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Ausserdem wurde von dem Observatorium auch die meteorologische Arbeit an Bord vieler Küsten
fahrer organisirt, und zwar wurde ein Journal, besonders für diesen Zweck eingerichtet, an die Schiffsführer
vertheilt. Fahrzeuge, welche nach Neuseeland, Mauritius und Indien fuhren, betheiligten sich an der Arbeit
des Ausfüllens dieser Journale mit brauchbaren meteorologischen Beobachtungen. Den Reiserouten und
der Dauer auf einer jeden derselben wurde eine strenge Beachtung gewidmet und hier ganz besonders die
Reisen von Europa nach den australischen Kolonien und von diesen zurück nach Europa berücksichtigt.
Feber die Reisen von Europa nach Australien lagen allein 300 Journale vor, welche zu einer Diskussion be
nutzt wurden, deren Resultate in dem oben genannten Werke niedergelegt sind. Die zu den Beobachtungen
benutzten Instrumente wurden, wenn immer dies thunlich war, geprüft, die ermittelte Korrektion verwendet,
und erstreckten sich die einschlägigen Untersuchungen auf Sextanten, Barometer und Kompasse. Die De
viation auf eisernen Schiffen fand durch das Observatorium eine praktische Bearbeitung.
In Deutschland war es nicht möglich geworden für die Organisation der meteorologischen Beob
achtungen an Bord der zahlreichen, alle Meere befahrenden Schiffe Erspriessliches zu erzielen, so lange
eine politische Einigung noch nicht bestand. Hier waren allerdings die Bestrebungen, mittelst systema
tischer Beobachtungen an Bord von Schiffen die meteorologische Forschung über die hohe See auszudehnen,
schon von ziemlich frühem Datum, denn schon 1833, nachdem Dove durch seine bahnbrechenden, auch
auf die Navigation einen tiefgreifenden Einfluss ausübenden Arbeiten die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung
meteorologischer Forschung gelenkt hatte, begann man auf Beuth’ s Veranlassung preussische Schiffe, durch
Ausrüstung mit Instrumenten und Beobachtungsjournalen als schwimmende meteorologische Observatorien
einzurichten, und im Jahre 1842 veröffentlichte Heinrich Berghaus in einem besonderen, wenig bekannt
gewordenen Werke: „Sechs Reisen um die Erde der Königlich Preussischen Seehandlungs- Schiffe
Meteor und Prinzessin Louise. Breslau. Druck und Verlag von Grau, Barth & Co.“, 1842 zum ersten Male
eine Reihe von meteorologischen Schiffsbeobachtungen, welche auf Reisen für die Preussische Seehandlung
angestellt und von Berghaus gesammelt und zusammengefasst worden waren. Ehe mit der Besprechung
der Entwicklung systematischer meteorologischer Beobachtung auf See in Deutschland begonnen wird, sollen
hier noch die Arbeiten eines Mannes Erwähnung finden, der zwar in den Anfängen seiner Thätigkeit nicht
in Deutschland wirkte, sich aber wie um so manchen Zweig der Forschung auch um unsere Wissenschaft
hervorragende Verdienste erworben hat. Es ist dies Dr. A. Erman, der in den Jahren 1829 und 1830 auf
der russischen Korvette „Krotkoi“ eine Seereise um die Erde zu wissenschaftlichen Zwecken machte. Vor
zugsweise sind es zwei nautisch-meteorologische und hydrographische, in deutscher Sprache geschriebene
Arbeiten, die unser Interesse fordern, wohl aber bisher dem grössten Thcile, selbst der Fachleute, nicht
bekannt wurden, da sie in einer Zeitschrift erschienen, die eine weitere Verbreitung nicht fand, nämlich in
dem Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, von Erman selbst herausgegeben. Wir müssen
uns hier darauf beschränken die Arbeiten nur nach den Titeln aufzuführen, um zum mindesten jetzt nach
zuholen, was in Folge des für deren Veröffentlichung gewählten Organes bisher unterblieb, nämlich die
Aufmerksamkeit der Fachleute darauf zu lenken. Diese Arbeiten sind:
1) „lieber meteorologische Beobachtungen auf russischen Schiffen im Archiv für wissenschaft
liche Kunde von Russland“, III. Heft, 1843, p. 365—438.
2) „Ortsbestimmungen bei einer Fahrt durch den Grossen und durch den Atlantischen Ocean
auf der Korvette „Krotkoi“ und darauf begründete Untersuchung der Strömungen in diesen Meeren."
Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, X. Bd., III. Heft, p. 473—506.
Solche Bestrebungen, wie die genannten, blieben freilich in Deutschland und mit Bezug auf deut
sche Gelehrte vereinzelt; sie fanden von Seite der Schiffahrt-Treibenden nicht die gehörige Unterstützung,
wohl zumeist aus dem Grunde, weil es an einem Institute fehlte, welches die eingelieferten Beobachtungen zum
Nutzen der Schiffahrt verwerthete. Das Interesse für die grossen praktisch wichtigen Resultate Maury’s
auf dem Gebiete der maritimen Meteorologie war allerdings auch in Deutschland in weitere Kreise gedrungen,
und viele deutsche Kapitäne wurden eifrige Mitarbeiter; aber man behalf sich jetzt damit, dass man die
Abstrakt-Logs durch Vermittelung der deutschen Regierungen nach Washington schickte und sich dadurch
den Vortheil des Besitzes von Maury’s Publikationen verschaffte. Selbst nachdem mit dem Ausbruche
des Amerikanischen Bürgerkrieges die betreffenden Arbeiten auf dem National-Observatorium in Washington
ihr Ende erreicht hatten, blieb ein im Jahre 1865 von Seiten Dr. Neumayer’s, der seine Stellung am
Observatorium in Melbourne aufgegeben hatte und nach Europa zurückgekehrt war, gemachter Vorschlag, in