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Seewarte in Aussicht genommene Persönlichkeit im Telegraphiren durch sechswöchentlichen Kursus auf dem
Telegraphenamte I ausgebildet war.
Der tägliche Dienst in der Wettertelegraphie geht gegenwärtig in folgender Ordnung vor sich. Der
selbe wird besorgt von dem Ahtheilungs-Vorsteher, dem älteren Assistenten für Wettertelegraphie, dem als
Telegraphist fungirenden Assistenten, theilweise auch vom Zeichner, und für die Mittheilungen an Zeitungen
und Private, auf Kosten der Empfänger und ohne direkte Belastung der Staatskasse von dem Capt.-Lieut.
der Seewehr von Rentzell.
Die folgenden Angaben sind sämmtlich in Berliner Zeit, als der auf den deutschen Telegraphen gelten
den, gemacht. Die telegraphische Uebermittelung beginnt um 9 h Morgens und wird unterhalten bis 5 h
Nachmittags. Gegen 10V2 h sind die Depeschen aus dein Inlande, so wie einige ausländische, eingegangen,
zunächst gewöhnlich jene aus Schweden, Dänemark, sowie einige aus Russland, Frankreich und Norwegen.
Zu dieser Zeit sind auch die Depeschen an die auswärtigen Institute, soweit dieselben nur deutsche Stationen
enthalten, zusammengestellt uud werden dieselben abgesandt in dem Maasse, als der nun sehr stark besetzte
einzige Draht zwischen der Seewarte und dem Telegraphenamte es gestattet. Nur das Telegramm nach
Brüssel und das zweite nach Wien wird, weil beide ausländische Stationen enthalten, bis zu deren Einlauf,
das erstere bis IIV2 11 , das zweite sogar bis I2V2 11 (im Durchschnitt) verzögert.
Während der Abgabe der Depeschen an die auswärtigen Institute werden die bereits erwähnten
kleineren Wetterberichte an Nachmittags-Zeitungen zusammengestellt und eine kurze Uebersicht der Witte
rung in Deutschland für dieselben entworfen; diese Telegramme werden indessen gewöhnlich bis ll 1 ^ Uhr
zurückgehalten, weil sie 3 resp. 4 ausländische Stationen enthalten, die selten vor der genannten Zeit
eingehen. Durchschnittlich um 11 1 /i h kommen diejenigen Telegramme aus England, welche über Borkum
eingehen, an, und zwar gewöhnlich das Sammeltelegramm mit Aberdeen und Roches Point zusammen;
um ll 3 /4 h das über Fridericia kommende Telegramm mit den Daten von Yarmouth, Valentia und Thurso.
Sobald die Vollständigkeit der Arbeitskarten (vgl. unten) eine genügende Uebersicht gestattet, wird
der Text zunächst für die Hafentelegramme, deren tabellarischer Theil bereits fertig gestellt ist, sodann
für die grosse Abonnementsdepesche aufgesetzt und jede dieser Depeschen, sobald sie fertig gestellt und
kollationirt ist, abgegeben. Die Abgabe der Hafentelegramme ist durchschnittlich um 12'/j 1 ' , jene der
Abonnementsdepesche, welche etwa 25 Minuten in Anspruch nimmt, etwas vor l h beendet.. Während der
Abgabe der letzteren wird eine vorläufige Wetterprognose aufgestellt , welche im Auszuge dem Tele
gramme an Prof. Klinkerfues heigefügt wird, das gleich nach der Abonnementsdepesche abgeht. Zwischen
l h und 3 h kommen nur einzelne verspätete Telegramme an, darunter am häufigsten die Sammeldepeschen
aus Paris, Petersburg und Helsingfors. Zwischen 2 1 * und 4V2 11 laufen die Nachmittagstelegramme ein,
welche zum letzteren Termine meistens vollständig sind; das letzte derselben ist gewöhnlich das Telegramm,
das die drei englischen Stationen bringt. Die Verlängerung des Dienstes am Telegraphenapparate bis 5 h
war nothwendig, um auch im Falle der Verspätung dieser oder anderer Nachmittagstelegramme, den Bericht
thunlichst vollständig zu erhalten. Ausgegeben wird am Nachmittage gegenwärtig nur ein Telegramm
nach Utrecht mit der 2 h -Beobachtung von Hamburg und Telegramme nach Bremen (Weserzeitung), Leipzig
(Meteorolog. Bureau) und Weissenburg a. S. (Herrn van Bebber), welche die Prognosen der Seewarte und
die beiden letztgenannten auch einen Auszug aus den, an der Seewarte eingelaufenen, Beobachtungen einer
Anzahl von Orten von 2 k p. m. desselben Tages enthalten.
Die Bearbeitung des eingehenden Telegrammenmaterials besteht aus:
a) der Eintragung sämmtlicher Depeschen in Tabellen, deren 4 entworfen werden, nämlich drei für den
Morgen nebst vorhergehendem Abend (Inland, Westen und Osten des Auslandes) und 1 für den Nachmittag;
die Tabellen für das Inland und für die Nachmittagstelegramme werden mit wenigen Fortlassungen publizirt;
b) der Eintragung eines Theiles der Daten in Karten, deren regelmässig täglich 5 entworfen werden,
nämlich:
1 für Luftdruck, Wind und Bewölkung um 8’ 1 (7 1 *) Morgens,
1 für die Temperatur, den Seegang und die um dieselbe Zeit gemessene Niederschlagsmenge der
letzten 24 Stunden,
2 für die Aenderungen des Luftdrucks und der Temperatur zwischen 8 h a. m. gestern und heute (die
algebraische Summe der Aenderungen, resp. die Differenz der beiden Endstände genommen),
1 für Luftdruck, Wind und Bewölkung am vorhergehenden Abend.