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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1897 No. 2
Uebi'igens geht die Arbeitsmethode des Fürsten von Monaco schon über den Rahmen der für unsere
Untersuchung berücksichtigten Treibkörper insofern etwas hinaus, als hier eben nur die eigentlichen Flaschen
triften bearbeitet werden sollen. Anders geformte Treibkörper irgend welcher Art werden sehr leicht
anderen natürlichen Bedingungen in Bezug auf Richtung und Stärke der Trift unterliegen, weshalb dann
eine strenge Vergleichbarkeit nicht mehr möglich ist. Es ist ja ohne Weiteres klar, dass ein 100 Meter tief
eintauchender Eisberg in vielen Fällen eine andere Trift machen wird, als etwa eine schwimmfähige Frucht
oder als das Sargassokraut.
Es sei deshalb hier gleich bemerkt, dass in der nachstehenden Untersuchung im allgemeinen andere
Treibobjekte als speziell Flaschenposten nicht berücksichtigt sind.
Von Dr. Gumprecht haben wir eine ältere, lesenswerthe Abhandlung über „Treibprodukte der Strömun
gen im Nordatlantischen Ozean“, 1 ) und H. Bergbaus hat auf Blatt VI seines Atlas der Hydrographie 2 ) den
Namen „Treibfrachten“ der Meere benutzt, um ein alle Treibkörper umfassendes, allgemeines Wort zu haben;
auf diesem Blatt sind auch diejenigen Küsten, an welchen häufig Treibholz gefunden wird, durch besondere
Schraffirung hervorgehoben.
Schliesslich ist noch der Arbeiten H. C. Eussell’s in Sydney zu gedenken, welcher seit 1882 gelegent
lich auftretende Flaschenzettel gesammelt und seit 1888 durch Druck von Formularen und Vertheilung der
selben an die Führer der australische Häfen besuchenden Schiffe die Sache orgauisirt hat, sodass er neuer
dings in der Lage war, auf Grund einer grösseren Reihe von Flaschenfunden 2 Flaschenkarten, welche den
Südindischen Ozean und die Ostaustralischen Gewässer betreffen, unter Beifügung einiger bemerkenswerthen
Folgerungen zu veröffentlichen. 3 )
B. Die im Archiv der Seewarte befindliche Sammlung von Flaschenpostzetteln
und die Art ihrer Bearbeitung.
Das älteste der im Besitze der Seewarte befindlichen Originale von Flaschenpostzetteln giebt Kunde
von einer besonders interessanten und besonders grossen Trift; sie ging von Kap Horn bis zur Südküste
von Australien und bedeckte damit eine Entfernung von über 8500 Sin. Die Flasche (No. 1 der Sammlung,
II, No. 83 in vorliegender Arbeit) wurde durch E. Brinkmann, den Diener Dr. G. Neumayers, auf der
Reise des englischen Schiffes „Norfolk“, Kapt. Jonkin, von Melbourne nach London, bei dem Kap Horn
am 12. Juli 1864 ausgesetzt und am 9. Juni 1867 in 38°19'S-Br., 142° 10'0-Lg. bei Portland in Victoria,
(Südostaustralien) gefunden. Es sind nur noch 2 Flaschenposten im Archiv der Seewarte vorhanden, welche in
derselben Gegend eine gleiche Entfernung zurückgelegt haben, und es wird davon noch später die Rede sein.
Da auch diejenigen Flaschenreisen berücksichtigt worden sind, deren Originalzettel auf der Seewarte
zwar nicht vorhanden, welche aber in den „Annalen der Hydrographie etc.“, zumal in den älteren Jahr
gängen dieser Zeitschrift, gemeldet worden sind, so sind in der nachfolgenden Arbeit auch einige Flaschen
posten aufgeführt, die durch englische Schiffe ausgesetzt und ursprünglich in englischen Fachzeitschriften
veröffentlicht worden sind. Grade unter diesen ist eine Flasche, welche in einem noch früheren Jahre als
die eben erwähnte Flasche vom Schiffe „Norfolk“ abgesandt wurde, nämlich die des Schiffes „Kelso“,
(III, No. 1), welche am 16. April 1842 im südlichen Indischen Ozean (40° S-Br., 97° Ü-Lg.) ihren Weg begann
und in der Gegend von Melbourne am 13. Mai 1877 gefunden wurde: es ist dies zugleich diejenige Flaschen
trift, zwischen deren Abgangszeit und Fundzeit der längste Zwischenraum (35 Jahre!) liegt, wenigstens so
weit unsere Sammlung reicht.
Die von S. M. Schiffen abgesandten Flaschenposten wurden, wenn gefunden, an die Admiralität in
Berlin zurückbefördert; bis 1891 verblieben die Originale in Berlin und die Berechnung ihrer Trift wurde
in den „Annalen der Hydrographie etc.“ veröffentlicht, seit jenem Jahre aber werden die eingegangenen
Zettel gleichfalls dem Archive der Seewarte übermittelt. Wie schon oben 1 ) erwähnt wurde, bestand die
Sammlung der Seewarte am Ende des Jahres 1896 aus fast 600 Zetteln; es ist die hier vorliegende
Untersuchung mit No. 563 (inkl. und nach der Nummerirung im Archive der Seewarte) ab
geschlossen worden. In Wirklichkeit sind aber 643 Flaschentriften in den folgenden Tabellen nieder
gelegt, da noch einige 80 Flaschenposten lediglich den „Annalen der Hydrogr. etc.“ entnommen wurden.
s ) Zeitschrift für Erdkunde, Bd. III. Berlin 1854. S. 409—432.
2 ) Gotha 1891.
3 ) Journal of the li. Society of N. S. Wales (Sydney): „current papers“ No. 1 und 2, read 1S94, Okt. 3 und 1896, Sept. 2.