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Full text: Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie

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Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie usw. 1926, 
Erhöhung der Jahresmitteltemperatur im Gebiet des Nordatlantischen 
Ozeans. 
Von W, Grosse, Bremen, 
(Hierzu Tafel 1 mit Figuren 1 bis 12.) 
Die außerordentlich starke Erhöhung der Temperatur in den drei Winter- 
monaten, die sich aus der Bearbeitung der Bremer Beobachtungen ergeben hatte, 
veranlaßte mich, aus der wertvollen Arbeit F, Baurs über die Grundlagen einer 
Vierteljahrsvorhersage für Deutschland die am Schluß zusammengestellten Ab- 
weichungstabellen für 49 bis 54 Jahre zu verwenden, um die Beziehungen zu den 
Temperaturwerten anderer deutschen Orte, ferner zu Alten und Vardö in Nord- 
norwegen, zu Üpernivik und Jacobshaven in Westgrönland, zu fünf Stationen der Ost- 
hälfte der Vereinigten Staaten, vor allem aber auch zu den Lüuftdruckabweichungen 
zwischen den Azoren und Island festzustellen, 
Die von mir in der Zeitschrift „Wetter“ (1924 S. 89—94) kurz bearbeitete 
kleine Klimaänderung für die letzten 25 Jahre muß nach den Arbeiten Petters- 
sons und Meinardus ihre Ursache in einer veränderten Beeinflussung des Nord- 
westeuropäischen Klimas durch den Golfstram und die Eisdrift zwischen der Ost- 
seite Grönlands und Islands haben. Meinardus hat in seinen Arbeiten festgestellt, 
daß das ganze nordatlantische Gebiet sowie die benachbarten Küstengebiete in 
Hinsicht des Luftdrucks eine Einheit bilden. Er hat daher vom Islandtief aus 
nach Osten, Westen und Süden die Unterschiede des Luftdrucks festgestellt. Zwischen 
den Azoren und Island sind die Unterschiede im Jahresmittel 10,8 mm, Die 
Schwankung beträgt 11.5 mm, und zwar nach der positiven Seite 5.4, nach der 
negativen —6.1. Schon Hildebrandson hatte nachgewiesen, daß zwischen den 
Azoren und Island eine Wechselwirkung besteht, die für das Westklima in Europa 
und für das Ostklima in Nordamerika von Bedeutung ist. Auch die beiden Eis- 
ströme, der Labradorstrom nach Neufundland und der Grönlandstrom nach Island, 
stehen dazu in Beziehung. Beschleunigte Warmströme in der Golfdrift erhöhen, 
verzögerte erniedrigen die Wirkung, Die Neigung zu Abweichungen des Luft- 
drucks nach der positiven oder negativen Seite pflegt längere Dauer zu haben, 
Sie werden daher auch in langjährigen Mittelwerten hervortreten. Es sind offen- 
bar Kräfte vorhanden, die jede Verstärkung oder Schwächung der Zirkulation 
für längere Zeit zu erhalten suchen. Jede Verstärkung der Zirkulation im Golf- 
strom vermehrt auch den Neufundländer Eisreichtum, Da eine kalte Drift des- 
selben sich an der Ostküste Amerikas entlang schiebt und die gleichzeitig be- 
schleunigte Aktivität des Golfstromes nach einigen Monaten an die Westküsten 
Europas gelangt, so wird, wenn in den eisreichsten Monaten April und Mai bei 
Neufundland eine Verstärkung durch den Weg der schnelleren Golfdrift statt- 
MHindet, etwa drei Vierteljahr später, also in den ersten Monaten des nächsten 
Jahres, eine Hebung des Temperaturmittels eintreten. Dem Eisreichtum bei Neu- 
{undland entspricht übrigens eine Eisarmut bei Island und umgekehrt. Auch 
dieser Umstand wird das westeuropäische Winter- und Frühjahrsklima beeinflussen, 
Die schwersten Eisjahre bei Island sind übrigens zur Zeit der Maxima und Minima 
der Sonnenflecken, in der Zwischenzeit sind sie leichter, so daß die Periode etwa 
fünf Jahre beträgt. Nach Pettersson muß an der norwegischen Küste von Januar 
bis April eine gleichsinnige Temperaturabweichung sein, wie im Dezember vorher, 
ebenso im August und September sowie im Juli. Meinardus ist der Ansicht, 
daß diese Vorhersage nicht nur für Skandinavien, sondern für ganz Mitteleuropa 
verwendet werden kann, Es handelt sich dabei aber nicht um absolute Prognosen 
des Mittelwertes, sondern um relative im Vergleich mit dem vorigen Jahre, Von 
Meinardus ist in der Zeitschrift „Wetter“ bereits 1897 festgestellt, daß mit hoher 
prozentischer Wahrscheinlichkeit der Charakter der Temperatur zu Beginn des 
Winters in Christiansund dem des Frühlings in Mitteleuropa ähnlich ist. Je größer 
die Luftdruckunterschiede nach Osten, Westen und Süden von September bis Januar 
sind, um so höher ist die Temperatur des Golfstroms und die von Mitteleuropa.
	        
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