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Full text: 45: Niedrigwasser in der südlichen Ostsee (westlicher und mittlerer Teil)

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N i e d r i g w a s s e r in der südlichen Ostsee 
4.2 Niedrigwasser bei ablandigem 
Sturm im Windfeld eines vor 
beiziehenden Tiefdruckgebiets 
Die Norwegische See, die Nordsee, Skandinavien 
und die Ostsee liegen in einer Zone vorherr 
schend westlicher Winde, die regelmäßig von ost 
wärts ziehenden Störungen, meistens aktiven 
Tiefdruckgebieten atlantischen Ursprungs mit 
ihren Frontsystemen, überquert wird. Bevor ein 
solches Tiefdruckgebiet das Ostseegebiet erreicht, 
überwiegen Winde mit stark südlicher Kompo 
nente, die jedoch nach Durchzug der Front meis 
tens drehen. An den südlichen Küsten der Nord- 
und Ostsee herrschen vor Ankunft eines Tief 
druckgebiets ablandige Winde. Tiefdruckgebiete 
kommen in diesem Gebiet regelmäßig vor. 
Kleinere, rasch ziehende Tiefdruckgebiete mittle 
rer Stärke, die häufig mit einem Frontensystem 
einhergehen, verursachen zwar stürmische 
Winde, wirken aber nicht lange genug auf die 
Meeresoberfläche ein, um die Wasserstände an 
der Küste nachhaltig zu beeinflussen. 
Im Gegensatz dazu verursachen gut entwickelte 
Tiefdruckgebiete, die mit ihren Frontsystemen 
die Küste überqueren, bei Annäherung der Fron 
ten rückdrehende Winde in Sturmstärke und 
nach ihrem Abzug rechtdrehende Winde. Diese 
Situation führt in der Regel zu Wasserstands 
schwankungen. Die Pegelstände sinken zunächst, 
bis ein ausgeprägtes Minimum erreicht ist, um 
dann nach Rechtdrehen des Windes wieder 
anzusteigen. Stürmischer Wind hinter den Fron 
ten führt zu einem Wasserstandsanstieg, manch 
mal weit über den anfangs verzeichneten Wert 
hinaus. Diese Situation ist in den Pegelkurven in 
Abb. 5.1 b, 5.6 b und 5.18 b dargestellt. 
Manche ostwärts ziehenden Tiefdruckgebiete 
verlangsamen sich unter weiterer Verstärkung, 
wenn sie Skandinavien erreicht haben. Der 
Druckgradient wird sehr steil, und der stürmische 
Wind nimmt weiter zu, bis er schließlich Orkan 
stärke erreicht. Ablandiger Wind an der südlichen 
Ostseeküste führt zu sinkenden Pegeln, bis der 
Wind entweder abflaut oder rechtdreht. Eine typi 
sche Reaktion der Ostsee auf diese Art der Wind 
einwirkung sind allmählich sinkende Wasser 
stände an großen Teilen der Küste, oft gefolgt 
von einem plötzlichen starken Pegelabfall wäh 
rend der heftigsten Phase des Sturms, und 
schließlich ein lang anhaltendes Minimum (flacher 
Abschnitt der Pegelkurve), so lange der Orkan 
aus derselben Richtung kommt. Wenn der Wind 
schließlich dreht, beginnen die Pegel schneller 
oder langsamer zu steigen (oft von küstenparalle 
lem oder auflandigem Wind unterstützt). Die Pegel 
kurven in Abb. 5.5 b, 5.9 b, 5.12 b und 5.19 b 
zeigen Ereignisse im Zusammenhang mit solchen 
atmosphärischen Bedingungen. 
4.3 Hochdruckgebiet als Ursache 
niedriger Wasserstände 
Eine andere Form des Niedrigwassers tritt dann 
auf, wenn ein starkes ortsfestes Hochdruckgebiet 
über Skandinavien und Nordwestrussland liegt. 
Unter solchen Luftdruckbedingungen tragen zwei 
Faktoren zum Sinken der Wasserstände bei: ein 
Faktor ist der sehr hohe hydrostatische Druck in 
dem kräftigen Hoch, der andere ist das an seinem 
südwestlichen Rand entstehende Windsystem. 
Während im nördlichsten Teil der Ostsee leichte 
bis mäßige Winde mit stark nördlicher Kompo 
nente aufkommen, dreht der Wind weiter südlich 
auf O-SO und frischt auf, wobei stellenweise 
Sturmstärke erreicht wird. Das ist in der Regel auf 
einen steiler werdenden Druckgradienten zurück 
zuführen infolge mehrerer von Westeuropa kom 
mender Tiefdruckgebiete, die über das Gebiet 
hinwegziehen. Im westlichsten Teil der Ostsee, in 
den Sunden sowie im südöstlichen Teil der Nord 
see herrschen SO-S-Winde vor, weil hier der Luft 
druck niedriger als über Skandinavien ist. Bei ver 
gleichbaren Luftdruckkonfigurationen, die lange 
genug in dem Gebiet stabil sind - eine oder zwei 
Wochen oder noch länger - wird das Wasser 
nicht nur von den Küsten weggeschoben, son 
dern durch die Sunde aus dem Becken hinausge 
drängt. Unter solchen meteorologischen Bedin 
gungen zeigen sämtliche Pegelstationen an der 
Ostsee niedrige Wasserstände an. Extreme Nied- 
rigwasser unter Hochdruckeinfluss sind jedoch 
sehr selten. Ein Extremereignis wurde vor dem in 
der vorliegenden Monographie behandelten Zeit 
raum verzeichnet, und zwar im Februar 1954. 
Zunächst herrschte vom 7. bis 14. Februar acht 
Tage lang eine mäßige bis starke südöstliche 
Luftströmung über Mitteleuropa und der Ostsee. 
Dann, vom 15. bis 22. Februar, drängte das Wind 
system eines Hochdruckgebiets über Skandina 
vien weitere acht Tage lang das Oberflächenwas 
ser von den östlichen und südlichen Ostseeküs 
ten weg. Daraufhin fielen die Wasserstände im 
mittleren und westlichen Teil der südlichen Ost 
seeküste vor dem 23. Februar auf ca. 440 cm 
oder darunter. Am 23. Februar wurde in Warne 
münde ein Tiefststand von 427 cm gemessen 
und einen Tag später 418 cm in Kotobrzeg. Dies 
ist einer der seltenen Fälle sturm bedingter Nied- 
rigwasser, bei denen im östlichen Teil der Küste
	        
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