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Allein es war noch ein anderer Umstand, welcher die Thätigkeit der Seewarte nach dieser Richtung
in einer Weise belastete, der nach zweijähriger ausgedehnterer Ausübung der Thermometer-Prüfung Abhülfe
forderte. Die Rechnungslegung für die erhobenen Gebühren erwies sich, der dafür bestehenden Norm gemäss,
so ausserordentlich beschwerlich und störend, dass dieselbe von der Yerwaltungsbranche des Instituts nur
unter ernstlichen Unzuträglichkeiten fortgeführt werden konnte. Unter diesen Verhältnissen erschien es der
Direktion zweckmässig, wenigstens einen Theil der Arbeit, die mit der Prüfung der nach Tausenden alljährlich
zählenden Instrumente verknüpft war, dem Personale abzunehmen und eine Person, welcher die Prüfung
obliegen sollte, aus dem Erlös von Gebühren zu honoriren. — Die Arbeit der Prüfung wollte man unter
dieser Modalität bis zum Momente, da durch Schaffung einer entsprechenden Zentralstelle Abhülfe geboten
sein würde, wohl auch ferner übernehmen.
Ein darauf abzielender Antrag der Direktion sties in der Durchführung auf Schwierigkeiten und musste
dementsprechend mit dem 1. Januar 1884 die Prüfung von Thermometern zu ärztlichen Zwecken eingestellt
werden. Die Untersuchung von Normal-Thermometern wurde auch nachher und wird heute noch ausgeführt
unter den bisher dafür üblichen Bedingungen.
Nachdem die Prüfung von Thermometern seitens der Seewarte mehrere Jahre hindurch unausgesetzt
im Interesse des Publikums geübt worden und, wie der nachstehende Bericht zur Genüge erweisen wird,
erfreuliche Früchte getragen hatte, sistirte man, wenn auch nur ungern, diese Thätigkeit und zwar um so
weniger gern, als ein Ersatz für die Thätigkeit der Seewarte auf diesem Felde nicht zu beschaffen war
und in der That bis heute noch nicht beschafft werden konnte.
Hoffen wir, dass dem gefühlten Bedürfnisse, welches durch den beifolgenden Bericht eine Beleuchtung
erfährt, bald abgeholfen werde.
Der Thermometrie der Seewarte liegt als Einheit der Zentigrad zu Grunde, welcher als der hundertste
Theil des Temperatur-Abstandes zwischen dem durch Siedehitze maximal deprimirten Siedepunkte und dem
dadurch deprimirten Nullpunkte definirt wird.*) Von einer Reduktion des Luftdruckes auf den Meeresspiegel
in 45° Breite ist Abstand genommen, so dass, strenge gerechnet, die Thermometer nur auf das Niveau des
Normal-Barometers der Seewarte bezogen sind.
I. Methoden der Prüfung für die verschiedenen Arten von Thermometern.
a) Normal-Thermometer der Seewarte.
Die an der Seewarte benutzten und mit der Bezeichnung „Normal-Thermometer“ belegten Instrumente
sind von der Firma R. Fuess, früher Aktiengesellschaft vormals J. G. Greiner jun. & Geissler, in
Berlin, geliefert. Es sind Quecksilber-Thermometer, deren in Vio Zentigrade getheilte Skala 5 bis 7 Grade unter
den Schmelzpunkt des Eises hinab und 3 bis 5 Grad über den Siedepunkt des Wassers hinauf reicht. Die
Grösse eines Grades auf der Skala beträgt ca. 4mm. Gegenwärtig befinden sich nur 3 solcher Instrumente,
welche in den Jahren 1876/77 erworben wurden, auf der Seewarte, da 3 bezw. in den Jahren 1875 und 1876
erworbene Normal-Thermometer zerbrochen sind und drei in den Jahren 1876/77 angeschaffte und für die
Zentralstelle bestimmte Thermometer an andere Institute, bezw. Expeditionen, abgegeben werden mussten.
Bei einem dieser Instrumente, dem Haupt-Vergleichs-Thermometer der Seewarte, ist die Skala zwischen zwei
an die äussere Glasröhre des Thermometers angeschmolzenen Glassätteln (Glaskissen) — Fuess Patent —
unverrückbar befestigt.
In den Jahren 1875 und 1876 wurden zwei jetzt bereits zerbrochene Thermometer obiger Konstruktion,
bezw. von Ch. F. Geissler und Aktiengesellschaft vormals J. G. Greiner jun. & Geissler verfertigt, mit
4 verschiedenen Fadenlängen sorgfältig kalibrirt.*) Bei den gegenwärtig im Gebrauch befindlichen Thermometern
sind direkt nur Nullpunkts- und Siedepunkts-Bestimmungen ausgeführt, während die sonstigen Fehler über
den ganzen Verlauf der Skala durch Vergleichung mit den eben erwähnten kalibrirten Thermometern fest
gestellt wurden.
Alljährlich werden an diesen Instrumenten, wenn die Umstände günstig sind, Nullpunkts-Bestimmungen
in frisch gefallenem, reinem Schnee angestellt, um die Aenderungen der Nullpunkts-Korrektionen unter be
*) Vergleiche „Aus dem Archiv der Seewarte“ 187S, 1. Jahresbericht pag. 86.