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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S97 Nr. 3 —
sondern ebenso oft gerade gegen denselben setzen und ganz und gar von dem im Kattegat und bei Skagen
herrschenden Winde abhängig seien. Diese Behauptung stützt sich auf die mündlich vererbte, Jahrhunderte
alte Erfahrung und wird von den mir bekannten Lübecker und auf Lübeck fahrenden Schiffs-Kapitänen
ausnahmslos bestätigt.
Aber schriftliche Zeugnisse mangeln ebensowenig. Z. B. Gustav af Klint, der berühmte und so uneigen
nützige. Verfasser des vorzüglichen „Schwedischen Seeatlas“ (Beschreibung von den Küsten der Ostsee und
des Finnischen Meerbusens, Stockholm, 1816) schreibt Seite 143 ff.: „Von der grossen Landhöhe Sewerygg
nebst ihren Seitenrücken eingeschlossen, nimmt die Ostsee alles das Wasser, welches von dem erwähnten
Hauptrücken herabstürzt, auf, führt es, im Verhältnisse des Zulaufs, mit grösserer oder minderer Schnellig
keit, längs den jähen Ufern hin, bildet in der Länge der Zeit Aushöhlungen oder Vertiefungen längs der
Hauptader des Wassers, durchschneidet die auf ihrem Wege befindlichen Strecken von Landrücken, wo
diese den geringsten Widerstand thun, und verursacht seichtere Flächen und Banken in den Gegenden, wo
entweder die Biegungen, oder flachere Streckung des Landes, und weniger Wasserzulauf einen Gegenstrom,
eine Art Stillstehen oder langsameren Ablauf des Wassers hervorbringen, worauf sie sich endlich durch die
beyden Belten und den Sund ins Kattegat und den Ozean ergiesst.“
„Die Bodenarten folgen dem Karakter der nächst angrenzenden Küsten, weswegen sie mehrentheils
aus Felsenklippen, Steinen, Singels oder groben Sandgries in der Nähe von klippigen Küsten oder Scheeren,
aus feinerem Sande, wo das Ufer sandartig ist, und in grösseren Tiefen fast immer aus Lehm oder Schlick
bestehen.
„Der Botlmische Meerbusen, welcher erst die von den nördlichen und westlichen Bergen herabstürzen
den Gewässer aufnimmt und im Allgemeinen an der westlichen Seite eine hohe Küste hat, ist längs der
Schwedischen Seite am tiefsten, aber dagegen, sowohl im oberen Theil des Botbnischen Meerbusens, als
längs der Finnischen Küste, weit seicht und unrein. In dem sogenannten nördlichen Quark, wo der Land
rücken, welcher in den Holmöar und Scheeren, die sich im Norden von Wasa dagegen erstrecken, fortgeht,
i den Bothnischen Meerbusen durchschneidet, wird das Wasser im Westen von den Holmöar am tiefsten be
funden, so wie es durch das Aländisclie Meer seinen Hauptablauf nach der Ostsee nimmt. Finngrund mit
ihren Banken und die nach der Seite von Gefle hin belegenen Untiefen scheinen durch den Wirbelstrom,
welchen die Biegung des Landes und das Hauptliinderniss für den Lauf des Wassers da verursacht haben,
entstanden zu sein.
„Die quer über den Finnischen Meerbusen fortgebenden Landrücken, von denen sowohl ausgedehnte
Riffe und Untiefen, als mehrere Inseln deutliche Beweise geben, sind an den höchsten Küsten, so wie bei
Hochland und längs der Estländischen Küste am tiefsten durchschnitten. Bey stillem Wasser wird die
Menge von Untiefen, womit dieser Meerbusen angefüllt ist, gebildet. Die Tiefe des Wassers nimmt auf
solchen Stellen gleich zu und ab; wohingegen die klippigen finnischen und irländischen Scheeren überall mit
tiefem Wasser und gefährlichen Untiefen in sehr kurzer Entfernung abwechseln.
„Der nördliche und nordwestliche Theil der Ostsee hat eine grössere Tiefe, welche von der ununter
brochenen Würkung des sowohl hier aus dem Bothnischen als Finnischen und Rigaischen Meerbusen sich
vereinigenden Wassers verursacht worden ist. Alle diese Gewässer laufen an beyden Seiten von Gothland
hinab, scheinen aber im Westen dieser Insel, wo die schroffesten Ufer sind, ihre Hauptrichtung zu nehmen.
„Die Schwedische Scheerenstrecke, welche grösstentlieils aus Klippen besteht, hat im Ganzen denselben
Karakter, wie die Finnische und Aländische, plötzlich die Lothringen abzuwechseln. Von der Gothländischen
Sandö, sowie von Gothland hinaus, erstrecken sich Banken und Riffe, welche, zufolge der Würkung, die das
Wasser daran verübt, im Norden und Westen tief, aber nach der südlichen Seite zu weit seicht sind. Die
Küsten von Dagö, Oesel und Kurland zeichnen sich besonders da, wo stilles Wasser entsteht, sowie auch, /]
wo die ausfallende Rigaische Bucht und die herrschende Strombahn, welche aus dem Finnischen Meerbusen [
und den Aländischen Scheeren kommt, sich mit einander vereinigen, durch eine verminderte Tiefe aus.
„Obgedachte Ströme, welche die grosse südöstliche, die Preussische Küste begränzende Bucht des Bal
tischen Meeres aufnimmt, und denen sie eine neue Richtung giebt, werden von hier nach Bornholm fort
geführt und stürzen mit der Hauptader bei Hammar vorbev, zwischen die Pommersche Küste und die
Dänischen Inseln hinunter, worauf sie sich endlich ins Kattegat ergiessen.
„Die Erfahrung hat bestätigt, was aus angeführten Ursachen zu vermuthen ist, dass nemlich mehrere
Banken SO- und S-wärts von Öland belegen seyn sollen, sowie ausgedehnte Untiefen längs den Preussischen