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Full text: 20, 1897

Dr. G. Neumayer: Anemometer-Studien auf der Deutschen Seewarte. 
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Fassen wir die in den vorhergehenden Abschnitten erhaltenen Ergebnisse zusammen, so kommen wir 
hinsichtlich der Reduktion der Anemometerangaben und der Methode der Anemometerprüfung zu folgenden 
Resultaten: 
1. Die Anwendung der Robinsonschen Regel, nach der die Schalenzentren unabhängig von den Dimen 
sionen der Anemometer sich bei Vernachlässigung der Reibung mit dem dritten Theile der Windgeschwin 
digkeit bewegen sollen, ist unzulässig; dieselbe giebt im allgemeinen zu hohe Werthe für die Geschwindigkeit, 
die, w T ie bei dem Normalanemometer der Seewarte gezeigt ist, bis zu 30 % und darüber fehlerhaft sein können. 
2. Die Reduktion der Anemometerangaben muss vielmehr nach eiuer empirischen Gleichung zwischen 
der Geschwindigkeit des Windes und der der Schalenzentren vorgenommen werden, deren Konstanten für 
jedes einzelne Instrument besonders bestimmt werden müssen. 
3. Eine Gleichung von linearer Form ist für alle praktischen Zwecke der Anemometrie vollkommen 
ausreichend. Die Hinzufügung eines quadratischen Gliedes, dessen Koeffizient sich in allen Fällen als sehr 
klein gezeigt hat, würde bei vollkommen gleichförmiger Luftbewegung allerdings die Genauigkeit etwas 
steigern; bei ungleichförmiger Bewegung, also namentlich im freien Winde, ist die Anwendung der drei- 
konstantigen Formel, wie eine einfache theoretische Betrachtung zeigt, nicht zulässig. 
4. Die Bestimmung des von der Schalengeschwindigkeit unabhängigen Gliedes der Anemometerformel, 
der sogenannten Reibungskonstante, leidet an einer ziemlichen Unsicherheit, wie eine Vergleichung dieser 
Grösse für Anemometer derselben Konstruktion und derselben Dimensionen zeigt, während die zweite, mit 
der Schalengeschwindigkeit multiplizirte Konstante in den extremsten Fällen Abweichungen von höchstens 
3—4°/o aufweist; in der That kann man ohne erhebliche Beeinträchtigung der Genauigkeit die Reibungs 
konstante innerhalb relativ weiter Grenzen ändern, wenn man der zweiten Konstanten eine entsprechende 
Aenderung von entgegengesetztem Vorzeichen ertheilt. 
5. Eine Ableitung der zweiten Konstanten aus den Dimensionen des Instruments, wie sie Dohrandt 1 ) 
für die von ihm geprüften Anemometer versucht hat, führte zu keinem befriedigenden Ergebniss, w*as offen 
bar dadurch bedingt ist, dass ausser den Dimensionen auch das Trägheitsmoment die Konstante in bedeu 
tendem Grade beeinflussen muss. 
6. Es ist deshalb auch nicht ohue weiteres zulässig, die Konstanten eines geprüften Anemometers auch 
für andere Instrumente derselben Konstruktion als gültig anzunehmen; man überzeugt sich davon leicht, 
wenn man für die verschiedenen Anemometer „Zschau“ die derselben Kontaktzahl entsprechenden Wind 
geschwindigkeiten berechnet, wobei man Abweichungen erhält, die sich unter Umständen auf 8—10”/») belaufen. 
7. Die Konstanten eines jeden Anemometers müssen daher für sich bestimmt werden und haben nur 
für das betreffende Instrument Geltung. 
8. Andererseits hat sich bei Wiederholungen der Prüfung eines und desselben Instruments gezeigt, 
dass selbst nach längerem Gebrauch uucl in einzelnen Fällen sogar nach Reparaturen die Konstanten ihre 
Gültigkeit beibehalten (vergl. die Konstantenbestimmung des Normalanemometers der Seewarte). 
9. Zur direkten Bestimmung der Konstanten eines Anemometers von kleineren Dimensionen eignet 
sich am meisten der Rotationsapparat. 
10. Die seiner Anwendung zu Grunde liegende Voraussetzung, dass der Druck der bewegten Luft 
gegen eine ruhende Fläche dem Widerstande gleich ist, den die mit derselben Geschwindigkeit gegen 
ruhende Luft bewegte Fläche erfährt, erscheint durchaus berechtigt und stellt mit den Anschauungen der 
theoretischen Mechanik über relative Bewegung vollkommen im Einklang. Es erscheint daher völlig ein 
wurfsfrei, sich der obigen Annahme zu bedienen trotz der gegentbeiligen Resultate einzelner Autoren, nament 
lich Duchemins, wenn auch zugegeben werden mag, dass bis zur definitiven Entscheidung dieser Frage 
die Messungen der Windgeschwindigkeit mit so geprüften Instrumenten nur relative Werthe geben können. 
11. Die Umstände, denen das Anemometer bei der Prüfung mit dem Rotationsapparat ausgesetzt ist, 
weichen erheblich von den bei seinem Gebrauch obwaltenden ab; indessen hat deren Einfluss in einer für 
praktische Zwecke genügenden Weise berücksichtigt werden können. Hierher gehört der Einfluss der kreis 
förmigen Bahn mit den Begleiterscheinungen des Mitwindes, der durch die Zentrifugalkraft verstärkten 
l ) F. Dohrandt, Repert. für Meteorologie. Bd. VI, No. 5, 17.
	        
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