No. 4,
lieber die Veränderungen des Magnetismus in eisernen Schiffen nach Deviations-
Beobachtungen auf deutschen Kauffahrteischiffen.
Von
Kapitän C. Koldewey,
Vorsteher der Abtheilung II der Deutschen Seewarte.
Im Jahresberichte für 1S78 pag. 103 und 104 ist bereits die Art und Weise angegeben, wie die See
warte von Anfang ihres Bestehens an bestrebt gewesen ist, die Schiffsführer zur systematischen Beob
achtung der Deviationen ihrer Kompasse zu veranlassen. Da die Form des zu führenden Journales (vergl.
Tafel I) sich durchaus der Methode der Beobachtungen auf See anschloss, Deviationsbeobachtungen überhaupt
unter allen Umständen für die sichere Navigirung des Schiffes angestellt werden mussten und es sich zum
Theil nur darum handelte, über dieselben regelmässig Buch zu führen, so gelang es auch sehr bald, die
Kapitäne zu bewegen, die Beobachtungen etwas ausführlicher zu machen und so anzustellen, dass es
möglich war, daraus die veränderlichen Elemente der Deviation, nämlich die Koeffizienten der halbkreis
artigen Deviation, B und C, abzuleiten. Da die Konstanten A, D, E, l für die Regelkompasse der Schiffe,
welche sich behufs Regulirung derselben an die Seewarte wandten, vor dem Auslaufen in See heim voll
ständigen Rundschwaien der Schiffe durch Deviationsbeobachtungen auf jedem Striche und Intensitätsbeob-
aehtnngen, wenn möglich auf mehreren Kursen, genau bestimmt wurden, so genügte es zur Ermittelung der
Koeffizienten B und C*), wenn nur dann und wann in längeren Zwischenräumen wieder eine Rund-
schwaiung zur Neubestimmung der Konstanten A, D, E, stattfand, innerhalb eines Quadranten auf
verschiedenen Strichen, namentlich auf oder in der Nähe der den Quadranten einschliessenden Hauptstriche
zu beobachten. Es wurde deshalb den Kapitänen lediglich die Anweisung ertheilt, bei günstigen Ge
legenheiten das Schiff so weit vom Kurse abfüllen zu lassen, um auf, oder nahe den nächstliegenden
Hauptstrichen beobachten zu können, dabei aber zur Verminderung der Beobachtungsfehler auch die
zwischenliegenden Striche mitzunehmen. Dies geschah in den meisten Fällen, da die Methode nicht allein
überall praktisch ausführbar ist, sondern auch in keiner Weise gegen die Hauptanforderung der Schiffahrt,
eine möglichst schnelle und sichere Reise zu machen, verstiess; im Gegentheil durch die auf diese Weise
am leichtesten erlangte genaue Kenntniss der Aenderungen der Abweichungen der Kompasse ganz dazu
geeignet war, die Sicherheit und damit die Schnelligkeit der Reise zu fördern. Das Beobachtungsmaterial
mehrte sich auch bald in solcher Weise, dass bereits im Jahre 1877 der Versuch gemacht werden konnte,
die Resultate der Diskussion einiger besonders guter Journale in einer kleinen Abhandlung zu ver
öffentlichen.**)
Seit der Zeit ist die Anzahl der Schiffe, welche das Deviations-Journal führen, resp. Beobachtungen
eingeliefert haben, es sind jetzt 47 Dampfer und 44 Segelschiffe, beträchtlich gewachsen, und es liegen von
*) Zur Reduktion der Beobachtungen wird die Näherungsformel
5 = A+B sing + Cco$g'+D $in2g+Ecos2%'
benutzt, da es sieh zur Feststellung der Aenderungen des Schiffsmagnetismus und der Ursachen dieser Aenderungen
nur um gut aufgestellte Kompasse handeln kann, deren Deviation überall innerhalb der für die Formel zulässigen
Grenze von 20“ bleibt, und für welche die magnetische Wirkung einzelner Eisenmassen nicht in Betracht kommt, sondern
das Schiff als ein einheitliches Ganze und die Länge der Kompassnadeln als verschwindend klein gegen die Entfernung
der störenden Kräfte aufgefasst werden kann.
**) Vergleiche „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“, Jahrgang 1877 pag. 381 u. f.: „Deviationsbeob
achtungen auf deutschen Kauffahrteischiffen etc.“
Archiv 1879. 4.
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