Archiv 1882. 2.
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No. 2.
Bemerkungen über die Meeresströmungen und -Temperaturen der Falklandsee.’>
(Mit zwei Karten.)
Von Dr. Otto Krümmel.
I. Historische Einleitung.
w ie im Wesentlichen alle übrigen Atlantischen Meeresströmungen, so sind auch die im südwestlichen
Theile des südatlantischen Gebiets vorhandenen, zuerst, soweit ich sehe, in ihrem Zusammenhänge darge
stellt worden von J. Renne 11 in seiner bahnbrechenden Investigation on the Currents of the Atlantic
Ocean (London 1832). Schon Kennell hat jene merkwürdige Stromgabelung unterschieden, der man auch
auf den neusten Karten in wesentlich unveränderter Gestalt begegnet: nämlich die Theilung des Brasilien
stroms in einen patagonischen, die südwestliche Hauptrichtung beibehaltenden Ast, und in einen in
scharfem Knie sich unter 30° S-Br. nach Südost und Ost abzweigenden „südatlautischen Verbindungsstrom“.
Kennell sagt darüber Folgendes: Der Brasilische oder Süd west-Aequatorialstrom verdanke es den ihm
vom Südostpassat zugesandten Triftwassern, wenn er seine Gestalt in solcher Vollkommenheit und Länge
bewahrt; er scheine sich nämlich bis zum Kap Horn selbst fortzusetzen, ja selbst um dieses herum in den
Pazifischen Ozean einzubiegen. Ein anderer Strom, von grösserer Mächtigkeit und Kraft, verläuft ausser
halb des Brasilienstroms als eine Verbindung zwischen dem südpazifischeu und südatlantischen Ozean —
eine Wirkung des vorherrschenden Westwindes. Der Brasilienstrom seinerseits entsende einen Ast nach Osten,
die spätere Verbindungsströmung, welche den durch die vorherrschenden Westwinde erregten Wasserzug
zwischen 30°—40° S-Br. verstärken helfe, so dass schliesslich ein Strom von Bedeutung daraus würde. * 2 )
Von diesem „Connecting Current of the South Atlantic with the Pacific and Indian Oceans round the
Cape of Good Hope and Cape Horn“ heisst es an einer andern Stelle deutlicher weiter: 3 ) „Dieser Strom
entsteht aus zwei Quellen. Die erste und mächtigste ist ein Theil des Triftwassers des Südostpassats, das
sich vom Brasilienstrom selbst abzweigt, die zweite ist das Triftwasser des jenseits des Passatgebietes vor
herrschenden Westwindes.“ Auf den nun beschriebenen Zusammenstoss dieses Stromganges mit dem Agullias-
strom südlich vom Kaplande kann hier nicht eingegangen werden. Dagegen kommt Rennell noch einmal
auf den Brasilienstrom zurück (whicli the author ivill heg leave to call the Brazil Current) und wieder
holt von ihm: „Er spaltet sich, nachdem er die Grenzen des Südostpassates überschritten hat: ein Ast und
zwar der grössere setzt bekanntlich den Lauf nach Südwest fort bis zur Südspitze Südamerikas; der andere
Ast dagegen wendet sich zwischen 30° und 40° S nach Osten, und indem er bei seinem Fortschreiten durch
einen grossen Theil der im Südostgebiete des Passats erregten rückkehrenden Trift verstärkt, aber nicht
minder auch durch die vorherrschenden Westwinde begünstigt wird, so entwickelt er sich zu einem aus
gedehnten Strom, ehe er mit dem Agulhasstrom zusammentrifft. Dieser erwähnte Strom kann recht eigent
lich der „südliche Verbindungsstrom“ genannt werden.“
In seinem Physikalischen Handatlas hat der ältere Heinrich Berghaus auf dem Kartenbilde der
Atlantischen Meeresströmungen im Allgemeinen sich ganz an Rennell’s Vorschläge gehalten. Nur in dem süd
westatlantischen Gebiet finden sich mehrere Abweichungen. Die „Brasilische Strömung“ reicht nämlich nur
bis 30° S-Br., und neben ihr mehr, als aus ihr, entwickelt sich nach Südosten und Osten hin eine „Südliche
Verbindungsströmung“, die alsdann den ganzen südatlantischen Ozean überschreitet. Ein Theil ihrer
1) Der Verfasser nennt so den südwestlichsten Theil des Südatlantischen Ozeans südlich von 30° S-Br. und westlich von
30° W-Lg.
2 ) Rennell, Investigation etc., p. 41, (auch p. 23 und 25).
3 ) ibid. p. 42, 46 und 47.