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richtet werden: a) je eine volle Depesche von Aberdeen und Roches Point (hei Cork) und b) ein abge
kürztes Sammeltelegramm mit den Gruppen III, IV und V des internationalen (Utrechter) Schemas von 6
Stationen unter Weglassung der Stationsnamen, so dass das ganze Telegramm nur 20 Taxworte enthält.
Einen ebenfalls vermehrten Bezug von Witterungstelegrammen aus Deutschland im Austausch gegen diese
Telegramme behielt sich zwar das meteorologische Amt vor, erklärte jedoch dieses verschieben zu müssen,
bis die ihm zur Bezahlung von Depeschen zur Verfügung stehenden Geldmittel entsprechend erhöht sein
würden. Die Hoffnung, welche auf die Einzeltelegramme aus Aberdeen und Roches Point von Seiten der
Seewarte gesetzt wurde, nämlich, dass sie weit früher als die übrigen Nachrichten von den britischen Inseln
einlaufen würden, hat sich insofern nicht erfüllt, als sie gewöhnlich mit dem Sammeltelegramme zusammen
und in manchen Fällen eines oder das andere noch später als das Sammeltelegramm eintreffen. Immerhin
aber kommen beiderlei Depeschen der neuen Einrichtung durchschnittlich um 25 Minuten früher an als die
über Fridericia einlaufenden, und macht ausserdem die jetzige Mehrzahl der Depeschen die Seewarte un
abhängig von der Verspätung einzelner derselben. *) Dieser seit dem 18. Dezember 1876 in’s Leben ge
tretene vergrösserte Verkehr mit England bildet eine der werthvollsten Grundlagen der Thätigkeit der See
warte in der Wettertelegraphie, umsomehr als ungefähr gleichzeitig damit die Telegramme von den britischen
Inseln begannen auch an Sonn- und Feiertagen zu derselben Zeit wie an Wochentagen einzulaufen, während
sie bis dahin auch in England selbst erst an den darauf folgenden Tagen gesammelt wurden. Diese
wesentliche Reform wurde damals von der das Londoner meteorologische Amt beaufsichtigenden Behörde
(Meteorological Committee) nur versuchsweise für die Wintermonate eingeführt und machte für die
Monate Mai bis Juli 1877 wieder der alten Einrichtung Platz, doch wurde sie für den Herbst und Winter
1877/78 wieder aufgenommen (und zwar mit dem 1. August) und seitdem ununterbrochen aufrecht erhalten.
Neu angeknüpfter Verkehr mit dem Kontinente von Europa. Aus Dänemark, Oesterreich und Italien
wurden bis zum 1. Januar 1876 gar keine telegraphischen Witterungsberichte in Deutschland empfangen —
von den erwähnten Telegrammen aus Frederikshavn und Helsingör abgesehen, welche von Hafenbehörden
ohne Zusammenhang mit dem Kopenhagener meteorologischen Institute geschickt wurden und welche ihres
dürftigen Inhaltes wegen so wenig Werth besassen, dass die Seewarte sogleich bei der Uebernahme der
Wettertelegraphie auf dieselben verzichtete. Durch vorhergängige Korrespondenz mit den meteorologischen
Instituten von Wien und Kopenhagen hatte dagegen die Seewarte zum Beginne des Jahres 1876 sich des
regelmässigen Bezugs der Daten von zuerst 7, dann 8 österreichischen und 4 dänischen Stationen versichert
und sehr bald darauf auch, durch die gefällige Vermittelung der Wiener Zentralanstalt, von 6 italienischen
Stationen. Diese Telegramme wurden in der möglichst knappen und vereinfachten Form eingerichtet, die
sich auch durchaus gut bewährte und für Oesterreich und Italien bis jetzt beibehalten ist. Es sind dies
Sammeltelegramme ohne Aufführung der Stationsnamen — welche durch Innehalten einer festen Reihenfolge
der Stationen überflüssig wird. Die Daten aus Italien erhält dabei die Seewarte erst aus zweiter Hand
von der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie in Wien, und zwar (weil dieselben auch dort durchschnittlich
erst sehr spät einlaufen) als Anhang zu dem die 2 Uhr-Beobachtung von Wien enthaltenden Telegramm.
Aus Dänemark war allerdings wegen der grossen praktischen Wichtigkeit der dortigen Nachrichten und
wegen der wenig für diesen Zweck günstigen Lage und der mangelhaften telegraphischen Verbindung Kopen
hagens mit Deutschland, der Bezug direkter Telegramme von den 4 Stationen von Anfang in Aussicht
genommen. Der Ersatz derselben durch ein Sammeltelegramm aus Kopenhagen ist nur als ein Nothbehelf
anzusehen, der als Folge der lange in Unklarkeit schwebenden Frage wegen der Gebührenerhebung von
ausländischen Depeschen der Seewarte nicht zu vermeiden war. Es wurde deshalb auch, nach vielfachen
vergeblichen Bemühungen der Seewarte, diese Angelegenheit in befriedigender Weise zu regeln, endlich am
1. September 1877 die direkte Beförderung der Telegramme der dänischen Stationen nach Hamburg einge
führt, eine Reform, welche wegen der Bedeutung der dänischen Stationen, namentlich für die von der See
warte an die deutschen Häfen versandten telegraphischen Wetterberichte sich wohlthätig erweisen musste;
der Vortheil derselben zeigte sich besonders durch die Möglichkeit der Innehaltung eines früheren Termins
in der Aufstellung und Absendung der letzteren.
*) Zudem lässt sich ein erfreulicher Fortschritt im Einlauf dieser Depeschen konstatiren seit der Zeit ihrer Einrichtung,
indem beispielsweise im Durchschnitt die mittlere Ankunftszeit derselben für die Monate Januar und Februar 1877: ll h 47 m ,
1878: ll h 15 m war.
Archiv 1878. 1.
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