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Full text: 1, 1878

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eine Kommission berufen, welche einen Entwurf über die meteorologische Arbeit für das Königreich Preus- 
sen auszuarbeiten hatte, und der Direktor der Seewarte zu den Berathungen eingeladen, so dass man 
hoffen durfte, es werde nun auch für die Beschaffung der, zur erfolgreichen Pflege der Witterungskunde 
unerlässlichen Grundlage durch Gründung zahlreicher Stationen Sorge getragen werden, allein eine weitere 
Folge hatten auch diese Berathungen nicht. Sachsen war es Vorbehalten, zuerst in thatkräftiger Weise durch 
die Gründung eines meteorologischen Bureaus für Witterungs-Aussichten, welches am 1. Juli 1878 in’s Loben 
trat, vorzugehen. *) 
Ermuthigt durch diesen Schritt in der rechten Richtung, glaubte die Direktion der Seewarte die in 
Kassel abzuhaltende 51ste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte nicht vorüber 
gehen lassen zu sollen, ohne einen erneuten Versuch zur Belebung des Interesses und zum thatkräftigen Ein 
treten für die Einrichtung eines meteorologischen Dienstes im Interesse der Landwirtschaft gemacht zu haben. 
Unter dem 26. August 1878 erliess der Direktor der Seewarte Einladungen an eine grosse Anzahl von 
Fach-Meteorologen, Land- und Forstwirten und Vertretern der Presse, sich in den Tagen vom 11. bis 
18. September in Kassel zu einer Konferenz zu versammeln. Dieser Einladung wurde von Seite einer 
grossen Anzahl von Interessenten entsprochen und am 12.**) und 13. f) drei Sitzungen abgehalten, in wel 
chen die Frage der Einrichtung eines landwirtschaftlich - meteorologischen Dienstes nach allen Seiten be 
leuchtet wurde. Das Programm für die Verhandlungen war von dem Direktor der Seewarte ausgearbeitet 
und dem Bureau vorgelegt worden. Seiner Bedeutung wegen mag dasselbe hier, mit den Modifikationen, 
welche es durch die Diskussion erhielt, zum Abdrucke gelangen. 
„Programm für die Verhandlungen der Konferenz. 
I. Allgemeine Darlegung der auf die Organisation eines meteorologischen Dienstes im Interesse der Land 
wirtschaft Einfluss übenden Verhältnisse, durch Herrn Dr. Koppen, Abtheilungs-Vorsteher der Seewarte. 
II. Besprechung einiger Vereinbarungen von allgemeinem Charakter; 
1. Die im Auslande sowie in Deutschland selbst gemachten Erfahrungen mit einer praktischen, auf 
die Wettertelegraphie basirten Wetterprognose sind günstig genug, um für das ganze Gebiet des 
Deutschen Reichs den Versuch einer praktischen Wetterprognose zu rechtfertigen. 
2. Zu diesem Zwecke haben von der Seewarte, welche Zentralstelle für die Wettertelegraphie des 
Reiches ist und als Zentralstelle für den landwirthschaftlich - meteorologischen Dienst erachtet 
werden muss, Mittheilungen über die allgemeinen Witterungsverhältnisse in Zentral-Europa, die 
unter Zuhülfenahme von Berichten mehr lokaler Natur und von Lokalindizien zur Basis für eine 
Lokalprognose dienen, und eine allgemein gehaltene Witterungsprognose alltäglich, also auch an 
Sonn- und Feiertagen, an die Lokalzentren zu gehen. 
3. Diese Mittheilungen von Witterungszuständen und Prognosen an die Lokalzentren erfolgen nicht 
nur während einzelner, für die Land- und Forstwirthschaft wichtiger Perioden des Jahres, sondern 
das ganze Jahr hindurch. Dagegen bleibt es den Lokalzentren überlassen zu entscheiden, ob zu 
allen Zeiten des Jahres die Verbreitung innerhalb des Gebietes eines Lokalzentrums erfolgen soll 
oder nicht. Das Gleiche gilt mit Beziehung auf die Mittheilung von Witterungsthatbeständen. 
4. Anzahl und Auswahl der Lokalzentren zu bestimmen, ist gegenwärtig noch nicht möglich, es muss 
dies vielmehr Sache besonderer, auf noch anzustellenden Erhebungen gegründeter Vorschläge sein; 
nur lässt sich soviel darüber bestimmen, dass sich die betreffenden Einrichtungen zweckmässiger 
Weise an die bereits für die Landwirthschaft bestehenden Institutionen anlehnen sollten: Vororte 
landwirtschaftlicher Distrikts-Vereine (oder denselben analoge Einrichtungen) eignen sich vorzugs 
weise für Lokalzentren zur Verbreitung von Witterungsnachrichten. 
5. Damit ein Ort zur Wahl als Lokalzentrum geeignet sei, muss derselbe an einer Telegraphenleitung 
und Eisenbahn liegen, sowie die Möglichkeit bieten, lithographisch oder anders drucken lassen zu 
können, eine Person aufzubieten vermögen, welche die erforderliche Fertigkeit besitzt, die Mitthei 
lungen der Seewarte zu entziffern und in eine für das Publikum verständliche Form zu bringen 
und die Kenntnisse zur Ausübung einer Lokalprognose. 
!p ) Siehe Anhang Nr. 38, Seite XLI. 
**) Siehe Tageblatt der Slsten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Kassel, Seite 37. 
f) Ebendaselbst, Seite 75. 
Archiv. 1S78. 1. 
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