Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1931.
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A. Allgemeiner Teil.
I. Zur Geschichte der Deutschen Seewarte.
Entsprechend den Sparmaßnahmen und den Notverordnungen des Reichs
wurden die laufenden Arbeiten und Aufgaben durchgeführt, soweit die Mittel
und das Personal ausreichten.
An wichtigen Ereignissen seien genannt:
1. Das von der Deutschen Seewarte vor 50 Jahren für die deutschen welt
wirtschaftlichen Bedürfnisse begründete Netz von überseeischen meteorologischen
Stationen hatte bei Kriegsausbruch, besonders in den deutschen Kolonien, einen
Ausbau erfahren, dem selbst heute nur wenige Nationen Gleichwertiges an die
Seite zu stellen haben. Das durch den Weltkrieg fast gänzlich vernichtete
Kulturwerk wird durch die zahlreichen in Übersee wieder tätigen Deutschen von
neuem begonnen. Immer größer wird die Zahl derer, die freiwillig und unent
geltlich an der Förderung der weltwirtschaftlichen Interessen des Deutschen
Reiches mitarbeiten. Das von ihnen gesammelte meteorologische Beobachtungs
material darf nicht verloren gehen. Die berechtigte Forderung der Beobachter,
ihnen die Gewähr dafür zu bieten, daß der Zweck, dem ihre Mühe und Arbeit
dienen soll — nämlich brauchbare Unterlagen für die Rationalisierung von
Verkehr und Wirtschaft zu gewinnen —, wirklich erreicht wird, muß erfüllt
werden. Daher hat die Deutsche Seewarte mit dem 1. April 1931 das dem
Präsidenten unmittelbar unterstellte Referat für koloniale und überseeische
Meteorologie und Klimatologie errichtet. Mit seiner Führung ist der frühere
Referent für den meteorologischen Landesdienst im Schutzgebiet Kamerun be
auftragt worden, der jetzige Studienrat Dr. W. Semmelhack. In der Erkenntnis,
daß es für die deutschen Belange an der Verkehrs- und wirtschaftspolitischen
Aufschließung der Welt und für die Bedürfnisse hamburgischer Schiffahrts- und
Wirtschaftsunternehmungen in Übersee eine dringende Notwendigkeit ist, dem
überseeischen meteorologischen Dienst erhöhte Beachtung zu widmen, haben der
Hohe Senat und die Oberschulbehörde der Freien- und Hansestadt Hamburg in
großzügiger und entgegenkommender Weise Dr. Semmelhack zur Deutschen See
warte beurlaubt. Die hiermit der Anstalt durch den Hamburgischen Staat zuteil
gewordene tatkräftige Förderung ihrer Arbeiten legt der Seewarte die Ver
pflichtung auf, auch an dieser Stelle dem Hamburger Senat und der Oberschul
behörde ihren aufrichtigen Dank auszusprechen.
2. Im Mai erreichte die Seewarte die Trauernachricht vom Ableben des
Professors Dr. Alfred Wegener auf Grönlands Eis. Für ihn als einstigen Ab
teilungsleiter der Deutschen Seewarte wurde am 30. Mai im Sitzungssaal in
Gegenwart des Hamburgischen Kommissars für die Deutsche Seewarte, Herrn
Senators Dr. de Chapeaurouge, Sr. Magnifizenz des Herrn Rektors der Hambur
gischen Universität, Prof. Dr. Brauer, und des gesamten Personals der Anstalt
eine Erinnerungsfeier abgehalten, bei der Prof. Dr. Kuhlbrodt das Lebensbild
Wegeners und seine Verdienste um die Seewarte auf wissenschaftlichem Gebiete
schilderte.
Reg.-Rat Dr. Georgi, der im Frühjahr 1930 mit Wegener zur Deutschen
Grönland-Expedition aufgebrochen war, kehrte am 29. September 1931, nachdem
er 13 Monate unter schwierigsten Lebensbedingungen und großen Strapazen die
Station Eismitte geleitet hatte, mit zahlreichen meteorologischen und aerologischen
Beobachtungen wohlbehalten nach Hamburg zurück. Er wurde im Sitzungssaal
feierlich begrüßt.