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dem zu diesem Zwecke errichteten, mit Flaggen und Pflanzen reich verzierten Podium seinen Platz nahm.
Ihre kaiserlichen und königlichen Hoheiten der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preussen
und Gemahlin, Ihre königl. Hoheiten der Grossherzog von Mecklenburg-Schwerin, Friedrich Franz II.
und Prinz Wilhelm von Preussen, Se. Exzellenz der Herr Feldmarschall Graf Moltke, Ihre Exzellenzen
der Chef der Admiralität, Admiral von Stosch, die Staatsminister von Bötticher, Bitter und
von Kameke, der Kommandirende des IX. Armeekorps, General der Infanterie, von Treskow, umstellten
den Thron auf beiden Seiten. Im Lichthofe hatte das diplomatische Korps und eine grosse Anzahl Hof
chargen, die Bürgermeister und der Senat der Freien und Hansastadt Hamburg, die Vertreter der Bürger
schaft mit ihrem Präsidenten, mehrere hervorragende Behörden und die Beamten der Seewarte Aufstellung
genommen. Unter den anwesenden fremden Gelehrten werden namhaft gemacht: die Professoren Buys-
Ballot aus Utrecht, Schiaparelli aus Mailand, Staatsrath Otto von Struve aus Pulkowa, Kapitän
Hoffmeyer aus Kopenhagen und Kapitän Brault aus Paris. Nachdem Se. Majestät der Deutsche
Kaiser sich die einzelnen Persönlichkeiten hatte vorstellen lassen und die allerhöchste Bewilligung zum
Beginn der Feier ertheilt hatte, begab sich der Direktor der Deutschen Seewarte, der Geheime Admiralitäts-
Bath, Prof. Dr. Neumayer in die Mitte des Lichthofes und hielt folgende Ansprache:
„Eure Kaiserliche und Königliche Majestät
„Geruhten allerhuldvollst dem feierlichen Akte der Einweihung des neuen Dienst-Gebäudes der Deutschen
„Seewarte durch allerhöchst deren Gegenwart eine erhöhte Bedeutung, einen weihevolleren Glanz zu verleihen.
„Mit dem tiefsten Dankgefühle müssen alle jene, die mit der Seewarte in einer oder der auderen Weise ver
bunden sind und für deren Gedeihen aufrichtige Wünsche hegen, die Bedeutung dieser allerhöchsten, ihr
„gewährten Auszeichnung empfinden, die ihr hei der Lösung der ihr zufallenden, bedeutsamen Aufgaben zum
„Nutzen und Frommen gereichen wird.
„Die Deutsche Seewarte ist ein wissenschaftliches Institut eigener Gattung, welches den Forderungen
„unserer Zeit nach einem stets sich rascher gestaltenden und nahezu schrankenlos sich erweiternden Welt
verkehre zur See hier, wie in anderen Staaten, wo ähnliche Institute bestehen, seine Entstehung verdankt
„und, soweit dies Deutschland angeht, nur in einem geeinigten, nach hohen Zielen auch jenseits des Ozeans
„strebenden Vaterlande Wurzel fassen und gedeihen konnte.
„Eure Kaiserliche und Königliche Majestät können sonach in dem, in dieser Stunde sich vollziehenden
„Ereignisse, das unter anderen Umständen wahrscheinlich geräuschlos und ohne besondere Beachtung zu
„heischen vortibergezogen sein würde, eine weitere Frucht der grossen, weltgeschichtlichen Umgestaltungen
„und Neubildungen erblicken, die als Folge des siegreichen Kampfes um Deutschlands Existenz vor einem
„Jahrzehnt in einem rühm- und segensreichen Friedensschlüsse ihren Ausdruck gefunden haben.
„Die Eigenartigkeit des Institutes der Deutschen Seewarte kann zutreffend dadurch gekennzeichnet
„werden, dass man dasselbe als ein Amt definirt, das auf wissenschaftlicher Grundlage den Bedürfnissen des
„praktischen Lehens nach zwei Hauptrichtungen zu genügen hat. Die eine dieser Richtungen ist dadurch
„bestimmt, dass das Institut berufen ist, als Zentralstelle der ausübenden Witterungskunde für das Gebiet des
„Reiches zu wirken, während die andere der Pflege der maritimen Meteorologie und aller jener Zweige der
selben gilt, die sich als eigentliche wissenschaftliche Leistungen und in gewissem Sinne als Gegenleistungen
„darstellen. Jene Leistungen sind überhaupt nur möglich kraft der Mitarbeit der praktischen Seeleute, der
„.Schiffsführer und der Steuerleute der Kauffahrtei-Marine. Es besteht diese Mitarbeit darin, dass das
„meteorologische Material zur Begründung einer auf Erfahrung beruhenden und wissenschaftlich durchgebildeten
„Witterungskunde zusammengetragen wird, welches den Tausenden von Schiffs-Tagebüchern entfliesst, die von
„deutschen Seeleuten in allen Meeren der Erde geführt und der Seewarte eingesandt werden. Für diese der
„Wissenschaft gewidmeten und als im grossen Style geleistet aufzufassende Mitarbeit werden als Gegen
leistungen von dem Institute, die Ergebnisse der Forschungen auf dem Gebiete der Hydrographie, der
„Meteorologie und des Magnetismus in Segelhandbüchern und Segelanleitungen, in Anweisungen zur Benutzung
„der Kompasse auf eisernen Schiffen und in Form der Adjustirung der Instrumente der Navigation, vorzugs
weise auch der Schiffs-Chronometer, jenen geboten, deren Pflicht es ist, Güter und Menschen nach den ent
ferntesten Erdtheilen zu befördern.
„Die Maritim-Meteorologischen Institute in Amerika und England, vorzugsweise aber das nun seit mehr
„als einem Viertel-Jahrhundert unter seinem Begründer, Herrn Professor Buys-Ballot, den hier anwesend