Meteorologische Faktoren
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4 Meteorologische Fakto
ren, die zu Niedrigwasser
ereignissen beitragen
Der dominierende Faktor, der Wasserstands
schwankungen in der Ostsee hervorruft, ist
Starkwind. In der Regel ist ablandiger Wind, der
zu sinkenden Wasserständen führt, über Land
weniger stark ausgeprägt als auf See und kann je
nach Form der Küstenlinie mehr oder weniger
stark in der Richtung abgelenkt werden. Durch
Wahl einer geeigneten Stelle für die Windmess
station an der Küste lassen sich Ablenkungen der
Windrichtung auf ein Minimum reduzieren. Von
der Küstenstation gemessene ablandige Stark
winde treten in der Regel im Zusammenhang mit
rasch die Ostsee überquerenden Tiefdruckgebie
ten auf, die weiträumige Auswirkungen haben
und Sturm mit sich bringen. Eine relativ seltene
Ursache von Niedrigwasser, die dennoch nicht
unerwähnt bleiben sollte, sind lang anhaltende
stürmische Winde aufgrund eines Hochdruckge
biets über Skandinavien sowie Ost- und Mitteleu
ropa. Die im Zusammenhang mit solchen Hoch
drucksystemen auftretenden O-SO- und S-Winde
erfassen weite Bereiche des Ostseebeckens.
Alle diese unterschiedlichen Windsysteme wer
den auf ihrer Zugbahn zwar verändert und stark
beeinflusst, entwickeln sich aber entsprechend
den über Europa und dem angrenzenden Atlantik
herrschenden Luftdruckverhältnissen.
4.1 Stark ablandiger Wind an der
Küste
Stark ablandiger Wind ist an der Küste sehr viel
schwächer als auf See. Windmessungen an der
Küste während Niedrigwasserereignissen haben
ergeben, dass in der weit überwiegenden Mehr
heit aller Fälle (ca. 90 %) ablandiger Wind an der
Küste herrschte, d. h. OSO-WSW. Küstenparal
lele und andere Windrichtungen traten bei Nied-
rigwasserereignissen in der Regel unmittelbar
nach Drehen des Winds auf, wenn die Wasser
stände schon wieder anstiegen, aber der
Schwellenwert noch nicht erreicht war.
Um die Verteilung der Windrichtungen zu ermit
teln, wurde an ausgewählten Pegelstationen die
hydrologische Lage untersucht. Dafür wurden die
Windrichtungen verwendet, die bei Erreichen
eines Pegelstands <440 cm gemessen worden
waren; außerdem wurde ein unmittelbar vor Errei
chen des Niedrigwasser-Schwellenwerts erfass
ter Windmesswert verwendet. Die Anzahl der
Windaufzeichnungen an den verschiedenen Sta
tionen ist deshalb unterschiedlich.
Die vorherrschenden Windsektoren während
Niedrigwasser-Ereignissen waren SW-S. Die
Häufigkeit dieser Sektoren betrug im westlichen
und mittleren Teil der Ostseeküste (z. B. Warne
münde und Swinoujscie) 75-77% und im öst
lichen Teil (Kotobrzeg) 62 %. Die Häufigkeit west
licher Windrichtungen betrug im westlichen und
mittleren Teil 12-13% und im östlichen Teil der
Ostseeküste knapp unter 6 %. Der Anteil südöst
licher Windrichtungen erreichte an der westlichen
Küste knapp 10%, in Kotobrzeg dagegen etwas
über 17%. Außerdem betrug der Anteil ost-süd
östlicher Winde in Kotobrzeg ca. 8 %. In den
anderen Teilen der Küste trat diese Windrichtung
nur sporadisch auf, wenn sich ein Sturmgebiet
näherte. Wind aus dem großen W-NW-Sektor
(300°) und den östlichen Sektoren (90°) war extrem
selten. Wie schon oben ausgeführt, wurden diese
Windrichtungen nur gelegentlich beobachtet,
solange die Wasserstände noch unterhalb des
definierten Schwellenwerts lagen, aber nach
Erreichen des Tiefstwertes bereits wieder anstie
gen (Abb. 4.1 a bis 4.1 c).
\60
120
90
120
b - Swinoujscie c-Warnemünde
Abb. 4.1 Häufigkeitsverteilung der Windrichtungen bei Wasserständen <440cm, 1955-2005