Sterneck, R.; Zur Theorie der halbtägigen Gezeiten des Aülantischen Ozeans,
%
V. Ergebnisse. Aus Tabelle 8 entnehmen wir zunächst, daß auf Grund der
Theorie der Längs- und Querschwingungen die Hafenzeiten längs der Mittel-
linie überall ungefähr 2,3h oder 8,3 (Greenw.) betragen müßten, mit
ganz sprunghaften Übergängen. Die Beobachtungen zeigen aber im südlichen
Teil gerade das Gegenteil dieser Erscheinung, nämlich ein durchaus gleich-
mäßiges Fortschreiten der Hafenzeiten von Süden gegen Norden (vgl. Fig. 1}.
Ein solches wäre nur erklärbar, wenn sich die Knotenlinien der 4b-Schwingung
gegen jene der 1h-Schwingung beim Fortschreiten gegen Süden um nahezu ein
Viertel einer Wellenlänge (9 Querschnittsintervalle) verschöben, was aber
auf Grund der in Tabelle 3 enthaltenen Rechnungsresultate keineswegs der Fall
sein könnte; die theoretische Verschiebung wäre vielmehr ganz unbedeutend
(kaum */, Querschnittsintervall), Auch die Berücksichtigung des Mitschwingens
der Nebenmeere (Baffinbay, Nordsee, Mittelmeer, Golf von Mexiko, Karibisches
Meer), von der wir hier Abstand genommen haben, könnte an dieser Tatsache
nichts ändern. Denn das Mitschwingen jedes dieser Nebenmeere würde Wasser-
quantitäten erfordern, die den Amplituden %, und x, an der Mündungsstelle
proportional wären, also auch ihrerseits zu keiner Verschiebung der Knoten-
linien der 1*-Schwingung gegen jene der 4b.Schwingung Anlaß geben könnten,
Auch auf die genaue Lage des Amphidromiezentrums kommt es dabei nicht an;
würden wir es etwas weiter südwestlich annehmen, so würde die theoretische
Verschiebung eher noch kleiner werden.
Die Konstanz der Hafenzeiten längs der Mittellinie, mit sprung-
haften Änderungen um je 6 Stunden ist eben eine für das Vorhandensein
bloßer Längs- und Querschwingungen charakteristische Erscheinung; sie
zeigt sich z. B. mit aller Deutlichkeit im Adriatischen Meere, wo wir als Hafen-
zeit längs der Mittellinie im ganzen nördlichen Teil überall 10%, im südlichen
überall 45 (mitteleur, Zeit) beobachten. Im Atlantischen Ozean herrschen aber
oöffenbar wesentlich andere Verhältnisse,
Wir wollen auch noch die theoretischen Amplituden %, und y, längs
der Mittellinie mit den in der Nähe derselben beobachteten vergleichen, In
Fig. 3 ist dieser Vergleich graphisch durchgeführt. Die beiden Kurven stellen
den theoretischen Fig. 3
Verlauf der Ampli- m
tuden %, (bzw. 4)
vom Querschnitt 7
bis 50 nach Tab. 3
dar, die Punkte
entsprechen den be-
öbachteten Werten
#, und %, aus Tab, 2.
Am Querschnitt 12
(Azoren) ist die
Übereinstimmung
durch die Wahl
der Intepgrations-
konstanten künstlich hergestellt; von hier aus gegen Süden ist zwar bei %ı eine
halbwegs gute, hingegen bei %, wohl nicht die geringste Übereinstimmung
zwischen Theorie und Beobachtung zu bemerken. Am Querschnitt 39 (St, Helena)
liegt nach den Beobachtungen ein Schwingungsbauch der 4b-Schwingung, die
Theorie ergibt aber an dieser Stelle einen Knoten, Am Querschnitt 47.4 (Tristan
da Cunha) liegt dagegen nach den Beobachtungen nahezu ein Knoten der
4 Schwingung; die Theorie ergäbe aber gerade an dieser Stelle. einen Schwingungs-
bauch, Größer kann der Widerspruch überhaupt nicht sein,
Nun mußte aber doch bei beiden Komponenten Übereinstimmung mit den
Daten längs der Mittellinie bestehen, wenn die hier entwickelte Theorie zuträfe,
Letzteres ist also entschieden nicht der Fall. Sicher besteht zwar eine Längs-
schwingung mit der Epoche 1b, die mit den Daten längs der Mittellinie recht
gut stimmt; es müßte aber zu ihr, wie die Beobachtungen zeigen, noch eine