No. 4.
Küstenansichten aus den Ostasiatischen Gewässern,
nach Zeichnungen Deutscher Schiffsführer;
nebst Bemerkungen ans Schiffsjournalen über Reisen, Häfen und Wittcrungsverhältnissc daselbst.
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Die hier gegebenen Küsteuansichten sind zum grössten Theile nach Zeichnungen des Kapitäns J. II.
G. Höckelmann, jetzigen Führers der Hamburger Bark „Saturnus“, angefertigt worden und betreffen, wie sich
aus der Uebersichtskarte auf Tafel I ergiebt, Oertlichkeiten, welche auf dem Wege der zwischen den süd
lichen und den nördlichen Häfen Chinas und zwischen diesen und den Häfen Japans verkehrenden Schiffe
liegen. Die Direktion war der Ansicht, dass eine Sammlung wie die vorliegende den Kapitänen, die in den
fraglichen Gewässern noch unbekannt sind, von einigem Nutzen sein dürfte, und glaubte, diesen Nutzen noch
dadurch vermehren zu können, dass sie den bildlichen Darstellungen noch einige Bemerkungen über Häfen,
Reisen und Witterungsverhältnisse, welche für den China-Küstenfahrer von Interesse sind, hinzufügte. Die
selben sind den Meteorologischen Journalen und brieflichen Mittheilungen von Schiffsführern entnommen
und zum Theil schon vorher in den „Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie“ veröffentlicht
worden. Zur nächsten Orientirung lassen wir einige eigene kurze Bemerkungen vorhergehen.
Mittheilungen über Reisen, Häfen und Witterungsverhältnisse an der Küste von China und Japan.*)
Die Segelschiffsreisen an der chinesischen Küste sind leicht und auf kürzestem Wege auszuführen,
w r enn sie in die Jahreszeit des günstigen Monsuns fallen; die Reisen von Nord nach Süd mit dem Nord
ostmonsun, von September bis Mai, und die von Süd nach Nord mit dem Südwestmonsun, der in den Monaten
Juni, Juli und August herrscht. Dagegen sind die Reisen in entgegengesetzter Richtung oft sehr schwierig
und zeitraubend. Besonders gilt dies für die Fahrten gegen den Nordost-Monsun, die in den Monaten Oktober,
November, Dezember, Januar und Februar angetreten werden, wenn der Monsun im nördlichen Theile der
China-See oft mit Sturmesstärke weht. Die Schiffe, welche um diese Zeit die südlichen Häfen Chinas ver
lassen, nehmen, auch wenn sie nicht nach Japan bestimmt sind, gewöhnlich die Route östlich von Formosa,
da sie hier anstatt des starken Gegenstromes an der chinesischen Küste und im Formosa-Kanal die günstige
Nordost-Strömung des Kuro Siwo zu erwarten haben. Mit Hülfe dieser kreuzen sie, in gehörigem Abstande
von der Küste sich haltend, nordostwärts bis nach etwa 29° N-Br. Dann müssen sie aber, vorausgesetzt
dass sie nach den nördlichen Häfen Chinas bestimmt sind, in die Nähe der Küste zu gelangen suchen, weil
weiter nordwärts der Wind vorherrschend westlich und nordwestlich ist. In den späteren Monaten, wenn
der Monsun leichter ist und auch eine etwas östlichere Richtung hat, wird für die Reise nach Nordchina
öfter die Route durch den Formosa-Kanal genommen; dagegen gehen die nach Japan bestimmten Schiffe
auch um diese Zeit östlich von der genannten Insel. Die Reisen gegen den Südwestmonsun sind im Allge
meinen mit weniger Schwierigkeit verknüpft. Dieser Wind ist in den hier in Rede stehenden Gewässern,
wie von erheblich kürzerer Dauer, so auch meistens weniger heftig und weniger hartnäckig aus derselben
Richtung, wie der Nordost-Monsun.
*) Siehe auch: Jiilfs und Baileer: Die Seehäfen und Seehandelsplätze der Erde, Band I, S. 63 bis 163 und S. 673 bis
676, ferner die auf verschiedenen Stellen der „Annalen der Hydrographie u. s. w.“ veröffentlichten Berichte von Komman
danten Deutscher Kriegsschiffe, sowie über die Witterungsverhältnisse Chinas und Japans die in derselben Zeitschrift er
schienenen zahlreichen Aufsätze der Herren Knipping und Kleinmann in Tokio und Doberck in Hongkong.
Archiv 1886- 4.
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