No. 2.
Die Deutsche Seewarte.
II. Rückblick auf die Thätigkeit der Seewarte.
(Mit einem Anhänge).
Von Dr. Cr. Neutnuyer, Direktor der Seewarte.
Es scheint mir zweckmässig, ehe auf einen Rückblick der Thätigkeit der Deutschen Seewarte des
Näheren eingegangen werden kann, in richtiger Folge und im Anschlüsse an die im vorigen Jahrgange
mitgetheilte Beschreibung der neuen Zentralstelle die Eigenthümlichkeiten derselben hinsichtlich einzelner
Beobachtungen darzulegen, damit der Anschluss an Beobachtungs-Reihen, die in anderen Lokalitäten in
Hamburg gemacht worden sind, stets möglich und gewahrt bleibe. Was das Folgern bestimmter Resultate
aus längeren Beobachtungs-Reihen vorzugsweise beeinträchtigt, ist der Umstand, dass man nur in seltenen
Fällen beim Wechsel der Lokalität (an ein und demselben Beobachtungsorte) für die Kontinuität der Ver
hältnisse, unter welchen sie gemacht worden sind, genügend Sorge getragen hat. Gewiss wäre es das wissen
schaftlicher Forschung am meisten Entsprechende, hätte man nie eine Veranlassung, Lokaländerungen her
beizuführen. Bei unserer steter Veränderung bedürftigen Zeitrichtung ist solche Beständigkeit, selbst für
die Verhältnisse eines Observatoriums, ausgeschlossen; um so mehr aber wird es Pflicht, durch gründliche
Untersuchung (Vergleichung der Lokalitäten) mit Rücksicht auf einzelne Beobachtungs-Elemente die strengste
Fürsorge platzgreifen zu lassen. So war denn auch meine ganz besondere Sorgfalt darauf gerichtet,
als es endlich nothwendig wurde, eine Zentralstelle für die Deutsche Seewarte zu gründen, nach allen
Richtungen hin die Möglichkeit zu bieten, die an der neuen Zentralstelle zu machenden Beobachtungen an
die älteren Beobachtungs-Reihen anschliessen zu können. Mit Rücksicht hierauf sind es die Beobachtungen
der Lufttemperatur, welche in erster Linie eine Beachtung finden müssen. In zweiter Linie sind es die
Beobachtungen über Windstärke und Richtung, welche weit mehr, als man im Allgemeinen anzunehmen
geneigt ist, lokal beeinflusst werden, und daher auch in der in Frage stehenden Richtung die eingehendste
Beachtung erheischen. Luftdruck, der nur durch die Höhen-Differenzen eine wesentliche Beeinflussung durch
Lokaländerung erleiden kann, fordert, da an und für sich die Feststellung der Niveau-Differenz eine erste
Bedingung ist, kaum eine eingehendere Untersuchung. Denn, wenn auch zugestanden werden muss, dass
momentane, plötzlich auftretende Erscheinungen in der Schwankung des Luftdruckes oft in Eigenthümlich
keiten des Lokales (Saugen und Stauen der Luft) ihre Erklärung finden können, so können doch Unter
suchungen dieser Art nicht in den Bereich derjenigen gerechnet werden, mit welchen wir es hier zu thun
haben; sie bilden gewissermaassen ein Gebiet für sich, das für die Folge weit mehr beachtet werden
sollte, als dies bisher der Fall gewesen ist. Auch hinsichtlich der Feuchtigkeits-Verhältnisse der Luft
kann den Lokal-Untersuchungen eine so ausgedehnte Bedeutung nicht beigelegt werden, wie in den zuvor
namhaft gemachten Fällen; das Element ist an und für sich hinsichtlich der Präzision der Methode der
Bestimmung so sehr der Vervollkommnung bedürftig, dass durch die Lokalität bedingte Differenzen (ich
spreche hier nur von der Bestimmung des Feuchtigkeits-Gehaltes der freien Atmosphäre) kaum in Frage
kommen können.
Für die Seewarte, welche sich vielfach mit magnetischen Bestimmungen für die Praxis zu be
schäftigen hat, ist dagegen die Eigenthümlichkeit der Zentralstelle hinsichtlich des Werthes der magnetischen
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Archiv 1885. 2.