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Bericht des Kapitän W. Vorsatz von der Stralsunder Bark „F. H. Drews“ über eine Reise von
Wladiwostok nach San Francisco.
Nachdem wir vom 27. März 1879 an volle vier Wochen in den verschiedenen Buchten des Oestlichen
Bosporus, unter denen die Paris-Bai am meisten zu empfehlen ist, die Befreiung unseres Bestimmungshafens
Wladiwostok vom Eise abwartend, gelegen hatten und dabei nicht wenig von den hin- und hertreibenden
Eisschollen belästigt worden waren, konnten wir am 24. April, an welchem Tage sich der englische Dampfer
„Dragon“ mit grosser Anstrengung einen Weg durch das Eis gebrochen hatte, den genannten Hafen er
reichen. Nach erfolgter Entlöschung traten wir am 24. Mai 1879 unsere Reise von Wladiwostok zunächst
nach Hakodadi an.
Anfänglich war der Wind frisch SE, gegen welchen wir aus der Bai Peter des Grossen hinauszukreuzen
hatten; am Morgen des 26. holte er jedoch südlicher, und mit steifem SSW-Wind und bei gutem Wetter
durchsegelten wir nun in 48 Stunden die ganze Breite der Japan-See. Am Nachmittage des 28.‘ankerten
wir vor Hakodadi. Da sich meine Erwartungen, hier eine Fracht nach China zu erhalten, nicht erfüllten,
so begaben wir uns am 31. Mai auf die Weiterreise nach San Francisco.
In der Tsugar-Strasse war der Wind zwischen E und S, frisch mit Staubregen und sehr unbeständig
in Stärke und Richtung. Der ziemlich stark in östlicher Richtung setzende Strom liess uns jedoch schon
am Abend Kap Siriga-saki und am nächsten Mittage, dem 1. Juni, Kap Yerimo erreichen. Hier erhielten
wir westlichen Wind. Derselbe war aber nur von geringer Stärke und von kurzer Dauer; schon nach 24
Stunden hatte sich der Wind nach NE verändert, und noch einen Tag später wehte eine massige Briese aus S.
Unter ähnlichen raschen Richtungsänderungen des Windes verlief die ganze Ueberfahrt, auf welcher
wir uns zwischen den Breitenparallelen von 40° uud 42° Nord hielten. Im Journal ist kein einziger Fall
verzeichnet, in welchem der Wind von einer bestimmten Richtung nicht schon nach höchstens 36 Stunden
von einem aus ganz anderer Richtung wehenden abgelöst worden wäre. Das begleitende Wetter war ruhig,
doch im Allgemeinen recht trübe und feucht von Nebel und Staubregen, sodass der blaue Himmel nur
selten zu sehen war. Der Seegang war massig. Der Windstärke wegen hätten wir die Bramsegel während
der ganzen Reise kaum festzumacheu brauchen.
Eine Ausnahme machte das Wetter des 20. Juni 1879, an welchem Tage wir zwischen dem 40. und
41. Breitengrade und in 177° W-Lg. einen orkanartigen NE-Sturm mit Regen, schweren Böen und hohem
Seegänge hatten. Das Barometer fiel in der Zeit von 8' 1 p. m. des 19. bis 9' 1 p. m. des 20. Juni von 760.7
bis 744.2 mm (unverbesserte Ablesung), während der Wind stetig aus NE war und allmählich bis zur Stärke
10—11 zunahm. Wir lagen anfänglich auf B. B.-Halsen nach SO, aber befürchtend, dass wir uns dem süd
lich vom Schifte gelegenen Zentrum des vermutheten Wirbelsturmes zu sehr nähern würden, brachten wir
das Schiff um 8 h p. m. des 20. auf St. B.-Halsen, worauf es NW vorlag. Nachdem das Barometer seinen
niedrigsten Stand erreicht hatte, liess der Sturm um Mitternacht etwas an Stärke nach, die Böen wurden
leichter uud der Regen weniger dicht. Um 4 h a. m. des 21. Juni hatte sich der Wind bis Nord gedreht
und soweit gemässigt, dass wir schon einige Segel setzen konnten. Am Nachmittage war das Schiff wieder
unter vollen Segeln; es wehte ein massiger Wind aus NNW bei rasch steigendem Barometer.
Am 7. Juli, nach 38tägiger Reise, erreichten wir San Francisko.
Bemerkungen über die Durchsegelung der Tsugar-Strasse im Winter. Von Obersteuermann
Höckelmann, von der Deutschen Bark „Ino“.
Es passirt wohl selten, dass europäische Schiffe im Winter die Route durch die Tsugar-Strasse, die
Meerenge zwischen den japanischen Inseln Nipon und Yesso, nehmen. In den englischen Segelanweisungen
fehlen daher auch fast gänzlich die Verhaltungsmaassregeln für das Befahren der Strasse in dieser Jahreszeit.
In der „China Sea Direktory“ sind nur einige Winke für die Schifffahrt in der Tsugar-Strasse während des
Sommers gegeben.
Da in dieser Gegend fast den ganzen Winter hindurch stürmische westliche und nordwestliche Winde
herrschend sind, so ist für die Durchsegelung der Tsugar-Strasse von Westen nach Osten keine Schwierig
keit vorhanden. Für ein von Osten nach Westen bestimmtes Schiff ist dieselbe aber sehr beschwerlich,
umsomehr, als auch der Strom nach Osten setzt und in der Mitte der Strasse zeitweilig eine Geschwindig
keit von 4 bis 5 Sm. die Stunde erreicht. Um diesen Strom nun möglichst zu vermeiden, sollte ein Schiff,