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kleinen Zunahme der Feuchtigkeit von Juni bis Juli und Abnahme von Dezember bis Januar, ändert sich
die Feuchtigkeit im 2. Sommer- und Winter-Quartal wenig, die Periode der Zunahme um 5.6 mm fällt in
das Frühjahr, die der Abnahme um 5.2 mm, also um fast den gleichen Betrag, in die 1. Winterhälfte; beide
Hälften von Sommer und Winter sind in Beziehung auf die Sonnenwirkung nahe kongruent: Es scheint
hiernach, als ob dies Verhältniss der Niederschläge durch den jährlichen Gang der Luftfeuchtigkeit seine
Erklärung finden könnte, und eine weitere, anderweite und umfangreichere Untersuchung wird vielleicht
anknüpfend die vorgelegte Frage zu beantworten vermögen. Da auf der andern Seite gleiche Monate mit
hohen Niederschlagsmengen nicht allgemein durch hohe Feuchtigkeit der Luft ausgezeichnet sind, so scheint
die Hypothese, dass der Gang der Feuchtigkeit eine Folge der Niederschläge sei, ausgeschlossen.
So lange der Boden im Frühjahr mit Schnee bedeckt ist, kann die Temperatur des Tages sich nicht
wesentlich über 0° erheben, da nach unserem heutigen Wissen die Temperatur der Luft von der der Boden
oberfläche abhängig ist. Wenn der Schnee in der Ebene unter den Strahlen der Sonne weicht und die
Sonne festen Fuss fassen kann, so ist der Winter mit einem Schlage überwunden. Die dann eintretende
mächtige Steigerung der Temperatur ist besonders begünstigt 1) durch die noch auf hohen Punkten lagern
den Schneemassen, welche der Luft Feuchtigkeit zuführen, so ein Steigen der Nacht-Temperaturen bewirken,
und dadurch, wenn auch im geringeren Grade, das Steigen der Tages-Temperatur beschleunigen, 2) durch
den geringen Wasserdampfgehalt der Luftsäule und die dadurch gesteigerte Durchlässigkeit für die Sonnen
strahlen, wodurch die Strahlung des Bodens gesteigert und die Temperatur der unteren Luftschichten ge
hoben wird; hierbei ist zu beachten, dass bei der von unten nach oben schreitenden Erwärmung der Luft
säule die Feuchtigkeit der unteren Schichten der der oberen relativ voraneilt, und somit die Absorption
der dunklen Wärmestrahlen des Bodens relativ begünstigt erscheint. Diese nach Winters Ende eintretende
Erwärmung wird um so beträchtlicher sein, je länger das Schwinden des Schnees sich verzögert hat, und
je kräftiger also die Einwirkung der Sonne plötzlich eintritt.
Die Dauer dieser warmen Periode hat zur Folge: 1) das allmähliche Schwinden der Winterniederschläge
vom Boden und somit das Aufhören dieser aussergewöhnlicben Feuchtigkeits-Quelle; 2) eine allmähliche
Durchwärmung des Luftmeeres und dadurch einen gesteigerten Entzug von Feuchtigkeit aus den unteren
Luftschichten; beide Ursachen bewirken zunächst in den unteren Schichten eine geringere Zunahme und
dann eine Abnahme der Luftfeuchtigkeit und somit einen Rückgang der Nacht-Temperatur und, wenn auch
von geringerem Grade, der Tages-Temperatur; 3) eine Durchfeuchtung der Atmosphäre und somit grössere
Absorption der Wärmestrahlen; 4) die stärkere Entwicklung des aufsteigenden Luftstromes und somit
Wolkenbildung.
Die durch eine Periode heisser Tage geförderte Entwicklung des aufsteigenden Luftstromes wird in
den meisten Fällen wieder kälteres Wetter herbeiführen. Indem die feuchte Luft in die Höhe geführt
wird, finden Kondensationen statt und die erzeugte Wolkendecke bewirkt den Rückgang der Temperatur,
theils durch ihren Schutz gegen die Sonnenstrahlen, tlieils durch die ihr entstammenden Niederschläge,
welche kalte Luft mit herabführen und beim Verdunsten Wärme binden; in höherem Grade noch wird der
Rückgang der Temperatur gefördert werden, wenn eine Zyklone in das aufgelockerte Gebiet ihren Weg nimmt.
Allmählich löst die Sonne den Wolkenschleier, die Temperatur steigt wieder und es entstehen in dieser
Weise naturgemäss Serien von Tagen mit zunehmender und abnehmender Temperatur durch Vermittelung
der Luftfeuchtigkeit.
In dem besonderen Falle, wo auf die erste Frühjahrs-Erwärmung eine Erkaltung folgt, kommen noch
die anderen genannten Faktoren hinzu, um den Rückschlag zu verstärken. Dank der Zunahme der Feuchtig
keit in den oberen Schichten des Luftmeeres erscheint die thermische Wirkung der Sonne relativ geschmälert,
bis dieselbe mit zunehmender Sonnenhöhe wieder gleiche erwärmende Kraft gewinnt. Das Sinken der Tem
peratur des Tages fördern also mehrfache Ursachen, und dieses unterstützt wieder den Rückgang der Nacht-
Temperatur, indem bei dem in den unteren Schichten zunächst vorzugsweise auftretenden Temperatur
rückgang diese gegen die höheren relativ feucht werden und ihre Feuchtigkeit daher in höherem Grade an
die oberen Schichten abgeben müssen, da die Anordnung der Feuchtigkeit nach der Temperatur erfolgt.
Vor Allem aber ist dieser Rückgang der Nacht-Temperatur, wie hervorgehoben, eine Folge der Versiegung
der aussergewöhnlichen Feuchtigkeits-Quelle. Der starke Rückschlag ist also eine Nothwendigkeit der vor
angegangenen anomalen Witterung. Das Ende dieses Kälterückfalles wird ausser durch die zunehmende
Intensität der Sonne noch durch das allmähliche Erwachen der Vegetation und deren Wasserexhalation