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X. Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung IV.
Chronometer-Prüfungs-Institut.
Inanspruchnahme des Institutes von Seiten der Chronometer-Fabrikanten und Schiffskapitäne.
Während des Berichts-Jahres wurden dem Chronometer -Prüfungs- Institute 28 Marine-Chronometer von
Schiffsführern der Handelsmarine zur Beobachtung, bezw. Prüfung übergeben. Von Chronometer-Fabrikanten
erhielt die Abtheilung 9 Chronometer. Sämmtliclie Instrumente wurden einer möglichst eingehenden Prüfung
unterzogen und erhielten fast alle das Prädikat „gut“; in einzelnen Fällen sogar „recht gut“. Ausserdem
wurde der Abtheilung von der Deutschen Südwestafrikanischen Gesellschaft, der Deutschen Neu-Guinea-
Compagnie, sowie von der Deutschen Polar-Kommission und einzelnen Forschungs-Reisenden im Ganzen
51 Präzisions-Taschenuhren und 8 Normal-Pendeluhren zur Beobachtung ihres Ganges und der Bestimmung
ihrer Gang-Koeffizienten zugestellt.
Die Chronometer-Konkurrenz-Prüfung. An der innerhalb der Tage vom 30. Oktober 1884 bis
21. April 1885 veranstalteten achten allgemeinen Konkurrenz-Prüfung betheiligten sich 7 deutsche Fa
brikanten durch Einlieferung von im Ganzen 23 Marine - Chronometern, von welchen 6 das Prädikat „aus
gezeichnet“, 5 das Prädikat „recht gut“ und „gut“ erhielten. Als brauchbar konnten dann noch 10 weitere
Chronometer bezeichnet werden und selbst bei denjenigen 2 Instrumenten, welche die letzten Plätze in der
Rangliste einnahmen, erreichten die auftretenden Unregelmässigkeiten nur eine verhältnissmässig geringe
Grösse. Ein eingehender Bericht über diese achte, auf der Deutschen Seewarte abgehaltene Konkurrenz-
Prüfung befindet sich in den „Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie“, Jahrgang XIII, Heft 6,
Seite 344—349. Derselbe liefert nach Ansicht der Direktion einen beredten Beweis dafür, wie sehr sich
die Präzisions-Uhren-Fabrikation in Deutschland seit Einführung dieser Konkurrenz - Prüfungen gehoben,
und wie wenig sie den Vergleich mit den besten Leistungen des Auslandes zu scheuen hat. Von diesen
Chronometern sind 5 Seitens der Kaiserlichen Admiralität angekauft worden, während eines in den Besitz
der Königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin übergegangen ist.
Der Bestand des Institutes an Apparaten und Modellen wurde im Laufe des Berichts-Jahres nur
durch den Ankauf einer älteren Präzisions-Taschenuhr von Bréquet fils-Paris bereichert.
Die Thätigkeit des Institutes wurde neben anderen wissenschaftlichen Untersuchungen, besonders über
das Verhalten von Pendeluhren bei konstantem, unverändertem Luftdrucke und wechselnder Temperatur,
wesentlich durch eine Diskussion der wissenschaftlichen Ergebnisse der 4., 5. und 6., in den Jahren 1880/81,
1881/82 und 1882/83 auf der Abtheilung abgehaltenen allgemeinen Konkurrenz - Prüfungen von Marine-
Chronometern in Anspruch genommen. Die wichtigen Resultate dieser Untersuchung sind in No. 4 des
Jahrganges VI (1883) „Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte“ erschienen.
Die Wirksamkeit des Institutes kann nach den vorliegenden Angaben im Ganzen wiederum als eine
befriedigende bezeichnet werden. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass die bisherigen in den früheren
Jahres-Berichten genugsam betonten Desiderien noch immer einer befriedigenden Erledigung nicht näher
geführt werden konnten. Während Seitens der wissenschaftlichen Anstalten und der in den letzten Jahren
von Deutschland aus ausgesandten geographischen Forschungs-Expeditionen die Hülfe der Abtheilung in
umfassender Weise in Anspruch genommen wurde, entbehrt sie noch immer des wirklich empfundenen In
teresses unserer grossen Rhedereien. Es äusserte sich dieses besonders darin, dass die Mitwirkung des
Institutes verhältnissmässig allzuwenig bei dem Ankäufe von Marine-Chronometern für die Zwecke der
Handels-Marine in Anspruch genommen wurde. Auch fehlt bei unseren Schiffern noch immer zu sehr das
Verständniss für den Werth eines auf See gut geführten Chronometer-Journals, durch Führung und nach-
herige Einlieferung dessen die Abtheilung in den Stand gesetzt werden kann, die Eigenschaften der Chrono
meter für ihren eigentlichen Gebrauch auf See direkt festzustellen und den Fabrikanten bestimmte Rath
schläge für die Anfertigung von Chronometern für die Zwecke der Schifffahrt zu geben.
Auch kann nicht unterlassen werden, an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, dass durch die
Einführung gleichzeitiger Chronometer-Prüfungs-Konkurrenzen auf den Kaiserlichen Marine-Observatorien
zu Wilhelmshaven und Kiel die Zahl der zu den hier stattfindenden Konkurrenzen eingelieferten Uhren er