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Das Gebiet der westlichen Monsune ist sehr gewitterreich (einzelne Unregelmässigkeiten sind wohl
nur die Folge einer ungenügenden Zahl von Beobachtungen), doch ärmer, als das eben erwähnte Ueber-
gangsgebiet, auch scheint der NW-Monsun reicher an Gewittern zu sein, als der SW-Monsun. Das Ueber-
gangsgebiet zum SE-Passat ist durch keine merkliche Zunahme der Gewitterhäufigkeit gekennzeichnet.
Es ist behauptet worden, dass es auf offener See innerhalb der Passatzone niemals gewittere 1 ).
Für das Passatgebiet des Indischen Ozeans ergiebt sich nach dem vorliegenden Material diese Behauptung
als nicht zutreffend. Dort, wo die Stetigkeit des SE-Passates abzunehmen beginnt, also im Allgemeinen
von etwa 12° s. Br. an nordwärts sind Gewitter keine seltenen Erscheinungen; da, wo der Passat regel
mässig und ungestört weht, sind Gewitter zwar selten, sie fehlen aber durchaus nicht ganz. Ob eine
jährliche Periode in Bezug auf die Gewitterhäufigkeit innerhalb der Passatzone besteht, wie dieselbe für
die Kegenliäufigkeit vorhanden ist, das lässt sich bei der unregelmässigen jahreszeitlichen Vertheilung des
Materials nicht nachweisen.
Unter den Fragen, welche Arago in seiner Abhandlung über das Gewitter aufstellt, findet sich auch
folgende: „Giebt es auf offenem Meere ebensoviel Gewitter, als auf dem Kontinente?“ woran sich noch die
weitere Untersuchung der Frage anschliesst, ob es auf dem Meere Stellen giebt, wo es niemals donnere.
Diese letztere Frage lässt Arago schliesslich unentschieden, obwohl ihm der erfahrene Kapitän Duperey
die Ansicht geäussert hatte, dass es nach seinen Erfahrungen unter dem Parallel des Kap Horn in der
Südsee und ferner in der Mitte des südatlantischen Ozeans wahrscheinlich nie donnere, wenngleich anderer
seits an den von allen Festländern am weitesten entfernten Punkten der Meere, nämlich im nördlichen
stillen Ozean 2 * ) Gewitter beobachtet worden seien. Eine Durchsicht neuerer gut geführter Journale würde
das Irrthümliche der Ansicht Duperey’s für die Südsee wohl bald erweisen. Für den in Bede stehenden
Theil des südatlantischen Ozeans liegt ein Gegenbeweis schon vor in dem Werk von Andrau: „Verzameling
van Karten inhoudende eene procentsgewijze obgave omtrent Storni, Regen, Donder en Mist, uitgegeven
door bet K. Nederlandsch Meteorologisch Institut te Utrecht 1862“, welches allerdings in fachmännischen
Kreisen wenig bekannt geworden zu sein scheint. Ein Blick auf die Karten dieses Werkes zeigt, dass Ge
witter in allen Theilen des südatlantischen Ozeans Vorkommen; so ist namentlich in der Zeit von April
bis Juli die Strecke vom Kap der guten Hoffnung nach St. Helena verhältnissmässig recht gewitterreich.
Für die Thatsache der Abnahme der Gewitter mit zunehmender Entfernung vom Festlande hat Arago nur
einen Beweis zu bringen vermocht, auf dessen Hinfälligkeit schon Zollinger-) nach seinen an derselben
Stelle, auf die sich die von Arago angeführten Beobachtungen beziehen, gemachten Erfahrungen hinge
wiesen hat. Die Fahrt des französischen Kriegsschiffes „Thetis“, auf welche sich Arago stützt, fand zu
einer Jahreszeit statt, in welcher diese Gewässer (Javasee) an sich gewitterarm sind. Die allgemeine An
sicht der Seeleute, dass es auf offener See weniger Gewitter giebt, als auf dem Festlande, findet jedoch
trotzdem ihre volle Bestätigung bei der Untersuchung der Gewittervertheilung des Indischen Ozeans, wenn
man von den tropischen Theilen desselben absieht.
Ein Blick auf die Karte No. 7, die mittlere Gewitterwahrscheinlichkeit des Indischen Ozeans dar
stellend, zeigt, dass die äquatorialen Regionen des Ozeans mindestens ebenso reich sind, als die umgebenden
Tropenländer selbst. (Batavia 4 ) hat durchschnittlich im Jahr 81 Gewittertage, also eine Gewitterwahrschein
lichkeit von 0.22, die aber allerdings in den einzelnen Jahreszeiten sehr verschiedenHst; auch die absolute
Zahl der Gewitter unterliegt sehr beträchtlichen Schwankungen; so wurden 1873: 126 Gewittertage, 1868
aber nur 11 gezählt.) Für diese Gebiete also ist keine Abnahme der Gewitter mit der Entfernung vom
Festlande zu bemerken; dagegen macht sich sowohl in der Passatregion, als auch in den höheren südlichen
Breiten sehr deutlich eine Abnahme der Häufigkeit der elektrischen Erscheinungen bemerkbar, je weiter
man sich von den Küsten Australiens und Afrikas entfernt. Wenn einzelne Felder innerhalb der Passat
zone gar keine elektrischen Phänomene aufzuweisen haben, so ist daran zu erinnern, dass die Zahl der
’) Br. Meyen, Reise um die Erde auf dem K. P. Seehandlungsschiff „Prinzess Luise“, 1830—1832, II. Bd., pag.411.
2 ) Lorenz und Rothe, Lehrbuch der Klimatologie, 1874, pag. 150; dagegen bemerken abweichend davon und jeden
falls nicht mit den thatsächlichen Verhältnissen in Einklang befindlich: „Auffallend ist die Thatsache, dass auf dem offenen
Ozean einige hundert Meilen vom Land keine Gewitter beobachtet werden. Dies gilt vorzugsweise vom grossen Ozean.“
°) Zollinger, Ueber die Gewitter etc. im Indischen Archipel. Vierteljahrsschrift der Katurforschenden Gesellschaft
in Zürich, 1858, pag. 350.
4 ) Magnet, et Met. Observations, Batavia, Vol. III., 1878, pag. 142.