2 Atmosphärenphysik
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System Nordsee
biete abbilden. Die besondere geographische Lage der Nordsee im Übergangsbereich
von Islandtief und Azorenhoch bedingt die Unterdrückung von hybriden und wirbelhaf
ten Zirkulationsmustern, die auf kürzeren Zeitskalen für transiente Drucksysteme nicht
nur charakteristisch sind, sondern auch vorherrschen (vgl. Tab. 2-2, 5. 45).
Nachfolgend werden die monatlichen Druckverteilungsmuster des Jahres 2005
(Abb.2-10) und deren Abweichungen vom klimatologischen Zustand (Abb.2-11) disku
tiert 1 . Die zugeordneten Zirkulationsmuster sind in Tab. 2-3, 5. 57 zusammengefasst
und früheren Ergebnissen zu >Wetterlagenstatistik< und >Nordatlantische Oszillation<
gegenübergestellt.
Anders als im Vorjahr stimmen die aktuellen Druckverteilungsmuster qualitativ nur in
2 Fällen, nämlich im März und August, mit den klimatologischen Mustern überein, wie
identische Klassifizierungen (SW, W) belegen. Anhand der Abweichungen von der Kli
matologie (Abb. 2-11) wird jedoch deutlich, dass im März eine erheblich abgeschwäch
te SW-Zirkulation herrschte. Die Intensitätsanomalie bei »normaler« Zirkulationsform
(SW) illustriert nebenbei die Wirkung des in diesem Monat extrem negativen NAO-In-
dex (- 3.7). Tatsächlich stellen diese diffusen Druckverhältnisse im Nordseeraum eine
Fortsetzung ähnlicher Verhältnisse im Februar dar, für den bereits früher eine annä
hernde Gleichverteilung der Hauptwetterlagen festgestellt worden war (Abb. 2-7, 5. 49).
Gemeinsam mit ungewöhnlich häufigen Sturmereignissen im Januar resultierte ein
»schizophrener« Winter, dessen zunächst anomal milde Temperaturbedingungen
durch einen relativ strengen Spätwinter kompensiert wurden.
Die geringsten Abweichungen vom klimatologischen Zustand ergaben sich für den
Zeitraum Juni bis September. Starke linksdrehende Richtungsabweichungen traten
insbesondere im April aber auch im Oktober auf und bedingten eine S-liche Anströ
mung, die überdurchschnittliche Erwärmungs- bzw. unternormale Abkühlungsraten
der Nordsee zur Folge hatte. Die schwachen klimatologischen Luftdruckgegensätze
im April und Mai (Abb. 2-9, 5. 53) sind Ausdruck etwa gleichverteilter Richtungswetterla
gen. Die recht starken Anomaliemuster (Abb. 2-11,5.56) bilden sich in dieser Jahreszeit
fast unverändert in den aktuellen Luftdruckdruckverteilungen ab (Abb. 2-10,5.55). Die
W-Anströmung führte im Mai 2005 zu einer Renormalisierung des fortgeschrittenen
saisonalen Temperaturanstiegs.
Rechtsdrehende Druckanomalien traten außer im Januar auch im Dezember auf. Im
zweiten Fall zeichneten sich diese durch abnormen Hochdruck über dem Nordmeer
und negative Druckabweichungen über Kontinentaleuropa aus (Abb. 2-11,5.56). Die
ses NE-Muster schlug sich im Nordseeraum, ähnlich wie bereits im Februar und März,
in einer diffusen, abgeschwächten Zirkulation nieder, die den Abbau des abnormen
Wärmeüberschusses der Nordsee aus dem »goldenen« Herbst voran brachte.
Ein Vergleich der Anomaliemuster mit der häufigsten Wetterlage des jeweiligen Mo
nats zeigt (Tab. 2-3,5.57), dass letztere die Monatsmuster meistenteils dominieren. Da
diese Hauptwetterlagen selbst oftmals anomale Häufungen darstellen, ist dies nicht
allzu überraschend. Abweichungen von dieser grundsätzlichen Übereinstimmung er
geben sich vor allem aus der Beschränkung der >Wetterlagenstatistik< auf 6 Hauptty
pen sowie für »pathologische« Monate, für die sich keine einzelne dominante Wetter
lage angeben lässt.
1. Die aktuellen Druckverteilungsmuster lassen sich als additive Überlagerungen der Klimatologie- und Ano
maliekomponenten auffassen. So resultiert beispielsweise die W-Anströmung Im Januar 2005 als gualitative Vektor
summe der Komponenten SW und NW (vgl. Tab. 2-3, S. 57).