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nur Wenige versucht haben, die Bahn des frei bewegten Körpers wirklich zu konstruiren, man würde sonst
meiner Ansicht nach häufiger auf dieselbe verfallen sein. In Dove’s Schriften findet man meines Wissens
nirgends einen Versuch, den numerischen Betrag der Ablenkung zu ermitteln; dagegen hat der rühmlichst
bekannte Physiker Prof. Alb. Mousson in verhältnissmässig neuer Zeit eine elegante mathematische Dar
stellung der Bewegungen nach dem Hadley’schen Prinzip (erste Auffassung) geliefert.*) Er gelangt dabei
z. B. zu dem Resultate, dass ein Luftstrom (insofern derselbe als ein frei bewegter Körper zu betrachten sei)
um in der Schweiz als SSW-Wind mit einer Geschwindigkeit von 30 Metern einzutreffen, den Breitenkreis 10°
in einem um 96.4° östlicheren Punkte mit einer Geschwindigkeit von 121.5 Metern und einer westlichen
Abweichung von der S-N-Richtung im Betrage von 76.4° verlassen haben müsse; den Breitenkreis 30° in
einem um 18.5° östlicheren Punkte mit der Geschwindigkeit von 69.3 Metern und einer Neigung von 65.e°
gegen die S-N-Richtung etc. „Das Theilchen in allen diesen Fällen beschreibt eine parabelähnliche Kurve,
die ihren Scheitel nach West, ihre Oeffnung nach Ost hat.“ (Im vorliegenden Beispiele hätte dasselbe
seinen Weg etwa über die Nordspitze von Borneo, Goa in Vorderindien, Medina in Arabien, Malta und
Nizza genommen.) Wir wissen nach Seite 22, dass die Trägheitsbahn nahezu ein Kreis ist, welchen der
Körper mit einer konstanten relativen Geschwindigkeit durchläuft, anstatt letztere in Folge des Einflusses
der Erdrotation, wie aus dem Hadley’schen Prinzip folgen würde, bedeutend zu verändern. Der Radius q
des Trägheitskreises ist nach Gl. 42 oder nach der dort mitgetheilten Tabelle zu berechnen; man findet
(j — 296 Kilom., und erkennt somit, dass der freibewegte Körper ungefähr folgenden Weg einschlagen
muss: Genfer See, Bodensee, München, Ancona, Nizza und zurück zum Genfer See. Man sieht also, dass
sich die von Mousson aus dem Hadley’schen Prinzip abgeleiteten Resultate von dem wirklichen Sach
verhalte ausserordentlich weit entfernen.
Die Reform, welche in der Lehre vom Einflüsse der Axendrehung der Erde auf Bewegungen parallel
ihrer Oberfläche schon durch die Arbeiten von Poisson und Foucault angebahnt wurde, muss somit
als sehr eingreifend bezeichnet werden. Noch immer aber findet man Publikationen, in welchen an der
Hadley’schen Theorie hartnäckig festgehalten, und jene Reform sogar bekämpft wird. So findet man z. B.
in einer Abhandlung von Prof. Carl Benoni**) vom Jahre 1877 folgende Stelle: „Es ist aber auch
völlig klar, dass, wenn die Luft längs irgend eines Parallelkreises strömt, die Rotationsgeschwindigkeit un-
geändert bleibt, und somit keine Ablenkung in Folge der Axendrehung der Erde zu Stande kommen kann.
Ferrel (The motion of fluids and solids relative to the earth’s surface etc. New-York 1860) stellt
folgenden Satz auf: „„In welcher Richtung sich ein Körper auf der Erdoberfläche bewegen mag, es ent
steht durch die Drehung der Erde eine Kraft, welche ihn nach der rechten Seite hin auf der nördlichen
Erdhälfte ablenkt, nach der linken auf der südlichen““ . . . Ferrel’s Fehler ist kein Fehler in der styli-
stischen Fassung seines Satzes, sondern beruht auf demselben mathematischen Irrthume, aus dem auch in
Buff’s Formel (Ann. für Chem. und Pharm., IV. Suppl., II. Heft, S. 207 u. ff.) die Ablenkung für Be
wegungen längs der Parallelkreise resultirte.“ —■
Die obige Besprechung der Kurve AH<i, pag. 31, führte fast nothwendig zu der Vorstellung, dass die
Wirbel-Bewegung der Flüssigkeiten dem Prinzipe der Flächen gehorchen müsse, und in der That ist bereits
von Redfield***) die Zunahme der Windgeschwindigkeit in der Richtung zum Zentrum der Cyklone auf
dieses Prinzip zurückgeführt worden; indessen darf nicht übersehen werden, dass erstens die Bewegungen
auf der Erdoberfläche relative Bewegungen sind, während das Prinzip sich auf absolute Bewegungen bezieht
und dass zweitens auch die Reibungswiderstände als nicht zentrale Kräfte die Anwendung des „Prinzips
verbieten. Kurze Erörterungen über die Art und Weise, wie Erdrotation und Reibung dasselbe modifiziren,
sind von mir im Februarheft des XVI. Bandes 1881 der „Zeitschrift der Oesterr. Ges. für Meteorologie“,
pag. 57, publizirt.
*) Ueber die Bewegung eines freien Theilchens auf einer sieb drehenden Kugel. Pogg. Annal., Bd. CXXIX, 1866, pag. 652.
**) Der Einfluss der Axendrehung der Erde auf das geographische Windsystem. Petermanns Geogr. Mittheilungen,
23 Bd. 1877, pag. 93.
***) American Journal of Science and arts, second series, Yol. II, 1846, pag. 179.