XXII
12) Aux Cayes, Hayti, 18° 9' X., 73° 47' W. 31. Dec. 1870.
Im Allgemeinen wird dieser Hafen als einer der gesündesten auf der Insel
angesehen, und dieses mit Recht. Während des ganzen Jahres weht am Tage
eine schöne Seebrise und auch die Nächte sind verhältnissmässig kühl, ja im
Monat Dccember wird es selbst empfindlich kalt.
Während der letzten drei Monate ist weder gelbes Fieber, noch Cholera
vorgekommen. Diese Epidemien kommen hier eigentlich überhaupt nicht vor,
es sei denu, dass sie von anderen Inseln hergeschleppt würden. Wechsclfieber
und Dysenterien sind schon etwas häufiger, werden aber nur dann gefährlich,
wenn sie beim ersten Auftreten vernachlässigt oder falsch behandelt werden.
Sterbefälle unter der weissen Bevölkerung an einer der obigen Krankheiten
sind während der letzten drei Monate nicht vorgekommen.
Seit Beginn des Krieges haben wir leider keine deutsche Schiffe in unserm
Hafen gesehen, doch ist der Gesundheitszustand an Bord der Schiffe der übrigen
Nationen während der letzten drei Monate vollkommen gut gewesen.
Vorsiohtsmassregeln sind nicht nöthig. Man hüte sich, Nachts unter freiem
Himmel, auf Deck zu schlafen und sei mässig im Genüsse aller Spirituosen.
Beim Beginn von Wechselfieber oder Dysenterie nehme man sofort den
Rath eines Arztes. Kühlende Getränke und später Chinin sind beim Wcchscl-
ficbcr die wirksamsten Mittel, Dysenterie wird durch strenge Diät geheilt.
Ein französischer Arzt und mehrere Eingeborne sind hier thätig. Hospitäler
giebt es nicht, indessen bringt man kranke Seeleute gewöhnlich in Privathäusern
unter, wo sie eine bessere Pflege, als in irgend einem Krankenhause, gemessen.
IV. Südamerika.
13) La Guayra, 10° 36'N., 66° 57'W., (Venezuela), 10. October 1870.
Einer der gesündesten Orte. Herrschen auf Schiffen schlimme Krankheiten,
so sind sic in der Regel von aussen eingeschleppt. Im letzten Vierteljahr nichts
derartiges und kein Verlust auf Schiffen.
Es besteht seit vielen Jahren ein Hospital für fremde Seeleute, dessen
Fortbestand aber jetzt wegen Mangel an Mitteln zweifelhaft wird.
14) Puerto Cabello, 10°30'N., 68° l'W., (Venezuela), 19. Oet. 1870.
Die hier vorherrschende Krankheit ist das gelbe Fieber (vomito nero).
Dasselbe tritt eigentlich nur 4—5 Monate unter den europäischen Matrosen
auf, während der 7—8 übrigen Monate guter Gesundheitszustand. Nach dem
Schreiben verdient die Stadt nicht ganz den schlechten Namen, den sic in ge
sundheitlicher Beziehung in der Welt hat.
Es herrscht Gelbfieber in jedem Jahre, bald stärker, bald schwächer, tritt
gewöhnlich Ende November auf und dauert bis gegen Mitte April, in der Zeit,
wo die Nächte sehr kühl im Vergleich zu der am Tage herrschenden Hitze.
Seit September 1869 sind 21 deutsche Schiffe hier angekommen, wovon
3 Kapitaino und 4 Matrosen starben, einer der ersteren an anderer Krankheit,
die übrigen am gelben Fieber. Es war übrigens fast die ganze Mannschaft jener
Schiffe erkrankt.
Hospitäler im europäischen Sinne existiren nicht, die Kranken werden meist
auf den Schiffen behandelt.
15) Georgetown, (Denierara) 6° 49' N., 58° 12' W. Britisch Guiana,
33. Sept, 1870,