Dr. G. Neumayer: Anemometer-Studien auf der Deutschen Seewarte.
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Die beiden letzten Werthe von C weichen von den übrigen ab; es erklärt sich dies durch die Un
sicherheit der Einstellung der Flüssigkeitssäule bei den grösseren Geschwindigkeiten, die fortwährende
Schwankungen bis zum Betrage von 2 cm zeigte, die wohl hauptsächlich durch die Bewegung des absperren
den Wassers im pneumatischen Kessel hervorgerufen werden. Der Werth 3.889 bei der Geschwindigkeit 1.22
im Sinne N-O-S-W weicht ebenfalls von den übrigen, die recht gut unter einander übereinstimmen, ver-
hältnissmässig stark ab; eine Ursache, die auf die Druckdifferenz hätte verkleinernd wirken können, war
nicht aufzufinden. Schliesst man die beiden letzten Werthe, die von vorn herein als unsicher betrachtet
werden müssen, aus, so erhält man als mittleren Werth:
C =r. 3.519.
Berechnet man mit diesem Werthe aus den beobachteten Werthen von P—P x die zugehörigen Ge
schwindigkeiten des Rohres und mit den Werthen von c nach der Formel des Recknagel-Anemometers No. 113
die Geschwindigkeit des letzteren, die man mittelst der bekannten Radien auf die Entfernung des Rohres
reduzirt, so erhält man die folgende Tabelle der Werthe für die Geschwindigkeit des Rohres.
Beobachteter
Werth
Nach Recknagel
No. 113
3.519 yp—l\
1.14
1.16
1.33
1.22
1.18
1.41
6.66
6.73
C.33
7.14
7.24
6.77
Die Uebereinstimmung der beobachteten und der nach der Formel für das Aspirationsanemometer be
rechneten Werthe ist vollkommen befriedigend; das Recknagel-Anemometer zeigt grössere Abweichungen,
die indessen von derselben Ordnung sind, wie die bei der Konstantenbestimmung desselben auftretenden.
Höhere Geschwindigkeiten konnten hei diesen immerhin nur vorläufigen Versuchen nicht angewendet
werden, da alsdann die Flüssigkeitssäule gänzlich aus dem Skalenrohre verschwand.
Weitere Untersuchungen über diesen Gegenstand mit speziell für diesen Zweck eingerichteten Appa
raten an Stelle des benutzten Differentialmanometers, dessen Skala, wie eben bemerkt, für grössere Ge
schwindigkeiten nicht mehr ausreicht, würden in vieler Beziehung von grossem Interesse sein.
Zu erwähnen ist noch, dass im Jahre 1888 eine Reihe von Versuchen mit dem Anemometer von
Werner von Siemens durch den Mechaniker Herrn Dürr von der Firma Siemens und Halske auf
der Seewarte ausgeführt worden ist, deren Ergebnisse aber nicht als befriedigend angesehen werden können.
Ganz dasselbe gilt auch von der direkten Vergleichung des Siemens sehen Instrumentes mit den Anemo
metern der Seewarte im freien Winde auf dem Westthurme, da die Messapparate nicht ausreichten und bei
einigermaassen frischem Winde, wie er last immer dort herrscht, nicht funktionirten.
Y. Versuche über den Einfluss von Bewegungshindernissen auf die Angaben
eines Robinsonschen Anemometers.
Die für die Anwendung des Anemometers wichtige Frage, inwieweit dasselbe durch unter ihm befind
liche, die freie Bewegung der Luft hemmende Hindernisse, wie z. B. die Wände des Gebäudes, auf welchem
dasselbe aufgestellt ist, beeinflusst werden kann, ist auf der Seewarte zum Gegenstände einiger gelegent
lichen Versuche gemacht worden, die mit dem Rotationsapparat in folgender Weise ausgeführt wurden.
Neben dem in gewöhnlicher Weise aufgestellten Anemometer war eine kreisförmige starke Metallscheibe
von ca. 25 cm Radius auf dem Arm des Rotationsapparates so angebracht, dass ihr Mittelpunkt in einer
Entfernung von 26.5 cm von der Anemometeraxe nach aussen und 43 cm über dem am Ende des Armes
befindlichen Ansatz lag.
Das benutzte, elektrisch registrirende Anemometer Zschau No. 103 war bei den Versuchen in zwei
verschiedenen Höhen angebracht : die Mitte des Schalenkreuzes lag das eine Mal in einer Höhe von 168.1 cm,
das andere Mal in einer Höhe von 67.1 cm über der Mitte der Scheibe. Zunächst handelte es sich darum,
den erzeugten Mitwind zu bestimmen. Bei diesen Versuchen befand sich die Mitte des Schalenkreuzes
67.1 cm über der Mitte der Scheibe und in einer Entfernung von 3.888 m von der Rotationsaxe des Apparates.