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Full text: 20, 1897

Dr. Gerhard Schott: Die Flaschenposten der Deutschen Seewarte. 
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Ferner wurde am 15. Januar und 2. Februar genau auf dieser Strecke Stromstille, also jedenfalls kein 
Weststrom konstatirt. 
Für unseren Zweck ist das wichtigste Resultat dies, dass hierselbst 2 Flaschen, einerlei, ob 
mit Sand beschwert oder nicht, einer nur schwachen Strömung gefolgt, und nicht vor dem 
Passatwinde nach Südwesten geschwommen sind. Die Stromflaschen haben sich also direkt 
„in den Wind auf“ bewegt; gegenüber der mehrfach vertretenen Meinung, dass die Flaschen 
posten wenig praktischen Werth haben dürften, weil sie immer nur dem Wind und nicht 
dem Strom folgten, ist dies gegenteilige Ergehniss von grösster und beweisender Be 
deutung, zumal es ausserdem zeigt, dass selbst schwache Triftströmungen gegen den Wind setzen können. — 
Triftgeschwindigkeiten. Ueber die Geschwindigkeiten, welche die Stromflaschen dieses Gebietes 
aufweisen, sind schon oben S. 14 einige Zahlen mitgetheilt worden; darnach ist 25.7 Sm. (No. 430) die 
Maximalversetzung pro Tag, und 23 °/o der Flaschen kommen auf über 10 Sm. pro Tag. 
§ 6. Die im Mittelmeer abgesandte» Flaschen 
zeigen, soweit sie in der Nähe der afrikanischen Küste ausgesetzt worden sind, auf das deutlichste den Zug 
des Wassers nach Osten. Auch 2 im Atlantischen Ozean ausserhalb der Gibraltarstrasse abgesandte Flaschen 
(No. 27 und „A“, Tafel 3) sind diesem Oststrom gefolgt; der längste Weg ist von der letztgenannten, mit 
„A“ bezeichneten Flasche zuriickgelegt worden; sie ging erst kürzlich (Februar 1897) der Seewarte zu, und 
ist von S. M. S „Moltke“ am 26. Oktober 1896 auf rund 35°N-Br. 7 1 / 3 0 W-L. über Bord geworfen und nach 
87tägiger Fahrt in der Nähe der Stadt Tunis gefunden worden, was einer täglichen Versetzung von etwa 
11 Sm. entspricht, und für diese Gewässer eine gar nicht unerhebliche Schnelligkeit bedeutet. Schneller noch, 
und ebenfalls nach Osten, ist eine Flasche vom Dampfer „Kanzler“ geschwommen (No. 452); dieselbe be 
wegte sich, am 17. Februar 1896 kurz vor Port Said abgesandt, mit dem ebenfalls ostwärts treibenden Nil 
wasser zur Südküste Palästinas, täglich 14'/2 Sm. machend; dass aber westlich der Nilmündung auch eine 
entgegengesetzte Richtung, nach Westen, vorkommt, zeigt No. 447, eine Flasche, welche von S. M. S. „Loreley“ 
am 27. April 1893 in 31°33'N-Br. und 29°28'0-L. abgesandt und 46 Tage später 114Sm. westlich davon 
gefunden wurde. 
II. Südatlantischer Ozean. 
Wir trennen die westwärts getriebenen Flaschen von den ostwärts geschwommenen ; von den letzteren, 
die ganz im Süden, im Bereich der „braven Westwinde“, auftreten, ist aber nur eine geringe Zahl vor 
handen, welche erst nachher, zusammen mit den ganz gleichartigen, im südlichen Indischen Ozean abge- 
saudten Flaschen behandelt werden. Bleiben also jetzt nur die zur Ostküste Südamerikas gelangten Flaschen, 
die Westtriften. (Siehe Tafel 4.) 
Die Flaschenfunde beginnen im Norden hei dem Aequator; die Fortsetzung dieser Funde weiter nord 
wärts findet man auf Tafel 1—3; ein sachlicher Unterschied zwischen den nördlich und den südlich der 
Linie an der amerikanischen Küste gestrandeten Flaschen besteht natürlich nicht. Im Süden gehen die Funde 
nur bis zum La Plata. Wiederum sind es besonders die in der Fahrt nach Brasilien und Argentinien be 
schäftigten Dampfer, welche das hauptsächlichste Material geliefert haben, doch auch Segelschiffen werden 
Flaschenzettel verdankt. 
Es erklärt sich hieraus, dass die südatlantischen Flaschenreisen meistens vergleichsweise sehr geringe 
Distanzen ergeben; fast alle Flaschen sind westlich von 30° W-L. über Bord gesetzt worden, aus der öst 
lichen Hälfte des Südatlantischen Ozeans sind nur 4 Flaschen wiedergekommen, nämlich No. 3 (Tafel 4, B), 
ferner 2 nördlich von Ascension abgesandte und zur Nordhalbkugel übergetretene Flaschen, und endlich 
No. 6 der Tabelle vom Indischen Ozean. Die letztgenannte Flaschenpost ist höchst interessant; sie ist, weit 
jenseits des Kap Agulhas auf der Höhe von Natal ausgesetzt, mit der SW-Strömung bis zur Bank ge 
schwommen, hat dann irgendwie das Kap der guten Hoffnung doublirt (möglicherweise auf einem nördlicheren 
Kurse, als in Tafel 4, D. gezeichnet ist, d. h. über die Bank hinweg) und hat sich endlich vor dem Wind und 
mit dem Strom nach NW, W und SW bis zur brasilianischen Küste bewegt, wahrscheinlich nahe hei St. Helena 
passirend. Diese Flasche war etwa 1 :i /l Jahr unterwegs und muss täglich mindestens 7 Sm. Versetzung ge 
habt haben. — 
Grade die Kürze der südatlantischen Flaschentriften sowohl nach Zeit wie Raum gestattete eine Sich 
tung des Materials nach den Jahreszeiten. Es ist anderweitig genügend bekannt, dass nahe der Küste von
	        
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