Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1930.
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Zur Verbesserung der Aufstiegstechnik der Registrierballone und der
Registrier- und Auswertungsmethoden, mit dem besonderen Ziel der Erreichung
extrem großer Höhen, wurden folgende Arbeiten ausgeführt:
1. Rechnerische Ermittlung der günstigsten Ballonfüllung für Hochaufstiege.
2. Experimentelle Untersuchung der Gummieigenschaften von Pilot- und
Registrierballonen verschiedener Firmen (Zerreißfestigkeit, Dehnbarkeit
und ihre Kälteabhängigkeit).
3. Bestimmung der Temperaturkorrektion der Bourdon-Barometer mit einem
Apparat für tiefe Temperatur und gleichzeitig tiefen Druck; Berück
sichtigung dieser Korrektion bei Hochaufstiegen.
4. Bestimmung der Thermometerträgheit und ihre Berücksichtigung bei der
Auswertung der Registrierungen.
Zur Weiterbildung der aerologischen Meßtechnik war die Versuchs
anstalt beschäftigt mit der Verbesserung der Konstruktion von Flugzeug- und
ventilierten Freiballon-Meteorographen, ferner mit dem Bau eines Raketen
meteorographen. Die Sonderuntersuchung eines Doktoranden, in wesentlicher
Zusammenarbeit mit der Wetterflugstelle, beschäftigte sich mit der Abhängigkeit
der Thermometerträgheit von der Luftdichte und dem Bau eines nachwirkungs
freien Aneroids mit Einkristall-Spannfeder.
Es stiegen im Jahre 1930 192 Pilotballone, hauptsächlich mit dem Ziele
der Erreichung größerer Höhen, in Verbindung mit der Arbeit der Wetterflug
stelle und Flugwetterwarte, auch als Hilfsmittel für die Wettervorhersage und
die Sicherung des Luftverkehrs. 49 Pilotballone drangen in die Stratosphäre
ein, von ihnen stiegen 7 auf über 15 km Höhe und 1 auf 19.5 km.
21 Registrierballonfahrten wurden 1930 an internationalen Terminen
gemacht, davon 15 im September. Von diesen wurden 18 Instrumente aufgefunden
und die Registrierungen ausgewertet, gemeldet und zum Druck vorbereitet. Ihre
mittlere Gipfelhöhe betrug 18 km, 2 Aufstiege überstiegen 33 km infolge der
Bemühungen zur Steigerung der Höhenleistung.
Zwei wissenschaftliche Freiballonfahrten am 11. Februar und 22. Ok
tober 1930 wurden zur Ausbildung junger Meteorologen und zu aerologischen
Vergleichsmessungen gemeinsam mit Aufstiegen der Wetterflugstelle veranstaltet.
Damit verbunden wurden Untersuchungen über die Lufttrübung. Zu beiden Fahrten
stellte der Hamburger Verein für Luftfahrt seinen Ballon „Hamburg“ zur Ver
fügung. Die Führung hatte Prof. Wigand, Mitfahrer waren am 11. Februar
Dr. Seilkopf, Dr. Markgraf und Dipl.-Ing. Baumann, am 22. Oktober Dr. Rödiger,
Dr. Becker und Dr. Frankenberger.
Zum Betrieb der maritimen Aerologie wurden im wesentlichen von der
Werkstatt aus gemeinsam mit dem Seeflug-Referat 3 Forschungsfahrten aus
gerüstet, und zwar nach West-Indien im Januar mit Dr. Classen und Dr. Dinkel
acker, nach West-Afrika im März mit Dr. Raethgen und Dipl-Ing. Baumann,
nach West-Afrika im Oktober mit Dr. Geiger und Dr. Wagner. Die 5 atlantischen
Bordpilotstationen wurden von der Versuchsanstalt technisch überwacht und mit
Materialien und Intrumenten laufend versorgt. Zwei dieser Bordpilotstationen
wurden zu Anfang des Jahres mit Einweisungsfahrten von Dr. Lohr und Dr. Mey
auf der nordatlantischen Linie in Betrieb gesetzt.
c) Beobachtungs- und Versuchstätigkeit.
Die laufenden Beobachtungen der Meteorologischen Station I. Ordnung bei
der Versuchsanstalt in Großborstel sind im Hinblick auf den Umzug eingestellt
worden und werden nach Beendigung der neuen Einrichtung wieder aufgenommen
und durch laufende Strahlungs- und luftelektrische Messungen ergänzt werden.
Die gemeinsam mit dem Meteorologischen Universitäts-Institut unternommenen
Forschungsarbeiten beziehen sich auf Strahlung, Sicht und Luftelektrizität.
Erwähnt seien die Untersuchungen über die elektrischen, optischen und meteoro
logischen Eigenschaften des Nebels, sowie die Untersuchungen über Gewitter-
Elektrizität und die schnellen Schwankungen des luftelektrischen Feldes; ferner
Feinregistrierungen derWindstruktur und Entwicklung einer Sicht-Meßmethode auf