Dr. H. Rauschelbach: Harmonische Analyse der Gezeiten des Meeres. I. Teil. 7
und der Hessenschen Formelentwicklungen stattgefunden, das noch Mängel aufdeckte, die teilweise
schon im Börgensehen Verfahren liegen, teilweise aber erst durch Hessen in das Rechnungsverfahren
hineingebracht sind. Auf solche Mängel will ich zunächst näher eingehen.
a. Einfluß der Windstau-Restbeträge.
Aus einer Reihe von 24 Mittelwerten, die für die vollen mittleren Sonnenstunden gelten, lassen
sich nach den älteren Verfahren die Sonnentiden S t , S 2 , S 4 , S 6 ableiten; ebenso können aus einer
Reihe von 24 Mittelwerten, die auf volle Tidenstunden bezogen sind, die harmonischen Konstanten
dieser Tiden ermittelt werden. Zur Erläuterung der Formeln, die auf Grund der Regeln der Aus
gleichsrechnung aufgestellt sind, seien folgende Gleichungen angeführt:
(9) h t = A 0 -f R x -cos (it — f x ) -f R* x • cos (2it — C 2x ) + ■ • ■ >
wenn ht den Wasserstand zu einer bestimmten Tidenstunde t über seinem mittleren Wert A 0 und
, R 2x und C x , fax, • • • die Amplituden und Phasen der gesuchten eintägigen Tide x, der halbtägigen
Tide 2x usw. bezeichnen; i ist hier gleich 15° und t nacheinander gleich 0, 1, 2, 3, • • • 23 zu setzen.
Wird nun geschrieben
Ri • COS tx = Al , Äj • sin f x = By ,
(10) RiI • cos f st => A-2, R 2 j ■ sin £** = Bi,
so ist
(11) ht = A 0 + Ay • cos it + By • sin it 4- A-i • cos -|- B 2 • sin 2it
I)a i = 15° und t ganzzahlig ist, so müssen die Werte aller vorkommenden Kosinus und Sinus
entweder 0, + sin 15°, + sin 30°, + sin 45°, + sin 60°, + sin 75° oder -+- 1 sein. Die Formeln
zur Bestimmung von A 0 , Ay, By , A<>, B 2 , ■ ■ ■ werden nun sehr einfach, weil in den auf gestellten
Normalgleichungen die Summen der Kosinus und Sinus und ihrer Produkte, wie später noch gezeigt
werden wird, verschwinden. Es ergeben sich nämlich die Normalgleichungen
t - 23 t = 23 t = 23
24 A 0 = A 1 ht , 12 Ai = 2 ht • cos it, 12 By — 2 h t • sin it,
t - o / o ( o
(12) (-23 (-23
12 A-z = 2 ht ■ cos 2it, 12 B 2 = 2 ht ■ sin 2it, • ■ ■
(—0 (—0
Da bei den eintägigen Tiden ht zur Berechnung von Ay oder By mit cos it oder sin it und
ht +12 mit —cos it oder —sin it zu vervielfältigen ist, wird die Bildung der Produkte einfacher an
den Unterschieden ht — h t + i2 ausgeführt; ebenso können bei den halbtägigen Tiden die entsprechenden
Unterschiede jedesmal zwischen ht und ht + e gebildet werden.
Da in die Berechnung der Ay, By, A 2 , B%, • • • also nur die Unterschiede je zweier um be
stimmte Stunden auseinander liegender Mittelwerte eingehen, so folgt daraus, daß es zur Ermittlung
dieser Größen ganz gleichgültig ist, von welchem Nullpunkte aus die einzelnen Wasserstände gezählt
werden; ebenso ist es von untergeordneter Bedeutung, ob die zu den Mittelwerten vereinigten
Einzelwerte langperiodischen oder auch unperiodischen Schwankungen unterworfen sind, vorausgesetzt,
daß die Beobachtungen einen genügend langen Zeitraum umfassen.
Nach dem Börgensehen Verfahren gelten nun die Gruppensatzwerte, die zur Ermittlung der
harmonischen Konstanten gebildet werden, bei allen Tiden, mit Ausnahme der Sonnentiden, S [)(
nicht für die vollen Tidenstunden, sondern für die mittleren Sonnenstunden. Die Folge ist, zumal
i nicht mehr gleich 15°, sondern den Winkelgeschwindigkeiten der verschiedenen Tiden gleich zu
setzen ist, daß die Summen der Kosinus und der Sinus und ihrer Produkte nicht mehr verschwinden
( — 23
— z. B. ist 2 cos z'nj, t — — 3.28 x ) —; d. h., daß die Größen Ay , By, A% , B>, ■ ■ - nicht nur von den
( — 0
Schwankungen in den Gruppensatzwerten, sondern auch vom Betrage dieser Werte selbst abhängig
sind. Borgen geht hierauf nicht ein; Hessen zeigt, daß die Glieder mit Aq dadurch herausfallen,
!) Vgl. auch Tabelle 2.