Skip to main content

Full text: 55, 1936

Dt. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens 
9 
Abstieg. Leider sind Beobachtungen sehr lückenhaft, so daß über die Termine des Beginns und des Aufhörens 
von Temperaturen über Null wenig ausgesagt werden kann. Es scheint so, als ob der Nullpunkt wesentlich später 
erreicht wird als bei Valsörarna, meist erst im Januar. Auch der Anstieg setzt öfter im April schon ein, wo er bei 
Valsörarna erst im Mai beginnt. Als kühle Sommer sind zu bezeichnen: 1923 mit maximal 14° Wärme, 1926 mit 
14,5°, 1928 mit 15° (meist nur 12—13°) und 1929 mit 14°; letzterer zeichnet sich wie an den anderen Stationen 
auch durch sehr langsame Abkühlung im Herbst aus, so daß erst im März der Nullpunkt erreicht wurde. Warme 
Sommer waren dagegen 1924 und 1927, wo allerdings die höchste Wärme schon am 11. Juli mit 21° erreicht wurde 
und dann rasch abfiel. Es zeigt sich hier die gleiche Abhängigkeit warmer Winter von voraufgegangenen kühlen 
Sommern (und umgekehrt) wie an den anderen Stationen. 
Als letzte Beobachtungsstation folgt Market im Südkvark. Die Temperaturen sind hier etwas ausgegliche 
ner gegenüber denen der nördlichen Stationen. So werden zwar 20° gelegentlich erreicht, die Minimal 
temperaturen des Hochsommers sind dagegen selten tiefer als 15°. Nur das Jahr 1928 zeigt einen sehr kühlen 
Sommer, der im Maximum nur 13,5° erreichte. Das Maximum fällt ebenfalls auf Ende Juli bis Anfang August, 
dagegen sind die Termine des Anstiegs und des Abstiegs gegenüber den bisherigen sehr verschieden. Im Jahre 
1925 wurde sogar der Nullpunkt überhaupt nicht erreicht. Meist erhebt sich die Temperatur schon im März über 
den Nullpunkt, um ihn erst wieder Ende Februar — Anfang März zu erreichen. An diesem Kennzeichen kommt 
die maritime Lage der Station klar zum Ausdruck, sowie die südliche Lage am Eingänge zur eigentlichen Ostsee, 
deren Wasser im Winter meist nie zufriert. 
Zusammenfassend ergibt sich über die Temperaturbeobachtungen an den besprochenen Stationen, daß eine 
Beziehung zwischen kühlem Sommer und kaltem Winter sowie eine solche zwischen warmem Sommer und mildem 
Winter nachweisbar ist, daß aber, wie der Sommer 1929 zeigt, dank anhaltender Zufuhr von Warmluft im Herbst 
auch ein sonst kühler Sommer nicht zwingend einen kalten Winter zur Folge haben muß, dies dürfte jedoch als 
Ausnahme anzusehen sein. Ferner zeigt sich, daß die Sommertemperatur nach Norden eher steigt, während die 
Wintertemperatur im Norden länger unter bzw. auf 0° bleibt, daß also im Herbst im Norden ein größerer 
Wärmevorrat abgebaut werden muß als im Süden. Der winterliche Gegensatz zwischen vereistem Norden und 
weniger vereistem Süden des Bottnischen Meerbusens wäre also noch größer, wenn nicht die sommerlichen Tem 
peratu rverhältnisse diesem entgegenarbeiten würden. Im Süden macht sich die Entfernung von dem lappländisch 
finnischen Kältezentrum und gleichzeitig die Zufuhr wärmeren Wassers aus dem Ostseebecken geltend. Auch im 
nördlichen Teile der Bottensee, südlich des Nordkvark (Norrskär), ist eine winterliche Temperaturmilderung zu 
verzeichnen, die außer in der südlicheren Lage auch in der freien Meerlage ihre Ursache haben dürfte. In Meer 
gebieten mit größeren Tiefen wird sich der Wärmevorrat viel langsamer erschöpfen, so daß infolge Konvektion 
stets für Nachschub wärmeren Wassers aus der Tiefe gesorgt wird. Dies dürfte auch für den Südkvark zutreffen. 
der erhebliche Tiefen aufweist. 
Eine Beeinflussung der Frühjahrstemperatur ihrerseits durch das Eis ist anzunehmen. Fest steht, worauf 
mehrfach hingewiesen wurde, daß der Anstieg der Temperatur erst nach dem Schmelzen des Eises einsetzt, da der 
Schmelzprozeß eine Wirkung der Sonneneinstrahlung auf das Wasser selbst verhindert. Die Wärme wird für das 
Schmelzen verbraucht, und das Schmelzwasser besitzt zunächst eine wenig über Null liegende Temperatur. Der 
Anstieg der Temperatur des Seewassers hinkt also erheblich hinter dem Anstieg der Lufttemperatur nach. Hierbei 
ist ferner noch zu bemerken, daß der Anstieg der Lufttemperatur in den hohen Breiten hinter dem unserer süd 
lichen Ostsee nachhinkt infolge der dort im Frühjahr herrschenden nördlichen bis östlichen kalten Luftströmungen, 
die wieder eine Folge der Eisbedeckung der Barentsee sind, so daß sich dort im Frühjahr, durch die Eis 
bedeckung verursacht, ein thermisches Hoch ausbildet. Die tieferen Lufttemperaturen der nördlichen Ostsee sind 
also nicht ohne weiteres als eine Folge der Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens selbst zu betrachten, son 
dern das Verzögern des Temperaturanstieges im Frühjahr der Luft sowie dadurch auch indirekt des Wassers ist 
eher eine Folge der Eisverhältnisse des nahen Eismeeres (vgl. später). 
Besondere Beachtung verdient ferner der Vorgang der Homogenisierung der Wassertemperatur im Früh 
winter. Unter Homogenität wird hier der Zustand verstanden, der erreicht ist, wenn sich infolge der Abkühlung 
die Temperatur in allen Schichten des Wassers soweit geändert hat, daß allenthalben die größte Dichte herrscht, 
also rund +4°. Vor diesem Stadium bedingt eine Abkühlung der wärmeren Oberschicht Konvektionsströme, die 
aber mit Erreichen der größten Dichte aufhören. Nach dem Homogenitätsstadium beginnt das Stadium der ,.Eis 
reife“: das Oberflächenwasser wird kälter und bleibt als nunmehr wieder spezifisch leichter an der Oberfläche, 
der Gefrierprozeß kann also einsetzen. Die Eisreife wird bei ca. 0° erreicht, zwischen Homogenität und Eisreife 
muß also noch einige Zeit vergehen, während der die Temperatur der größten Dichte sich auf die Gefriertempe 
ratur erniedrigen muß. Folgende Temperaturserie vom Feuerschiff „Nahkiainen“ aus dem Jahre 1930 mag den 
Vorgang der Homogenisierung erläutern: 
Datum: 
Om: 
5 m: 
10 m: 
20 m: 
25 m: 
1. VIII. 
18,0° 
13,6° 
5,5° 
4,4° 
3,9° 
21. VIII. 
8,7° 
7,8° 
6,2° 
4,8° 
4,2° 
21. IX. 
7,7° 
7,6° 
7,6° 
7,6° 
7,6° 
21. XL 
4,0° 
4,0° 
4,0° 
4.0° 
4,0°
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.