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Endlich versuchte ich noch die Herleitung und Zusammenstellung der Gradienten, vou denen die ein
zelnen Gewitter begleitet waren. Es konnte dies durch Abmessung auf den Isobarenkarten geschehen, und
die von verschiedenen Barographen auf'gezeichneten Kurven (s. unten) ermöglichten eine Kontrolle. Indessen
musste dieser Versuch wieder aufgegeben werden, weil regelmässige und sichere Ergebnisse nicht erlangt
wurden. Ueberdies schien es bei Beurtheilung der Barogramme schwierig, die Grenzen der Barometer
sprünge (der sogen. Gewitternasen) behufs Herleitung der Gradienten festzustellen, da ja diese Sprünge
meistens aus mehreren deutlich von einander getrennten Absätzen bestehen.
Auf den beifolgenden Tafeln ist eine Auswahl der eben geschilderten Darstellungen mitgetheilt; dabei
wurde ausdrücklich dafür gesorgt, dass auf jeder einzelnen Karte die Zahl der benutzten Stationsmeldungen
deutlich erkennbar sei. Auf den Isobaren - Karten sind deswegen die Namen derjenigen Stationen ange
schrieben, von welchen Meldungen über das betreffende Gewitter vorliegen. Da vielfach fernes Gewitter
oder Wetterleuchten notirt ist, so kann es nicht überraschen, wenn mitunter die durch angeschriebene
Namen hervorgehobenen Stationen von dem wirklichen Gewitterzuge entfernt liegen. Die Zeitangaben be
deuten, wie schon erwähnt, überall Ortszeit, so dass also eigentlich die Isobronten einer hierauf bezüglichen
Korrektion bedürften. Es würde aber davon offenbar die Form der einzelnen Isobronten nicht merklich be
einflusst werden, da dieselben vorzugsweise in der Meridian-Richtung verlaufen und also nur Stationen mit
nahezu gleicher Ortszeit durchschneiden. Die vorhandenen Ausnahmen mit gekrümmten Isobronten be
schränken sich auf kleine Gebiete und können darum gleichfalls ohne merklichen Fehler vernachlässigt
werden. Dagegen würde allerdings die Fortschreitungs-Geschwindigkeit der Gewitter einen etwas andern
Werth erhalten, wenn man statt der Ortszeit Simultanzeit einführte. Nun schreiten, wie die Tafeln zeigen,
die hier zu schildernden Gewitter meist in west-östlicher Richtung fort. Wenn wir annehmen, dass sie alle
diese Richtung hatten, und unter dieser Voraussetzung den aus Verwendung von Ortszeit herrührenden Fehler
berechnen, so wird derselbe offenbar zu gross gegen die Wirklichkeit ausfallen, denn jede andere Richtung
als die west-östliche ist von einem geringeren Fehler begleitet. Für Deutschland beträgt die Geschwindig
keit der täglichen Erddrehung gegen 300 Meter in der Sekunde. Wenn ein Gewitter von West nach Ost
mit der nur ausnahmsweise vorkommenden Geschwindigkeit von 50 Km. in der Stunde fortschreitet und an
zwei Stationen beobachtet wird, deren Verbindungslinie in west-östlicher Richtung liegt und 50 Km. lang
ist, so haben diese beiden Orte eine Zeitdifferenz von etwa 2 2 /3 Minuten, und ebenso gross ist für jede
Stunde, in welcher das Gewitter nach Osten fortschreitet, der Fehler, welcher bei Berechnung seiner
Geschwindigkeit durch die Anwendung der Ortszeit entsteht. Also kann dadurch die Fortpflanzungs-
Geschwindigkeit des Gewitters um 4 Prozent zu klein erscheinen, meistens ist aber, wegen geringerer Ge
schwindigkeit, auch der Fehler geringer.
Trotz dieses vorhandenen Fehlers wurde die Darstellung nach Ortszeit vorgezogen, weil sonst die
Beziehungen zu den synoptischen Karten unklar geworden wären. Diese aber konnten natürlich nur in der
üblichen Weise hergestellt werden, weil ja die Termin-Ablesungen der Stationen nach Ortszeit stattfinden.
Auch bei den synoptischen Karten ist die Zahl der für jede Karte benutzten Stations-Meldungen er
sichtlich gemacht, indem die Isobaren-Karten in den gebräuchlichen Zeichen Wind und Bewölkung derjenigen
Stationen enthalten, von welchen Meldungen Vorlagen. Die Isothermen-Karten enthalten solche Angaben
nicht, sie sind auf Grund des nämlichen Materials hergestellt, wie die Isobaren-Karten der gleichen Zeit
punkte. Die ursprünglich gezeichneten Karten schreiten nach einzelnen Millimetern resp. Celsiusgraden
fort, und es wurde ihre Genauigkeit und Sicherheit durch sorgfältiges Vergleichen der (7) verschiedenen
Karten jedes einzelnen Tages in oben erwähnter Weise möglichst gefördert. Die hier mitgetheilten Karten
enthalten nur Isobaren von je 5 mm Abstand und Isothermen mit je 5° Abstand, weil die so erreichte
grössere Klarheit der Karten ohne merkliche Abnahme der Genauigkeit durchführbar schien. Ausserdem
sind auf den synoptischen Karten die zugehörigen Isobronten angegeben und die Nummer jedes Gewitters
auf dessen Rückseite angeschrieben.
Im Folgenden sind einige auf die Fortpflanzung der untersuchten Gewitter bezügliche Angaben zu
sammengestellt.