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Full text: Jahresbericht 1872

(! 
Allgemeiner 
Charakter 
der 
Arbeiten der 
Seewarte. 
Zur 
Erinnerung 
Personal der 
Seewarte. 
Zweig 
stationen. 
Die Seewarte hat es von Anfang an vermieden , den Schwerpunkt ihrer 
Thätigkeit in kurzen gelegentlichen Mittheilungen zu suchen, wozu ihr die so 
zu sagen aus allen Gegenden der Erde eingehenden Wetterbücher allerdings 
Gelegenheit genug boten. Von der Ansicht ausgehend, dass dazu die Tages 
blätter und Fachzeitschriften den nöthigen Raum bieten, hat sic vielmehr darnach 
gestrebt, das grosso ihr zuströmende Material zu umfassenden Arbeiten zusammen 
zu drängen, als deren letztes Ziel Scgelanweisungen für die grossen Routen auf 
der ganzen Erde erscheinen. Die Seewarte benutzt aber zu diesem Werke direct 
nur die Erfahrungen deutscher Schiffe, deren Führung, Bauart und Ausrüstung 
ihr bekannt sind, weil Leistungen und Erfahrungen fremder Nationalitäten theils 
an sich vielfach als unzutreffend für unsere Verhältnisse zurückzuweisen sind, 
theils wegen mangelnder Controlle gerechte Bedenken erregen, eine Fusion des 
halb nur Oonfusion anrichten würde, und darum auch von andern Instituten 
refüsirt wird. Da die Vorbereitungen zu solchen Arbeiten sehr weitläuftiger 
Art sind, und namentlich eine ungeheure Masse Material dazu gesammelt werden 
muss, — die holländische Seewarte hat vor Kurzem monatliche Segelanweisungen 
von Java nach dem Kanal veröffentlicht, wozu 1142 Reisen, also für jeden Monat 
durchschnittlich 100 Reisen holländischer Schiffe benutzt sind — so erklärt es 
sich leicht, warum wir erst jetzt beginnen können, mit oceanischen Segelwegen 
an die Ocffentlichkeit zu kommen. Die Arbeit ist indessen schon zu umfang 
reich geworden, um sie dem Jahresbericht so einzuverleiben, wie wir voriges 
Jahr die 1188 Dampferreisen zwischen dem Kanal und Newyork in einem Anhänge 
beilegten; sie wird als selbstständige No. V. unserer Mittheilungen alsbald dem 
Jahresberichte naebfolgen. 
Einen herben Verlust hat im verflossnen Jahre die Seewarte erlitten, dadurch, 
dass der Herr Dr. Soetbeer, seitheriger Secrctair der Handelskammer, und als 
solcher an der Gründung und Leitung des Instituts zunächst betheiligt, seinen 
Wohnsitz von hier nach Göttingen verlegt hat. Wie er mit raschem Blick das 
Zeitgemässe der Stiftung erkannte, so hat er mit tiefster Einsicht in die Bedürf 
nisse des Instituts demselben ein unverändertes Wohlwollen entgegengebracht, 
und wird die Seewarte sein Andenken als das ihres wärmsten und werkthätigsten 
Freundes bewahren. 
Das Personal der Central-Station ist der Zahl nach dasselbe geblieben; 
statt des in den Dienst der Kaiserlichen Marine zurückgetretenen Herrn Lieutenant 
Darmer ist Herr Kapitain Schlick aus Brieg für das Institut gewonnen; die 
älteren Assistenten, Herr Obersteuermann Mewes aus Hamburg, Unterlieutenant 
der Seewebr a. D. Reinert aus Brombcrg und Herr Kapitain Koldewey fungiren 
in gewohnter Weise weiter. 
In den Zweigstationen ist keine Veränderung eingetreten. Die Zweigstation 
Bremerhaven fahrt fort, uns theils durch die grosse Anzahl der von den Segel 
schiffen der Weser geführten Wetterbücher kräftig zu unterstützen, theils durch 
die grosse Menge der von den Dampfern des Norddeutschen Lloyd in Bremen, 
laut genereller Instruction, also amtlich, geführten Wetterbücher schätzbarste 
Materialien zur Kenntniss des nordatlantischen Oceans und der westindischen 
Sec zu liefern. Es ist dort das Prinzip der Leistung und Gegenleistung in einer 
Weise durch geführt, wie es leide;- noch nicht von allen Stationen in gleicher 
Weise zu rühmen ist. Von der Ostseefiotte betheiligen sich immer noch ver- 
hältnissmässig wenig Schiffe an den Arbeiten der Seewarte; wir bemerken aber um so
	        
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