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Beobachtungs-Materiales, welches in den Schiffsjournalen enthalten ist, die Summe von 21000 Mark als Kauf
preis bewilligt und ausgezahlt wurden. (Siehe Abschnitt III, VI, VII und VIII dieses Berichtes). Die Ueber-
nahme der Instrumente, der Bücher, des Beobachtungsmateriales fand in den letzten Tagen des Januars statt,
sodass das ßeichs-Institut mit dem 1. Februar in den Räumen des Seemannshauses in’s Leben und in den
ihm durch Kaiserliche Verordnung*) angewiesenen Geschäftskreis treten konnte. Es muss übrigens bemerkt
werden, dass die meteorologischen Beobachtungen, wie sie in systematischer Weise seit dem Bestehen der
Norddeutschen Seewarte aufgenommen worden waren, ununterbrochen über die Periode der Uebernahme
der Geschäfte von Seiten des Reichsinstitutes fortgeführt wurden. Dies liess sich dadurch ermöglichen, dass
der grössere Theil des Personales, welches bei dem früheren Institute thätig gewesen war, übertrat und
nahezu ohne Unterbrechung die ihm zufallende Beschäftigung, auch in Bezug auf die anderen Zweige,
fortführen konnte. Jene Herren, welche unter diesen Verhältnissen ihre Thätigkeit in der Deutschen See
warte begannen, waren: Kapitän K. Koldewey, W. Reinert und E. Mewes, zu welchen noch die
Kapitäne M. Kirstein und A. Schück und Herr H. Eylert hinzutraten.
Die Gewinnung eines Direktors, der sowohl in nautisch - astronomischen und physikalischen Dingen,
als auch in der praktischen Seemannschaft erfahren sein musste, bot unter den obwaltenden Verhältnissen
die grössten Schwierigkeiten dar. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, Gelehrte des In- und Auslandes für
die Leitung des neuen Institutes zu gewinnen, sah man sich genöthigt ein Provisorium zu schaffen, während
dessen Dauer der Hydrograph der Kaiserlichen Admiralität, Professor Dr. Neumayer, die Amtsführung für
die Direktion der Seewarte zu übernehmen hatte. Derselbe hatte bis auf Weiteres auch als stellvertretender
Vorstand des Hydrographischen Bureaus zu funktioniren.
Eine Sache von grosser Wichtigkeit war ferner die Besetzung der Stelle des Vorstandes der Abtheilung I,
welche dahin erledigt wurde, dass zu derselben der Königl. Preuss. Lootsen-Kommandeur in Memel, Kapitän
W. Wagner, berufen wurde. Gleich nach dessen Eintritte, Anfang Februar, berief der zur Amtsführung
Delegirte der Kais. Admiralität eine Kommission, die unter seinem Vorsitze, nach einer von Sr. Exzellenz
dem Chef der Kais. Admiralität genehmigten Vorlage, betreffend die allgemeinen Grundzüge der Organisation und
des Arbeits-Planes, die baulichen Einrichtungen, die Instrumente und Beobachtungen, die provisorischen Nor
men für die einzelnen Zweige der Thätigkeit, die Geschäftsordnung und Verwaltung u. s. w. durchberieth
und vorbehältlich der Genehmigung der Admiralität festsetzte. In dieser Kommission sassen die Herren
Wagner und Koldewey, während Herr Eylert als Schriftführer fungirte. Die Vorlage wurde in
zwei, am 13. und 14. Februar abgehaltenen Sitzungen, dahin erledigt, dass die nöthigsten Einrichtungen
und Maassnahmen für die sofortige Aufnahme der Arbeit angeordnet werden konnten.
Bei der Bedeutung, welche dem Sturmwarnungswesen und der Küstenmeteorologie (Wettertelegraphie)
in dem Geschäftskreise der Seewarte zugetheilt wurde, musste vor Allem auch an die Besetzung der Stelle
des Vorstehers der Abtheil. III durch eine tüchtige Kraft gedacht werden. Es wurde dafür die Berufung des
durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der Meteorologie und Klimatologie rühmlichst bekannten Dr. Wladimir
Koeppen in’s Auge gefasst. Die diesbezüglichen Verhandlungen waren rechtzeitig genug zu einem Ab
schlüsse gebracht, so dass Dr. Koeppen am 1. Mai 1875 die Leitung der Abtheil. III dem ganzen Umfange
ihrer Thätigkeit nach übernehmen konnte. Damit waren sämmtliche Stellen der Abtheilungs-Vorstände
besetzt, Herr Koldewey hatte die Abtheil. II übernommen, während auch das übrige Personal an Hülfs-
arbeitern und Assistenten innerhalb des von dem Etat gesetzten Rahmens ergänzt worden war. Wie sich
dies gleich im Beginne veränderte und wie im Laufe der letzten vier Jahre wesentliche Aenderungen vor
gingen, findet sich in dem über das Personal handelnden Abschnitte IV dieses Berichtes näher ausgeführt.
Im Laufe des Jahres 1875 traten die Vorsteher der einzelnen Abtheilungen unter dem Vorsitze des
Delegirten der Admiralität zu ähnlichen Sitzungen, wie oben dargelegt, zusammen, wenn immer solches
wünschenswerth erschien und sich hierzu eine Gelegenheit bot. Es mag gleich- hier erwähnt werden, dass
diese Sitzungen, welche sich als ein sehr wirksames Mittel für das einheitliche Zusammenwirken der ver
schiedenen Abtheilungen erwiesen haben, auch nach der definitiven Regelung der Verhältnisse der Deutschen
Seewarte durch die von der Kaiserlichen Admiralität unter dem 2. Dezember 1875 erlassene allgemeine
Instruktion, abgehalten wurden, indem dieselben nach § 26 derselben als allwöchentlich ahzuhalten vorge
*) Die betreffende Kaiserliche Verordnung wurde in definitiver Fassung erst am 26. Dezember 1875 gegeben (siehe Reichs
gesetzblatt No. 35.)