Dr. G. Xeumayer: Anemometer-Studien auf der Deutschen Seewarte.
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I. Die Räumlichkeiten und die Apparate für die Anemometer-Prüfung an der Deutschen Seewarte.
Die Prüfungsmethode.
1. Der zur Anemometer-Prüfung dienende Rotationsapparat ist in dem gegen die äussere Luft nach
allen Richtungen abgeschlossenen Lichthof des Hauptgebäudes der Deutschen Seewarte aufgestellt, welcher
einen nahezu kubischen Raum von je 10.3 m Länge und Breite und 11 m Höhe darstellt, der ringsum von
Korridoren umgehen ist, an denen Dienst- und Wolmräume belegen sind. Nur nach der südwestlich ge
legenen Hauptfagade hin ist die Reihe der gegen Temperatur-Veränderung und Luftzug schützenden Räume
durch den Eingang unterbrochen; doch ist ein schädlicher Einfluss dieser Lücke dadurch sehr vermindert,
dass das Hauptportal in eine Loggia führt, die nach aussen durch drei Glasthiiren verschlossen ist. Nach
oben wird der Prüfungsraum durch ein in der Höhe des Fussbodens des zweiten Stockwerkes, lim über
dem Boden liegendes, matt verglastes Staublicht begrenzt. Dasselbe ist in der Mitte durch eine pyramidale
über dem Kronleuchter angebrachte Oeffnung von ungefähr 0.5 Dm Fläche durchbrochen, welche in einen
nach oben durch das giebelförmige Glasdach abgeschlossenen Raum von 8.5 m Höhe und 10.3 m Länge und
Breite führt. Zu bemerken ist, dass in der SW- und in der NO-Seite des Giebels sich zwei einander dia
metral gegenüber liegende, durch Jalousieen verschliessbare Ventilations-Oeffnungen befinden von etwa 5 □ in
Fläche, auf die wir später zurückkommen werden.
Die vier Seitenwände des Lichthofs haben im Erdgeschoss und im ersten Stockwerk je drei grosse
Oeffnungen; im Erdgeschoss liegt die untere Kante derselben 1.5 m über dem Fussboden; ihre Breite be
trägt 1.9 m, ihre Höhe 2.8 m; doch gellt die mittlere Oeffnung an der SW-Seite, welche den Eingang bildet,
bis zum Fussboden hinab und ist durch ein niedriges eisernes Gitterthor verschlossen.
Die Oeffnungen an der NO- und NW-Seite sind durch Fenster vollkommen geschlossen; an den beiden
andern Seiten bilden sie unausgefüllte offene Bogen. Im ersten Stock liegen die Unterkanten der Oeffnungen
5.8 m über dem Boden; ihre Höhe beträgt 4.4 m, ihre Breite 2 m; sie sind sämmtlich unausgefüllt. Un
mittelbar über dem Fussboden befinden sich an drei Wänden je drei Fenster von 1 m Länge und 0 3 m
Höhe, die zum Keller führen; nur an der SW-Seite sind wegen der Eingangsthür nur zwei solche angebracht.
Dieselben werden während der Versuche stets geschlossen gehalten.
In Folge dieser zentralen Lage des Lichthofes sind erheblichere von aussen kommende Luftströmungen
wenigstens während der Dauer einer Versuchsreihe so viel wie möglich ausgeschlossen; auch die Temperatur
kann für einen kürzeren Zeitraum als nahezu konstant angesehen werden, wie längere Zeit fortgesetzte
Thermometer-Beobachtungen gezeigt haben; die täglichen Temperatur-Schwankungen bleiben im Mittel inner
halb eines Grades; meistens beträgt die Differenz zwischen 8 h a. m. und 4 11 p. m. nur wenige Zehntelgrade.
In der Nordecke befindet sich die gemauerte, mit einem Eisengeländer versehene Beobachtungskanzel,
die mit ihrer Wendeltreppe 1.2 m in den Lichthof vorspringt. Der Obertheil des Geländers liegt 2.3 m über
dem Fussboden, so dass der Beobachter den ganzen Raum frei überblicken kann und zugleich einiger-
maassen gegen etwa bei den Versuchen abgeschleuderte Stücke geschützt ist. Hier sind alle zum Dirigiren
des Rotationsapparates dienenden Theile angebracht. Ein Winkelhebel ermöglicht das Ein- und Ausrücken
der Maschine; eine mit einer empirischen Skala versehene Schraube gestattet auf eine bestimmte Winkel
geschwindigkeit einzustellen; endlich laufen alle elektrischen Leitungen in dem in unmittelbarer Nähe des
Beobachters befindlichen Chronographen zusammen.
2. In der Mitte dieses Raumes ist der nach den Angaben des Direktors der Seewarte von den Mecha
nikern W. Ritter in Altona und Frank von Liechtenstein, früher in Plamburg (jetzt in Charlottenburg),
angefertigte Rotationsapparat aufgestellt. Derselbe wird durch einen im Keller befindlichen 4pferdigen Gas
motor getrieben vermittelst einer in einem Kanal im Boden des Lichthofes verlaufenden Welle, die mit zwei
auf einander senkrechten Zahnrädern die Rotationsaxe des Apparates in Bewegung setzt.
Die Vorrichtung zum Variiren der Geschwindigkeit besteht in zwei im Keller parallel neben einander
angebrachten konischen Trommeln, deren abgestumpfte Spitzen nach entgegengesetzten Bichtungen liegen,
und über welche ein Riemen gekreuzt ist, der mittelst der schon erwähnten Schraube von der Beobachtimgs-
kanzel aus von einem Ende der Trommeln zum andern verschoben werden kann. Der eine Kegel trägt an
seiner grösseren Basis eine Riemenscheibe, die durch einen Treibriemen mit der Ivurbelaxe des Gasmotors
verbunden ist, und überträgt durch den gekreuzten Biemen seine Bewegung auf die andere Trommel. Diese
hat an ihrer kleineren Basis ebenfalls eine Riemenscheibe, durch die sie mittelst eines zweiten Riemens ihre