3.2 Strömung
System Nordsee
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Die Strömungsmuster im Frühjahr (AMJ) entsprachen prinzipiell denen vorangegan
gener Jahre (Loewe et al. 2003, 2005, 2006). Intensität und Stabilität waren dabei
ähnlich schwach ausgeprägt wie im Frühjahr 2004. Die höchsten Reststromgeschwin
digkeiten traten in der südlichen Nordsee sowie vor der norwegischen Küste auf. Der
baltische Ausstrom erstreckte sich sehr weit nach Westen. Dieser Modellbefund wird
zwar durch Salzgehaltsmessungen im Oberflächenwasser erhärtet, die ein Vordringen
von Ostseewasser entlang 57° N bis etwa 2° E anzeigen (vgl. Abb.3-31, S. 137)\ die
Güte des Strömungsfeldes in der nördlichen Nordsee und im Skagerrak wird jedoch
durch klimatologische Randbedingungen beeinträchtigt.
Im Unterschied zum zyklonal geprägten Strömungsfeld des Vorjahres zeigte die Ober
flächenzirkulation im Sommer 2005 (JAS) aufgrund des schwachen Windantriebs kein
großräumiges Muster, sondern lediglich kleinskalige diffuse Strukturen. In der zentra
len Nordsee entwickelten sich sowohl zyklonale als auch antizyklonale Wirbel, die je
doch nur eine geringe Stabilität aufwiesen. Auch der Einstrom von Atlantikwasser über
den nordwestlichen Rand war schwächer ausgeprägt als im Vorjahreszeitraum. Das
dicht unter der norwegischen Küste ausströmende Ostseewasser rezirkulierte im Ska
gerrak und breitete sich außerhalb Jütlands südwärts aus.
Im Herbst 2005 wechselten die vorherrschenden Winde von S über SW nach NW
(z. B. Tab. 2-3, S. 57), so dass sich ein großräumiges zyklonales Zirkulationsmuster in
dieser Jahreszeit am klarsten ausgeprägte. Insbesondere aufgrund der schwachen
Luftdruckgegensätze im Dezember (vgl. Abb. 2-10,S. 55) war das Strömungsfeld jedoch
weit weniger stabil als in der Vorjahressaison. Der Nettoeinstrom von Atlantikwasser
im Nordwesten und durch den Kanal war infolge wechselnder Ein- und Ausstrompha
sen gering (s. Abschnitt 3.2.3,5.83). Die höchsten Strömungsgeschwindigkeiten traten
außerhalb der niederländischen und deutschen Küste sowie im stabilen baltischen
Ausstrom über der Norwegischen Rinne auf.
3.2.3 Wassertransporte
Die hier diskutierten Wassertransporte durch die Straße von Dover, den Westrand der
Deutschen Bucht, den Nordrand der Nordsee und das Kattegat basieren auf simulier
ten Strömungen des operationeilen Zirkulationsmodells des BSH. Die Modellergeb
nisse wurden zunächst über zwei Tideperioden von etwa 24.8 Stunden gemittelt, um
Gezeiteneffekte zu eliminieren. Die Volumentransporte durch die Querschnitte sind als
Tagesmittel und übergreifende Monats- und Quartalsmittel für das Jahr 2005 in
Abb. 3-2 bis Abb. 3-4 dargestellt, wobei in die Nordsee bzw. Deutsche Bucht gerichtete
Transporte positives Vorzeichen haben. In den Zeitreihen der täglichen Transporte
wurden Sturmereignisse markiert, deren Stärke und Typus dem Wetterlagenkalender
entnommen werden können (vgl. Tab. 2-1,5.45).
Mit 0.04 Sv lag der Nettotransport durch den Englischen Kanal auf Vorjahresniveau
und im Bereich langjähriger Mittel (Smith et al. 1996). Demgegenüber erreichten Ta
gestransporte in den Winter- und Herbstmonaten - und nicht selten in Verbindung mit
Sturmereignissen - Spitzenwerte um 1 Sv. Wie Abb. 3-2 belegt, besteht zwischen den
Transporten durch den Kanal und den Westrand der Deutschen Bucht eine enge Kor
relation auf allen Zeitskalen. So waren die starken Einstromphasen im Januar und Ok
tober 2005 mit ostwärts gerichteten Wassertransporten (+) in der westlichen Deut
schen Bucht verknüpft. Phasen stabilen Ausstroms durch den Kanal und den
Westrand der Deutschen Bucht traten vor allem im Februar und ab Mitte November