48
reisen, vor Allem Anwendung wissenschaftlicher Gesichtspunkte bei der Wahl der besten Verkehrswege
zur See, die nur als eingeleitet zu bezeichnen war, müssen nunmehr an der Hand der Lehren neuerer
meteorologischer Anschauungen weiter ausgebildet und entwickelt werden. Nicht als ob nicht schon früher
der Versuch, nach dieser Richtung auf den Seeverkehr fördernd einzuwirken, gemacht worden wäre, bleibt
es vielmehr nur der Gewinnung neuerer, mehr den thatsäehlichen Verhältnissen entsprechender meteorolo
gischer Anschauungen Vorbehalten, Entscheidendes auf diesem Gebiete zu leisten; und hier ist es die syno
ptische Arbeit, welche den Erfolg vor allem Anderen ,zu sichern vermag. Wegen der Neuheit dieser
Untersuchungen konnten begreiflicherweise umfassende darauf gegründete Segelanweisungen*) bisher noch
nicht herausgegeben werden. Die gewonnenen Anschauungen wurden jedoch schon wiederholt in den
„Reiseberichten“ verwerthet, um für einen besonderen meteorologischen Zustand, der auf der gerade be
sprochenen Reise angetroffen worden war, Verhaltungsmaassregeln zu geben.
Aus naheliegenden Gründen wird sich die synoptische Forschung in dem durch die Karten von Hoff-
meyer vorgezeichneten Umfange und in dem Sinne, wie die Seewarte dieselbe auffasst, noch für längere
Zeit auf den Nordatlantischen Ozean beschränken müssen. Ebenso einleuchtend ist es, dass sich dieselbe
überhaupt in einer einigermaassen befriedigenden Weise nur durchführen lässt, wenn der Seewarte die
Unterstützung der dieses Meer befahrenden Segelschiffe sowohl, als auch besonders der Dampfschiffe der
grossen deutschen Gesellschaften, welche den Verkehr zwischen Amerika und Europa in Händen haben,
erhalten bleibt.
Die meteorologische Arbeit in den Eingradfeldern des Nordatlantischen Ozeans.
Die klimatologische Bearbeitung des vom Nordatlantischen Ozeane eingegangenen Beobachtungsmateriales
wurde i. J. 1879 so weit gefördert, dass das Quadrat 146 (40°—50° N. B. und 10°—20° W. L.) in Druck
gegeben und das Quadrat 147 (40°—50° N. B. und 20°—30° W. L.) druckfertig wurde. Es wurde bereits
im vorigen Jahresberichte erwähnt (siehe dort Seite 69), dass das Extrahiren der Journale für diese beiden
Quadrate mit den bis zum 1. April 1878 eingegangenen Journalen abgeschlossen worden ist. Für die
Tabellen der Quadrate 110 und 111 (30°—40° N. B. und 10°—30° W. L.), welche zunächst fertig gestellt
werden sollen, wird das Extrahiren der Journale bis zu den Eingängen vom Ende Dezember 1879 weiter
geführt und abgeschlossen werden. Genauerer Aufmachung zufolge beziffert sich der Inhalt der Tabellen
für das Quadrat
146.. .. zu 44 813 Beobachtungssätzen,
147.. .. „ 29 381 „
111. .. „ 12 000
110.. .. „ 26 000 „
Schriftliche Segelanweisungen für spezielle Reisen wurden in 44 Fällen ausgestellt;
wiederholt wurden auf Verlangen auch solche deutsche Schiffe unentgeltlich damit versehen, auf welchen
das meteorologische Journal der Seewarte nicht geführt wurde. Damit die zu ertheilenden Segelanweisun
gen an der Hand der gemachten Erfahrungen stets vervollkommnet werden und auf dem neuesten Stand
punkte erhalten bleiben konnten, ergab sich naturgemäss die Nothwendigkeit, einzelne Journalgruppen
einer vorläufigen Diskussion zu unterwerfen. Dabei drängte sich die Ueberzeugung auf, dass an keiner
anderen Stelle eine gleich ausführliche und zuverlässige Antwort auf die sich heute ergebenden Fragen
nach den nautisch-meteorologischen Verhältnissen der verschiedensten Meerestheile und Jahreszeiten aufge
funden werden konnte. Es mag auf den ersten Blick den Anschein haben, als bekunde dieser Ausspruch
etwas allzuviel Vertrauen in das an der Seewarte vorhandene Material; wenn man aber bedenkt, dass sich
seit der Herausgabe der meisten vorhandenen Segelhandbücher die meteorologische Anschauung und damit
die Verwerthung derselben in der Navigirung ganz wesentlich geändert hat, so wird man wohl verstehen,
wie das Zurückgreifen auf Origmalbeobachtungen für den Werth der zu entwerfenden Segelanweisungen
vortheilhaft, um nicht zu sagen maassgebend sein muss. Wie die synoptische Arbeit bei dem Verfolgen
der Segelrouten über den Atlantischen Ozean verwendet wurde, haben wir bereits oben ausgeführt. Hier
sei mit Rücksicht auf diesen Punkt nur noch erwähnt, dass das Bestreben der Seewarte stets darauf ge
richtet war, eine Anleitung zu geben, wie die Führung eines Schiffes den gerade angetroffenen Umständen
mit der meisten Aussicht auf Erfolg angepasst werden kann. Bei der Durchführung dieses Gedankens er
*) Siehe über diesen Punkt den Abschnitt XI „Literarische Thätigkeit der Seewarte“.