Perlewitz, P.: Wladimir Köppen zum 80. Geburtstag,
fassung gelegentlich erschwerten, Leider konnte er keine Lehrtätigkeit im großen
in Hamburg entfalten, da die Universität damals noch fehlte, Köppen selbst
egntbehrte dies sehr. Nur in kleinen Kreisen, dem Kolloquium der Seewarte, in
wissenschaftlichen Vereinen, in Lehrkursen von Marineoffizieren und in Privat-
kreisen, u. a. auch an regelmäßigen literarischen Abenden mit den Familien
Gustav Falke, Otto Ernst, Dr. Ernst Schulze, Dr. H. Spiero, lauschte die
Hörerschaft gern seinen angenehmen und unterhaltend übermittelten Belehrungen.
Dtto Ernst gab viel auf sein Urteil. Köppens Fachliteraturkenntnisse, sein
Gedächtnis und sein Wissen auf universellem Gebiet stempelten ihn zum Poly-
histor. Die Spezialwissenschaft fordert heute meist die ganze Kraft eines Mannes,
so daß es kaum noch Polyhistoren gibt, wie es z. B. die Humboldts oder Goethe
waren, Für Goethe und seinen Faust hatte Köppen besondere Vorliebe; er
spielte im Familienkreise den Faust oder Mephisto, während seine Tochter Else
ihm als Wagner oder Schüler entgegentrat:
„Was man nicht weiß, das eben brauchte man,
Und was man weiß, kann man nicht brauchen.“
Die Drachenstatlion der Deutschen Seewarte baute Köppen 1903 (Abbild.) mit
großer Liebe auf; ich hatte die Freude, ihm dabei zu helfen. Schon 1898 hatte er
seine ersten Versuche mit Drachen gemacht, die er als ein wichtiges Werkzeug zur
Erforschung des dreidimensionalen Luftmeeres betrachtete, der Hauptforderung
schon damals für Fortschritte in der Meteorologie, und als Vorläufer des Flug-
zeugs und einstigen Luftverkehrs, für den sich Köppen wie wenig andere ein-
setzte, wenn er auch selbst seine erste Luftreise im Freiballon erst 1904 machte.
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Drachenstation der Deutschen Seewarte in Großborstel bei Hamburg.
Die praktische Nutzanwendung seiner Wissenschaft war ihm nicht Haupt-
zweck, Er forschte der wissenschaftlichen Befriedigung und Förderung wegen.
Seine Stellung an der Deutschen Seewarte, die ja als praktisches Institut auf
wissenschaftlicher Grundlage errichtet war, brachte es aber mit sich, daß oft
praktische Aufgaben durch die Wissenschaft zu lösen waren. So schuf er die
Grundlagen einer maritimen Meteorologie, insbesondere für die Seefahrer, und
trug dadurch seinen Teil dazu bei, daß die deutsche Handelsschiffahrt um und
nach der Jahrhundertwende zu einer Blüte kam, um die uns eine Welt beneidete.
Zur Frage der Organisation der Deutschen Seewarte nahm Köppen, worauf
mich G. Castens aufmerksam machte, am 24. August 1917 wie folgt Stellung”
„+. Der Unterzeichnete hat den Vorteil dieser Verknüpfung (Zusammensetzung des Beamten-
körpers der Secwarte aus Gelehrten und Praktikern) deutlich empfunden, als er vor vier Jahrzehnten
durch die Berufung an die Scewarte sich in eine für ihn neue Welt versetzt sah. Ihm, der in Ge-
Ichrtenkreisen aufgewachsen war, brachte der frenndschaftliche Umgang auf gleichem Fuße mit
erfahrenen Segelschiffsführern, unter denen er die Kapitäne Haltermann, Hegemann und Dink-
lage besonders nennen möchte, eine große Erweiterung seines Gesichtskreises,“