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Aus dem Archiv der Deutscheu Seewarte — 1897 No. 2 —
IV. Stiller Ozean. (Tafel 6.)
Es sind nur noch wenige Worte über die Flaschenposten aus diesem Meere zu sagen; denn die Triften
aus dem Bereich der „braven Westwinde“ sind schon im vorigen Abschnitt erwähnt worden, ebenso die
Flaschenfunde an Neu-Seelands Küsten. Somit bleiben nur die in den Passatgebieten und die an der Ost
küste Australiens gefundenen Stromflaschen für die Besprechung. 1 ) Im pazifischen NE-Passat haben mit
der Nordäquatorialströmung 5 Flaschenposten sehr lange Reisen von mehreren Tausenden Sm. gemacht, sie
sind sämmtlich auf den Marshall-Inseln gefunden worden, und der Generalkurs ist, wie Tafel 6 zeigt, durch
weg etwas nördlich von West gewesen; lassen wir No. 34 ausser Betracht, so erhalten wir für die restirenden
4 einen mittleren täglichen Weg von etwa 13.4 Sm. (im Maximum 16.4), was der Wirklichkeit ziemlich ent
sprechen dürfte, da die Nordäquatorialströmung im Ganzen nur sehr massige Geschwindigkeiten besitzt.
Für die Südäquatorialströmung haben wir 4 ausgedehnte Flaschenreisen zur Verfügung. Darunter ist
No. 33 vom Schooner „J. H. Liibken“, Kapt. Schoone, am 5. Februar 1892 halbwegs zwischen den Gala-
pagos-Inseln und der Peruküste ausgesetzt und nach fast 1000 Tagen an der Küste von Queensland gefunden
worden, was eine Distanz von fast 8000 Sm. und einen täglichen Weg von mindestens 7.7 Sm. bedeutet; es
ist dies zugleich die einzige uns bisher bekannte „Durchquerung“ des Stillen Ozeans durch eine Stromflasche.
Generalkurs dieser Flasche sowie auch der 3 im Paumotu-Archipel gestrandeten ist etw T a WzS. Auflallender
weise erhalten wir für die Gruppe der 3 Paumotu-Flaschen die sehr geringe tägliche Schnelligkeit von knapp
5 Sm.; wahrscheinlich sind alle diese Flaschen nicht gleich gefunden worden, ausserdem sind sie südlich noch
von 10° S-Br., also auf einer Breite abgesandt, die schon ausserhalb des Hauptstriches der Strömung liegt.
Bemerkenswerth neben diesen grossen Reisen sind 6—7 kurze Reisen sowohl aus dem NE- wie aus
dem SE-Passat, und zwar sind die ersten 3 (No. 11, 36 und 37) auf den Marslmll-Inseln, die anderen 3
(No. 3, 19 und 24) auf den Fidji-Inseln gefunden, bei allen 6 aber ist die nördliche Bewegungsrichtung höchst
eigenthümlich. Erklärlich ist sie noch bei den Reisen auf Süd-Breite: dort, in der Nähe der Fidji-Gruppe,
weht der Passat zumal im südlichen Winter häufig aus sehr südlicher Richtung, sodass dann auch das
Wasser in eine entsprechende Bewegung gesetzt werden dürfte. Die Marshall-Inseln aber liegen zum Theil
im Nordäquatorialstrom, zum Theil im Ost-Gegenstrom (je nach der Jahreszeit in verschiedener Ausdehnung),
ausserdem liegen die Abgangsorte von No. 36 und 37 nicht weit ab vom Bereich des australischen NW-
Monsuns, kurzum, diese Flaschenposten lassen sich nicht weiter verwerthen.
Ziemlich sicher ist dagegen die während der Periode des NW-Monsuns abgesandte Flasche No. 27,
obwohl zur Zeit der Aussetzung ein Weststrom von 1 Sm. pro Stunde konstatirt wurde, doch mit der in
dieser Jahreszeit vorwiegend südostwärts setzenden Strömung geschwommen; 2 ) ebenso No. 26 wenigstens
anfangs, bis sie, vielleicht östlich der Gilbert-Inseln, von der Aequatorialströmung gefasst wurde.
Im eigentlichen östlichen Gegenstrom haben ihre Reisen ausgeführt die No. 28 und 14 (aus der Gegend
zwischen Karolinen-Inseln und Marshall-Inseln) sowfie No. 22 (aus der Gegend zwischen Galapagos- Inseln
und der Panama-Bucht). —
Was schliesslich die zur Ostküste Australiens gelangten Stromflaschen anlangt, so geben die auf Tafel 6
gezogenen, graden Linien der Triften 8, 18, 25 und 9 den wahrscheinlichen Weg nicht genau wieder, derselbe
wird vielmehr einen mehr oder weniger grossen, nach Süden offenen Bogen beschrieben haben, sodass die
Flaschen kurz vor der Strandung einen Süd- und Südwestkurs hatten, was dann sowohl den Flaschentriften
No. 4 und 44, als auch den uns sonst bekannten Stromverhältnissen dieser Gegend entspricht; nach Rüssel 3 )
ist der Südstrom an der Küste von Neu-Süd-Wales zumal im südlichen Sommer sehr kräftig. Das Eigen-
thiimliche ist dabei das schon in geringem Küstenabstand erfolgende Abschwenken der linken Stromseite nach
Osten und Nordosten, 4 ) sodass man bei den Lord Howe-Inseln häufig Nordstrom hat, welcher nördlich hier
von in NW-Strom übergeht und den Stromkreis der Gewässer zwischen Sydney—Norfolk—Neu-Kaledonien—
Queensland schliesst. Hiermit werden denn auch die Flaschentriften No. 17, 13 und 5 erklärlich; No. 5-
speziell dürfte (ähnlich wie No. 17) einen nach Westen offenen Bogen beschrieben haben.
9 Wir machen aber noch auf No. 46 (Tab. IV) aufmerksam, welche ausserhalb der auf Tafel G dargestellteu Gegend
liegt und die einzige Trift vom aussertropischen nördlichen Stillen Ozean ist: die Richtung (Ost) von 46°N-Br 150° W-L.
nach der Westküste Nordamerikas ist die in den Ausläufern des Kuro-shiwo zu erwartende.
2 ) Siehe Stromkarte, Tafel 3 im Atlas des Stillen Ozeans, Hamburg 1896.
a ) Siehe oben Seite 4. II. Bericht, Seite 3. 4 ) Siehe Atlas des Stillen Ozeans, Tafel 3 und 4.