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Gewicht legen zu müssen glaubt, dargetlian. Es wird hier auf diese „Desiderate“ um so mehr verwiesen,
als aus denselben auch die allgemein von der Seewarte vertretenen und in der Praxis im Wesentlichen inne
gehaltenen Grundsätze für die Anwendung der Deviationslehre sich ergehen.
Wie überhaupt die Tendenz der Seewarte dahin geht, die Errungenschaften der Wissenschaft unmittel
bar zur Förderung und zur Sicherheit des Seeverkehres für die ausübende Navigation zu verwerthen, so
konnte es sich auch in dem gegebenen Falle nicht darum handeln, Deviationshestimmungen, im engeren
Sinne, der Kompasse an Bord eiserner Schiffe, die ja immer als zur Navigirung des Schiffes gehörig ange
sehen werden müssen, seihst auszuführen. Es musste vielmehr zunächst dahin gestrebt werden, die Kon
struktion und Aufstellung der Kompasse und deren Kompensation in sofern zu überwachen, als dafür Sorge
zu tragen war, dass diese wichtigen Dinge nach der richtigen Weise geschähen. Die Untersuchungen und
Erfahrungen des Liverpool Compass-Committee konnten hierbei, so lange eigene, durch Beobachtungen ge
wonnene Erfahrungen mangelten, als Richtschnur dienen. Sodann handelte es sich darum, die Deviations
beobachtungen der Kapitäne auf See in systematischer Weise zu organisiren und zu sammeln, um daraus
weitere Schlussfolgerungen bezüglich zweckmässiger Aufstellung und Kompensation der Kompasse zu ziehen,
auf Grund derselben die Kapitäne über das Verhalten ihrer Kompasse und die Art und Weise der Aenderun-
gen ihrer Deviationen mit der Ortsveränderung des Schiffes zu unterrichten und schliesslich durch streng
wissenschaftliche Diskussion der Beobachtungen die Deviationslehre als solche zu fördern.
Damit ohne Verzug in die Arbeit der Deviationshestimmung eingetreten werden konnte, wurde von
der Kaiserlichen Admiralität für die Vorsteher der Hauptagenturen in Bremerhaven (Ludolph), Swinemünde
(Pust) und Neufahrwasser (Lothes) ein praktischer Kursus in der Behandlung der Deviation angeordnet und
im Juni 1875 auch abgehalten. Es wurde zu diesem Zwecke S. M. S. Loreley auf der Rhede von Wilhelms
haven zur Verfügung gestellt und wurden unter der Anleitung des Herrn Kapitän-Lieutenant Hoffmann II und
des Abtheilungsvorstandes Koldewey während einer Reihe von Tagen und unter den verschiedensten Ver
hältnissen die einzelnen Operationen der Beobachtung, Berechnung und Kompensation durchgemacht.
b. Das Beschaffen der Einrichtungen zum Schwaien der Schiffe in den Haupt-Handelsplätzen der deutschen Küste.
Im Theile 1., ad b. dieses Abschnittes wurde auf Seite 82 schon auf einen grossen Mangel in unseren
Hafeneinrichtungen aufmerksam gemacht, der ehedem darin bestand, dass in keinem derselben die für die
Deviationshestimmungen erforderlichen Schwaivorrichtungen vorhanden waren. Diesem Uebelstande abzu
helfen, musste daher das Bestreben der Direktion der Seewarte vor Allem dahin gehen, zu bewirken, dass
von den einzelnen resp. Regierungen und Behörden der Uferstaaten die Einrichtungen zum Schwaien, ent
weder durch alle Striche des Kompasses oder zum Mindesten durch eine genügende Anzahl derselben, be
schafft wurden. Die von Seite der Seewarte zu Zwecken von Vorschlägen in dieser Richtung auszuführenden
Vorarbeiten, als. Besichtigung der Lokalitäten, Bestimmung der Azimute der zu wählenden Miren u. s. w.,
wurden denn auch im Frühjahr 1875 in Angriff genommen und zwar zunächst nur an Orten, wo sich Haupt
agenturen befinden oder eingerichtet wurden: Bremerhaven, Swinemünde, Neufahrwasser und für Hamburg
überdies in Brunshausen. Wie sehr auch das Bestreben der Direktion darauf gerichtet war, diese Angelegen
heit so schleunig wie möglich zur Entscheidung und Erledigung zu bringen, so zogen sich doch in einzelnen
Fällen die Verhandlungen mit den verschiedenen Regierungen sehr in die Länge und erst nach und nach
wurde in Hamburg (Brunshausen), Bremerhaven und Swinemünde dem dringenden Bedürfnisse Rechnung
getragen und die Einrichtungen getroffen, während an anderen Orten, wie beispielsweise in Neufahrwasser,
bis zum Schlüsse des Jahres 1878 solches noch nicht erreicht werden konnte. Die Schwierigkeiten, welche
sich bei der Durchführung der Vorschläge darboten, waren in den Nordsee-Häfen des überall laufenden
starken Stromes wegen recht erheblich, namentlich weil auch in den einzelnen Lokalitäten darauf Bedacht
genommen werden musste, dass das Fahrwasser in keiner Weise beeinträchtigt würde. Bei den Einrich
tungen auf der Elbe (Brunshausen) und der Weser (Geestemünde) dienten die bereits in dem Hafen von Kiel
und auf der Rhede von Wilhelmshaven getroffenen Schwaivorrichtungen zum Muster.
Mit Bezug auf diesen wichtigen Gegenstand kann hier eine Bemerkung nicht unterdrückt werden, die
darauf abzielen soll, dass das bereits Erreichte weiter ausgebildet und vervollkommnet werde. Die in der
Nähe der ausgelegten Bojen, welche die Schwaivorrichtungen bilden, herrschenden und für das Festhalten der
Schiffe auf einem bestimmten Kurse ungünstigen Stromverhältnisse machen das genaue Untersuchen der
Schiffe in manchen Fällen nahezu unausführbar. Andererseits sind solche Untersuchungen in den Bassins,