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Aus dem ÄrcMv der Deutschen Seewarte — 1891 No. 1 —
Deutschen Seewarte von 1877—1890 war man unablässig bemüht, auf der im Vorstehenden genugsam ge
kennzeichneten Grundlage die Navigirung des Nordatlantischen Ozeans stets sicherer zu gestalten. In der
Hoffnung, dass andere maritim-meteorologische Institute in gleicher Weise folgen würden, hat die Direktion
die meteorologischen Beobachtungen für 8 Uhr Morgens von Juli 1877 bis Dezember 1879, also 2*/2 Jahr
in extenso über den ganzen Nordatlantischen Ozean veröffentlicht. Erst als sie erkannte, dass man nicht
gewillt sei, in der vorgezeichneten Weise zu folgen, gab die Direktion der Seewarte, wenn auch mit auf
richtigem Bedauern, diesen Versuch auf.
Für die Zeitschrift „Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie“ bearbeitete die Äbthei-
lung I 579 grössere und kleinere Mittheilungen nach Berichten in den Schiffs-Journalen und Schreiben von
den Schiffsführern, 44 grössere Aufsätze, Originalarbeiten der Beamten der Abtheilung, und 1426 Reise-
Berichte nach Schilfs-Journalen, die sich auf alle, den Seehandel berührenden Meere und Meeresküsten
erstreckten. Die Beiträge für diese Zeitschrift seitens der Seewarte bilden eine Quote von 40 bis 50% der
sämmtlichen in dieser umfangreichen Zeitschrift veröffentlichten Arbeiten.
Um die Beobachtungen des Systems der Seewarte zur See in noch reichlicherem Maasse zu Zwecken
der praktischen Schifffahrt auszunutzen, wurde ein anderes Werk, das zwanglos erschien, in’s Leben
gerufen: „Der Pilote, ein Führer für Segelschiffe“. Es sind bereits 5 dieser stattlichen Bände
erschienen und in die Hände der Mitarbeiter zur See der Deutschen Seewarte gelegt worden. Zwei weitere
sind bearbeitet und sollen demnächst erscheinen, womit diese Publikation, welche nur bis zum Erscheinen
won Segelhandbüchern als zweckmässig erachtet wurde, ihr Ende erreichen soll.
Das Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean nebst einem Atlas von 36 Karten, welches
die physikalischen Verhältnisse von 60° Nord bis 60° Süd nach allen Richtungen behandelt, erschien im
Jahre 1885. Es sei erwähnt, dass in diesem Werke die Windverhältnisse von Fünfgradfeldern in der
älteren Weise dargestellt sind, und zwar in Vierteljahre geordnet, wie sie keine Nation vollkommener besitzt,
wobei hervorzuheben ist, dass das gesammte Material von Engländern, Franzosen, Holländern und Deutschen
zu diesem Zwecke herangezogen wurde. Das Segelhandbuch selbst behandelt alle Routen auf dem Atlantischen
Ozean in eingehender Weise nach neuesten Gesichtspunkten in seinem zweiten Theile, während in seinem
■ersten mehr allgemeinen Gesichtspunkten und allgemeinen Erörterungen eingehendste Sorgfalt gewidmet wird.
Das Segelhandbuch für den Indischen Ozean nebst einem Atlas von 35 Karten wurde nach
ganz denselben Gesichtspunkten, die soeben für den Atlantischen Ozean dargelegt wurden, bearbeitet. In
diesem Falle beziehen sich die Darstellungen, soweit die ozeanischen Gebiete dabei in Frage kommen, von
25° Nord bis 60° Süd. In beiden Werken sind die Windverhältnisse auch noch nach einer anderen Methode,
die sich 'als besonders anschaulich und praktisch erweist, dargestellt. Es bezieht sich dies für den Indischen
Ozean auf die Tafel 20 und 21 des Atlas, wobei heiworgehoben wird, dass die Darstellung nicht in Viertel
jahren, sondern nach den Monsun-Jahreszeiten für den Indischen Ozean gewählt wurde.
Im Laufe der Zeit, und zwar zuerst seit 1880, werden Treibeis-Karten auf der Route von Europa
nach Amerika und zurück veröffentlicht, wenn immer das Material dazu vorhanden und die Veröffentlichung
für die praktische Schifffahrt von Nutzen sein kann. Solche Karten sind bis jetzt in 31 Ausgaben heraus-
gegeben und darf es wohl betont werden, dass sie die ersten dieser Art waren, die überhaupt erschienen
sind; erst später folgte man anderwärts in ähnlicher Weise nach.
Die Deutsche Seewarte gab eine Isogonenkarte (Karte der magnetischen Variation) für 1890 heraus
nebst einer Skizzenkarte über die Säkular-Aenderung dieses erdmagnetischen Elementes. Diese Karte,
welche sich auf die ganze Erde von 60° Nord bis 60° Süd bezieht, ist unter allen vorhandenen die neueste
und trägt damit den Bedürfnissen der praktischen Schifffahrt in hervorragender Weise Rechnung.
Aus den vorstehenden Darlegungen geht hervor, dass die Deutsche Seewarte durch Herausgabe von
Aufsätzen grösseren und kleineren Umfanges, von Werken und Atlanten bemüht war, den praktischen
Interessen der Schifffahrt in einer Weise zu dienen, wie es sicherlich in keinem anderen Lande in er-
höhterem Maasse der Fall war. Wenn dieses in einzelnen Fällen nicht anerkannt wurde, so liegt es an der
ünkeuntniss und mangelhaften Einsicht der betreffenden Leute. Gegenwärtig wird mit allem Nachdrucke
die Bearbeitung des Stillen Ozeans betrieben, so dass in wenigen Jahren der Herausgabe eines Segel
handbuches nebst Atlas auch für dieses Gebiet entgegengesehen werden kann, und zwar wird auch hier vor
Allem darauf Bedacht genommen werden, das rezente deutsche Beobachtungs-Material verwerthet zu sehen.