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Full text: 20, 1897

Di\ Gerhard Schott: Die Flaschenposten der Deutschen Seewarte. 
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Archiv IS97. 2. 
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Auch wird hierdurch ein Resultat der Rüssel’scheu Flaschenposten klar, dass nämlich von den unter 
der Küste von Neu-Süd-Wales im Südstrom abgesandten Flaschen doch die meisten nördlich von der Ab 
gangsstelle gefunden worden sind. Von 12 hierher gehörigen Stromflaschen der ersten Sammlung sind nach 
Rüssel nur 2 nach Süden, 3 nach Westen, aber 7 nach Norden gelangt, wenn man Abgangsort und Fund 
ort durch eine grade Linie verbindet; von 15 entsprechenden Stromflaschen der zweiten Sammlung sind 
gleichfalls nur 3 nach Süden, 4 nach Westen, aber 8 nach Norden gelangt. Es ist daraus ziemlich klar, 
dass nur wenige Flaschenposten aus dem parallel der ostaustralischen Küste setzenden Südstrom heraus 
direkt zur Küste zu gelangen vermögen; die meisten folgen seinen ostwärts abkurvenden Ausläufern und 
vollenden schliesslich ziemlich einen ganzen Kreislauf. 
Die grösste, berechnete tägliche Versetzung in dieser ostaustralischen Küstenströmung ist nach dem 
Itussel’schen Material 17.7 Sni., während die 2 Zettel der Seewarte, No. 4 und 44, noch unter 6 Sm. Ver 
setzung ergeben und offenbar längere Zeit unbeachtet am Strande gelegen haben. 
D. Schlusswort. 
Dass unser Gesammturtheil über den Werth der Stromflaschen-Experimente kein ungünstiges ist, zeigt 
schon an sich die vorstehende Bearbeitung des Archivmateriales der Seewarte. Wir möchten keinesfalls 
diese Methode der Stromuntersuchung entbehren, da sie in zweierlei Hinsicht werthvolle Beiträge zur Iiennt- 
niss der Meeresströmungen zu liefern im Stande ist. 
Erstens kommt die Richtung des fliessenden Wassers in Betracht. Hierfür sind die Ergebnisse der 
Stromflaschen — von den Monsungebieten abgesehen — meist ziemlich eindeutig verwendbar; hierin werden 
uns die nützlichsten Fingerzeige durch die Flaschenposten ertheilt. Wir verweisen dabei auf den ganzen 
vorstehenden Text, z. B. auf das, was über die Bay von Biscaya und die vermeintliche Existenz der Rennell- 
Strömung gesagt wurde; ferner auf das aus den Flaschenposten sich ergebende Zusammendrängen der Wasser 
massen in Westindien, wo die Stromflaschen von der portugiesischen Küste mit solchen aus dem Süd 
atlantischen Ozean sich vereinigen und damit den augenfälligsten Beweis für die ausserordentlich grosse Wasser- 
drängung liefern, die in Westindien herrscht und die Energiequelle für den Golfstrom darstellt; ferner auf 
die ganz auffallende Bevorzugung mancher Küsten durch die Flaschen, wofür wiederum die westindischen 
Gewässer und der Golf von Mexico Beispiele sind; ferner auf die deutliche ONO - Richtung der grossen, 
südhemisphärischen Westwindtrift, auf die Theilung des Südäquatorialstromes vor der Ostküste Madagas 
kars u. s. f. Kurzum, über den Verlauf der Strömungen im Grossen wie im Einzelnen erhalten wir bei der 
Bearbeitung eines grösseren Materials theils wichtige neue Kenntnisse, theils Bestätigungen oder Modifika 
tionen dieser Kenntnisse. Dabei ist besonders auf das obeu Seite 19 ausgesprochene Urtheil noch hinzu 
weisen, welches die principielle Frage, ob die Flaschen ganz, bezw. vorwiegend mit dem Winde oder mit 
dem Strome treiben, so beantwortet, dass nachgewiesenermaassen 2 Flaschen in einer schwachen Strömung 
gegen den Wind, „in den Wind auf“ sich bewegt haben, dass also auch da, wo Strom- und Wind 
richtung nicht übereinstimmen, für den Weg der Stromflaschen doch die Richtung der 
Meeresströmung und nicht die zeitweilige Windrichtung maassgebend ist. 
An zweiter Stelle vermittelt uns der Flaschenpostzettel Anschauungen über die Geschwindigkeit 
der verschiedenen Strömungen; doch tritt die Zuverlässigkeit dieser Angaben in Folge naheliegender Fehler 
quellen hinter der Wichtigkeit der Richtungsangaben zurück. Häufig aber lassen sich bei Benutzung von 
mehreren, gleichzeitigen Flaschenreisen und überhaupt in einigen besonderen Fällen ziemlich sichere Schnellig 
keitszahlen berechnen, ausserdem werden, wie man besonders aus der Zusammenstellung auf Seite 14 sehen 
kann, die relativen Geschwindigkeiten der Strömungen meist gut durch die Flaschenversuche wiedergegeben. 
Es kann schliesslich nur der Wunsch von neuem ausgesprochen werden, dass die Schiffsführer die Ab 
sendung von Stromflaschen, wie bisher, bei jeder guten Gelegenheit ausführen möchten, d. h. an besonders 
interessanten Stromstellen, bei Stromkabbelungen u. s. w.; zumal im Bereiche des Mittelmeeres, des Indischen 
und des Stillen Ozeans wäre eine grössere Ausdehnung dieser Versuche höchst erwünscht.
	        
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