte sich,
bald auffrischend, der NE-Passat. In 20° N-Br. entlang segelnd, gelangten wir bereits am 15. Juli in den
Ballingtang-Kanal, und am 18. Juli erreichten wir unseren Bestimmungsplatz Takao.
Nach den Erfahrungen dieser Reise meine ich, dass es für Schiffe, welche im Sommer von Japan
nach dem Süden Chinas gehen, am besten ist, von Yokohama sofort südwärts zu stehen, wenn möglich
im Westen, sonst aber im Osten von Vries-, Smith-, Benin-, Coffin- und Volcano-Inseln entlang steuernd,
den Passat aufzusuchen und, mit diesem westwärts segelnd, die Länge abzulaufen. Wir hatten, wie schon
erwähnt, von der nur etwa 300 Sm. von Yokohama entfernten Position, wo wir den Taifun überstanden,
nur 14 Tage Reise zur Südspitze von Formosa.
In Betreff der Route, die im September-Heft der „Annalen der Hydrographie“, Jahrgang 1884, von
Kapt. P. Duhme von der Deutschen Brigg „Minerva“ empfohlen worden ist — nämlich auf der Reise von
Yokohama nach Nagasaki auf etwa 30° bis 31° N-Br. entlang zu segeln — möchte ich noch bemerken,
dass wir im Jahre 1884, auf der gleichen Fahrt begriffen, in dieser Breite einen Strom nach Osten von
etwa 1 Sm. in der Stunde hatten, und auch in diesem Jahre, auf der Reise nach Takao, fanden wir beim
Passiren der angegebenen Breite ziemlich starke östliche Stromversetzungen, nämlich am 3. Juli in 31° 19'
N-Br. und 136° 48'O-Lg. EzN 28 Sm., am 4. Juli in 30° 32'N-Br. und 136° 32'O-Lg. Ost 22 Sm. Erst am
5. Juli in 29° 12'N-Br. und 136° 48'O-Lg. hörte der Oststrom auf. Während der ganzen Woche, die wir
im Passat zubrachten, hatten wir dagegen stets eine Stromversetzung nach WSW von 20 bis 30 Sm. im •Etmal.
Port Arthur im nördlichen China an der Korea-Bai. Von Kapt. J. G. Gefken,
Führer der deutschen Bark „Inca“.
Auf unserer Reise von Hamburg nach Port Arthur erblickten wir am 13. Mai 1883 um l h p. in. das
Kap Liau-ti-shan. Bis 6‘/2 h p- m. herrschten Mallung und Windstille, worauf frische Briese aus ESE
durchkam. Wir kreuzten während der Nacht in Sicht der Küste udü erreichten am Morgen des 14. um
8V2 Ehr die Bai von Port Arthur, woselbst wir ausserhalb der Barre ankerten.
Port Arthur oder Lü-Chan-Kau ist ein im Entstehen begriffener chinesischer Kriegshafen und wird
für Handelsschifffahrt wohl kaum von Bedeutung werden. Der Hafen wird an und für sich sehr gut sein,
sobald die schon erwähnte Barre vor demselben, welche aus Kieselsteinen besteht, weggeschafft sein wird,
zu welchem Zweck vier Baggerfahrzeuge thätig sind. Bei meiner Ankunft war die Tiefe auf der Barre mit
Hochwasser 4.5 m — 15 Fuss —, weshalb ich erst ausserhalb derselben ankern musste, um zu leichten.
Port Arthur selbst ist ein recht trauriger Platz. Ausser Schweinen, Hühnern und Eiern war dort
nichts zu kaufen. Der einzige Europäer in Port Arthur, ein Deutscher, Namens von Hanneken, leitete
die Fortifikationsarbeiten und die Aufstellung der Geschütze. Das Fort wird auf dem an der rechten
Seite der Einfahrt liegenden Hügel 120 m — 400 Fuss — über der Meeresoberfläche gebaut. Von der
See aus wird dasselbe als eine gute Landmarke dienen, besonders wenn es durch die beabsichtigte
Errichtung eines Flaggenmastes noch leichter erkennbar gemacht werden wird. Es ist im Hafen um
10 Uhr bei Neu- und Vollmond Hochwasser. Der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser beträgt
1.8 m — 6 Fuss —.
Eine Postverbindung zwischen Port Arthur und anderen Häfen existirt nicht. Im Bedarfsfälle wird
dieser Dienst durch Dschunken oder auch durch chinesische Kanonenboote versehen. Während meines
dreiwöchentlichen Aufenthaltes hierselbst traf kein einziger Brief oder irgend welche Nachricht von auswärts
ein, so dass wir ganz abgeschlossen von der übrigen Welt lebten. Eine obrigkeitliche Behörde war noch
nicht eingerichtet. Ein Mandarin ist nominell Chef in Port Arthur, während in Wirklichkeit alle Arbeiten
von Herrn von Hanneken abbängeu. Diesem Herrn bin ich für seinen Rath und seine Hülfe, die er
mir angedeihen liess, zu grossem Dank verpflichtet; besonders auch deshalb, weil er der einzige war, mit
dem ich verkehren konnte, da alle Andern nur chinesisch sprachen. Die Zahl der Arbeiter (Soldaten)
belief sich zur Zeit auf 7000, welche grösstentheils mit dem Austragen eines Bassins beschäftigt waren. Die
Leute leben recht erbärmlich. Ein aus Matten und Stricken hergestelltes Zelt ist ihre Behausung, und