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Full text: 20, 1897

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S9T No. 4 — 
Auf Grund dieser einfachen Beziehung hat man über 20 Jahre lang die Robinson’schen Anemometer 
graduirt, resp. aus ihren unmittelbaren Angaben die Windgeschwindigkeiten berechnet, trotz der erheblichen 
Einwendungen, denen Robinson’s Theorie sowohl als seine sie scheinbar bestätigenden Versuche unter 
liegen. 
Der Haupteinwand gegen Kobinson’s Theorie ist der, dass er die statischen Bedingungen des Gleich 
gewichts für das Schalenkreuz aufstellt, anstatt die Gleichung für die Rotationsbewegung zu entwickeln. 
Die ganze Theorie baut sich sodann auf der Voraussetzung auf, dass die von Bor da für die Bewegung 
eines unterschlägigen Wasserrades in einem Kanal aufgestellte Formel auch für krumme Flächen in einem 
unbegrenzten Medium gültig ist; endlich wird vorausgesetzt, dass das mittlere Verhältniss des Druckes 
auf die konkaven Seiten zu dem auf die konvexen dasselbe bleibt wie für den senkrechten Einfall. Auch 
die Methode dieses Verhältnisses zu bestimmen, muss als sehr ungenau bezeichnet werden. 
Seine Versuche mit dem Rotationsapparat können ebenfalls nicht als beweiskräftig gelten, da die 
höchste erreichte Geschwindigkeit nur 5 m per Sekunde betrug, da ferner die Mitbewegung der Luft nicht 
berücksichtigt wurde, und da endlich das Anemometer auf dem Apparat mit horizontal liegender Axe an 
gebracht war, also ganz andere Reibungswiderstände erfahren musste als bei der im Gebrauch angewandten 
Vertikalstellung. 
Versuche mit fliessendem Wasser, wie sie Robinson ferner anstellte, dürfen aber bei Anemometer- 
Prüfungen wegen der ganz verschiedenen hier in Betracht kommenden Eigenschaften der Flüssigkeiten und 
Gase (Dichte, Kompressibilität, Reibung etc.) gar nicht angewandt werden. 
Ebenso wenig beweisend wie die Robinson’schen sind die im Jahre 1860 mit einem Rotationsapparat 
im Freien von Glaisher 1 ) angestellten Versuche, bei denen der Mitwind und der freie Wind nicht berück 
sichtigt wurden. Aus den mitgetheilten Zahlen in dem sehr kurzen Bericht würde man eher schliessen 
können, dass der von Robinson angenommene Faktor 3 um 6% zu hoch sei und sich bei Berücksichti 
gung des Mitwindes noch mehr erniedrigen würde. 
Auf Beobachtung gestützte Bedenken gegen die Allgemeingültigkeit des Robinson’schen Faktors 
wurden zuerst im Jahre 1872 von Fenwick Stow 2 ) geäussert, der bei der sorgfältigen Vergleichung von 
10 Robinsoifsclien Anemometern von verschiedener Form und Grösse im freien Wind fand, dass sowohl 
die Grösse der Schalen, als auch die Länge der Arme entgegen der bisherigen Annahme von Einfluss sei. 
Zu demselben Ergebnisse führten die von Stokes 3 4 ) diskutirten Versuche, dieJeffery und Whipple eben 
falls im Jahre 1872 mit drei verschiedenartigen Robinson-Anemometern im Freien mit einem Rotations- 
Apparat angestellt hatten. 
Die ersten umfassenden mit grösster Umsicht und sorgfältigster Berücksichtigung aller Umstände aus 
geführten Experimental-Untersuchungen über die Konstanten-Bestimmung der Anemometer, besonders der 
Robinson’schen, sind von Dohr an dt 1 ) in den Jahren 1873 und 1877 mit dem Rotationsapparat des 
physikalischen Central-Observatoriums zu St. Petersburg unternommen worden, durch welche vor allem die 
Methode der Prüfung im wesentlichen festgestellt wurde. 
Dohr an dt’s Arbeiten haben sich bis zur Gegenwart zahlreiche Einzeluntersuchungen in St. Petersburg, 
auf der Deutschen Seewarte, in England und Amerika angeschlossen, die sowohl die Bestimmung der Kon 
stanten der einzelnen Instrumente, als die Methode selbst zum Gegenstand hatten; dieselben werden in 
einem späteren Abschnitt an geeigneter Stelle eingehend besprochen werden. 
In Folgendem ist der Versuch gemacht, unter besonderer Berücksichtigung der an der Deutschen See 
warte angestellten, zum grössten Theile noch nicht veröffentlichten Untersuchungen eine zusammenfassende 
Darstellung der Methode der Anemometer-Prüfung und der bisher auf diesem Gebiete gewonnenen Ergebnisse, 
die in der Litteratur sehr zerstreut und zum Theil nicht leicht zugänglich sind, zu geben. Eine am Schlüsse 
beigefügte Zusammenstellung der Litteratur dieses Gebietes, bei der möglichste Vollständigkeit angestrebt 
wurde, dürfte jedem sich für dasselbe Interessirenden nicht unwillkommen sein. 
') Greenwich Magnetical and Meteorological Observations. 1S66. Introduction, pag. 4S. 
2 ) Fenwick Stow, Quart. Journ. Met. Soc. I, 41. 1872. 
3 ) Stokes, Proceedings R. Soc. XXXII, 170. 1881. 
Nature, XXIV, '250. 
Oesterr. Zeitsebr. XVII, '29. 
4 ) F. Dohrandt, Repertorium für Meteorologie, IV, No. 5. 1874. VI, No. 5. 1S7S.
	        
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