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Full text: 20, 1897

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S97 No. 3 — 
Auch Mohn, Meteorol,, p. 140, äussert sich hierüber; ebenso deutet auch Dr. Krümmel (Ozeanogr., 
Bd. II, p. 337) darauf hin: „In der ungleichen Vertheilung des Luftdrucks über der Erdoberfläche hat man 
eine Ursache für das Auftreten von Niveauunterschieden und daraus hervorgellenden Strömungen gefolgert, 
insofern ein geringerer Luftdruck ein Ansteigen, ein grösserer eine Depression der Meeresoberfläche im 
lßmaligen Betrage der Luf'tdruckdifferenz bewirken muss. Ekmann hat gezeigt, dass diese jedenfalls von 
sehr untergeordneter Bedeutung ist. Nach den älteren Zusammenstellungen von Maury würde zwischen dem 
Aequator und den Wendekreisen die hierauf beruhende Niveaudifferenz nur 11 cm betragen (nach den 
neueren holländischen Zusammenstellungen etwa nur 8 cm) und zwischen den Wendekreisen und dem Polar 
kreise etwa 40 cm. Solche Niveauunterschiede können natürlich im offenen Ozean nur unmerkliche Wasser 
bewegungen zur Folge haben; in Meeresstrassen, welche grössere Wasserflächen verbinden, wären diese 
mittleren Unterschiede schon eher nachzuweisen.*) Noch mehr dürfte jede Aenderung des Luftdrucks, wie 
sie aus dem Fortschreiten der barometrischen Depressionen folgt, sich fühlbar machen. Gewisse unperio 
dische Stromvorgänge in den Schären von Stockholm hat man thatsäclilich auf solche Luftdruckdifferenzen 
zurückführen wollen.“**) 
Sahn, der erste Lehrer der im Jahre 1808 gegründeten Navigations-Schule zu Lübeck, „ein theoretisch 
und pracktisch gebildeter Seemann“ und eifriger Mitarbeiter der „Astronomischen Nachrichten“, schreibt in 
einem, augenscheinlich zum Drucke bestimmten, aber unvollendet gebliebenen „Leitfaden für den Seemann“ 
über die Strömungen: „Eine zweite Ursache der Meeresströmungen, die aber nur vorzüglich bei kleineren 
Meeren merklich werden kann, ist die Witterung und örtliche Lage derselben, wodurch ihr Gleichgewicht 
zwischen Zufluss und Abgang unterbrochen wird, weshalb sie beständig Strömungen nach einer oder andern 
Richtung unterhalten. So empfängt z. B. die Ostsee mehr Wasser aus Flüssen und Niederschlag (Regen, 
Schnee u. s. w.), als ihre Ausdünstung beträgt, daher strömt sie beständig aus.“ .... „Eine fernere Ursache 
bilden ohne Zweifel die herrschenden, anhaltenden oder lebhaften Winde, welche allemal Wellen und Wasser 
in freyem Meere vor sich her treiben und in der Nähe der Küste das Wasser erheben, woraus, wenn der 
Wind schief auf die Küste steht, allemal ein Strom erfolgt.“ 
„Diese Strömungen sind nicht sehr lebhaft, auch erstrecken sie sich nicht tief unter die Oberfläche 
des Wassers, aber sie sind desto häufiger und überall, wo Winde von einiger Dauer sind, zugegen, beson 
ders in engen Gewässern, welche mit andern in Verbindung stehen, z. B. im Kattegat, in den Belten u. s. f. 
und haben eben desswegen den grössten Einfluss auf die Schiffahrt, denn sie versetzen das Schiff oft aus 
seinem Wege oder Kurs und verzögern oder beschleunigen seine Fahrt. Auf freyem Meere erstrecken sich 
die Strömungen, die nicht über eine halbe Meile in der Stunde setzen, Wind und Wellen nach einerlei 
Richtung. Doch machen alle etwas lebhaften Strömungen neben den Kaps und überall neben vortretenden 
Ecken der Küste und Sande gewöhnlich Wirbel oder wiederkehrende Ströme, die nach entgegengesetzter 
Richtung im Kreise oder längs den Küsten sich ziemlich weit ausdehnen. Man timt desswegen wohl, auf 
freyem Meere in Windstille, wenn man nichts zu versäumen hat, zu untersuchen, ob das Schiff von einem 
Strom getrieben wird, oder still liegt. Dies kann durch ein Warpanker, durch einen Kessel, oder durch 
ein zwischen drei Stangen ausgespanntes und mit Eisen beschwertes Segel geschehen, welches man 60 bis 
80 Faden tief sinken lässt und davor ein Boot verankert.“ 
Sahn geht dann nach einigen hier nicht interessirenden Erörterungen ausführlich auf die Strömungen 
der Ostsee ein, die, aus so berufenem Munde kommend, wohl werth sind, in extenso wiedergegeben zu 
werden. 
„Die Ströme laufen gewöhnlich, wenn der Wind westlich wird, mit dem Winde, das ist östlich. Hat 
dieser Wind 2—3 Tage frisch geweht, so läuft er dann weder westlich. Dieses ist aber nur in der Mitte 
des Fahrwassers. Mit westlicher, stürmischer Witterung läuft der Strom unter der preussisehen Küste von 
Pillau längs der Küste nach Nord, und weiter in den Finnischen Meerbusen hinein. Mit östl. Winde, im 
Ankommen desselben, an dieser Küste mehr nach NW. Mit ankommendem östl. Winde geht der Strom im 
Finnischen Meerbusen stärker westlich an der Finnischen, als an der Livländischen Küste. Mit nördl. und 
NO-Winde in der Nordsee geht der Strom südlich durch die Beldten; und läuft dann weiter im Lübecker 
Fahrwasser nach Südwest. Hat aber dieser Wind zwey bis drey Tage angehalten, so läuft der Strom hier 
*) Jungk II: Ueber die Meeresströmungen, Progr. des Werd. Gyiun. 1S49. p. 7. 
**) Vergleiche auch Bobrik, Band I, pag. 220/21.
	        
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