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)
Köppen-Heft der Annalen der Hydrograpbie usw. 1926,
In der früher zitierten Arbeit habe ich auch versucht, die Größenordnung
von A aus der mittleren meridionalen Temperaturverteilung an der Erdoberfläche
selbst zu bestimmen. Es zeigte sich, daß ein Austausch von 10-107 die beob-
achteten Werte am besten wiedergibt. Die Annahme, daß die atmosphärische
Zirkulation allein diese Temperaturverteilung gegenüber der Ein- und Aus-
strahlung aufrecht erhält, läßt sich nicht halten. H, v. Ficker hat mich zuerst
aufmerksam gemacht‘), daß die durch die Meeresströmungen transportierten Wärme-
mengen gewiß auch beim Zustandekommen der meridionalen Temperatur verteilung
an der Erdoberfläche mitwirken. Auch A, Ängström%?) hat darauf hingewiesen,
daß die ozeanische Zirkulation mitbeteiligt ist und daß unter Berücksichtigung
dieses Umstandes die aus der meridionalen Temperaturverteilung abgeleitete Aus-
iauschgröße wohl auf die Hälfte, demnach wieder auf rund 5 10’reduziert werden muß,
A. Ängström hat wieder einen anderen Weg eingeschlagen, um die Größen-
ordnung des Zirkulationsaustausches zu ermitteln. Der Unterschied zwischen der
mittleren jährlichen Verdunstungs- und Niederschlagsmenge an einer Stelle der
Erde muß, da die Feuchtigkeitsverhältnisse der Atmosphäre im allgemeinen als
stationär angesehen werden müssen, auf eine meridionale Verschiebung von
Wasserdampfmengen zurückgeführt werden. Diese Verschiebung wird von der
horizontalen atmosphärischen Konvektion besorgt. Ängström zeigt nun, daß
sich der Unterschied zwischen Verdunstung und Niederschlagsverteilung, der nach
den neueren Werten von G. Wüst®) jetzt genauer bekannt ist, sich am besten
aus einer Austauschgröße A = 4.5 107 erklären läßt.
Fassen wir die Ergebnisse aller Methoden zusammen, so zeigt sich eine voll befrie-
digende Übereinstimmung in denselben: die Größenordnung des Austausches
der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation ist 5 107 cm“! g sec—L
Durch die Zirkulation in den Ozeanen werden ebenfalls bedeutende Wärme-
mengen in meridionaler Richtung verschoben. Man könnte versuchen, die Größe
dieser Wärmemengen auf ähnlichem Wege zu schätzen, wie im Falle der Atmo-
sphäre. Allerdings sind wir über die durchschnittliche meridionale Wasserver-
firachtung im Ozean noch wenig unterrichtet und noch weniger über die Größe
der Störungsgebiete der ozeanischen Zirkulation, Entweder könnten als solche
die Stromwirbel in den Grenzgebieten verschieden gerichteter Strömungen (so-
wohl die stationären, die durch den größeren topographischen Zwang, dem die
ozeanischen Strömungen unterliegen, feststehen) als auch die längs der Grenz-
flächen fortschreitenden angesehen werden oder auch die großen Strömungs-
zirkulationen der Ozeane, bei denen aber im wesentlichen in den einzelnen Teilen
der Ozeane die Stromrichtung beständig bleibt und nur über die ganze Breiten-
ausdehnung der Meere angenähert ein Gleichgewichtszustand in den während
eines längeren Zeitraumes verschobenen Wassermassen besteht.
Die Größe des „ozeanischen Austausches“ ließe sich bei der Kenntnis der
meridional verschobenen Wassermengen in derselben Weise wie früher bestimmen.
W., Schmidt*) hat in seiner Abhandlung „Strahlung und Verdunstung an freien
Wasserflächen; ein Beitrag zum Wärmehaushalt des Weltmeeres und Wasserhaus-
halt der Erde“ aus dem Vergleich der tatsächlich beobachteten (reduzierten)
Verdunstungsmengen und jenen Verdunstungsmengen, die sich aus der gegebenen
gesamten Energiezufuhr an der betrachteten Stelle der Meeresoberfläche ergeben,
die Wärmemengen berechnet, die durch den Wassertransport in meridionaler
Richtung im Ozean verschoben werden. Die von Schmidt reduzierten Ver-
dunstungsmengen können wir jetzt durch die von G. Wüst®) aus dem Gesamt-
material der Beobachtungen nach genauer Abschätzung aller Fehlerquellen ab-
geleiteten Werte ersetzen und nun aus den in den einzelnen Breitenzonen tatsächlich
verfügbaren und für die beobachtete Verdunstung erforderlichen Wärmemengen
den meridionalen Wärmetransport neu bestimmen. Die so gefundenen Werte
weichen nur wenig von den von Schmidt ermittelten ab, insbesondere ist die
meridionale Verteilung im Wesen ungeändert geblieben. Für höhere Breiten sind
1) In einem Briefe vom 27, November 1921. — 2) ]. ce. 8.8. — % Zeitschr. f, Erdkunde 1922,
Nr.1@. — 4) Ann, d. Hydr. usw. 1915, S. 111. — % G. Wüst, Die Verdunstung auf dem Meere.
Veröff. d. Inst. £, Meereskunde in Berlin, Neue Folge, Heft 6, 1920.