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Jahresbericht der Deutschen Seowarte für 1906.
Im Laufe des Berichtsjahres ist der Instrumentdrache 18mal mit mehr oder
weniger großen Teilen des ganzen Gespanns abgerissen, wobei 84 km Draht fort
getragen wurden (im Vorjahre 84 km), wovon nur kurze, zu Zweigleinen und zum
Bau von Drachen taugliche Stücke geborgen werden konnten.
Von den 18 Fällen des Abreißens wurden 2 durch Blitzschläge verursacht,
wobei 11,7 km Draht zerstört wurden, die Erdleitung der Winde aber wie bisher
tadellos funktioniert hat, sodaß nur durch die umhersprühendeu glühenden Teilchen
des zerstörten Stahldrahtes unbedeutende Schäden entstanden sind, das eine Mal
an den Kleidern eines Arbeiters, beim zweiten Mal an den Brillengläsern des
Assistenten. Der letztere Fall ist merkwürdig, weil es schon der zweite Fall auf
unserer Station war, daß bei solcher Veranlassung Brillengläser durch einge
schmolzene Eisenteilchen beschädigt worden sind, während das Gesicht des Trägers
keinerlei Spuren aufwies.
Nebendrachen sind 28 mal (im Vorjahre 55 mal) fortgeflogen. Fast in
allen Fällen, wie vorgesehen, durch Bruch des Sicherheitsdrahts. Verloren gegangen
sind dabei nur zwei Drachen. Nur 3 mal im Berichtsjahre ist der Hauptdrache
in schwerem Wind mit Kopfsprüngen zu Boden geschossen; mehrmals ist er bei
Nachlassen des Zuges zu Boden gefallen, weil nicht schnell genug eingeholt werden
konnte; 6 mal ist der Hauptdrache in der Luft zerdrückt worden, und zwar waren
es stets die Querstäbe in der vorderen Zelle, die der Spannung des Zeuges durch
gleichzeitigen Winddruck und Nässe nachgaben. Mr. Dines begegnet diesen
Spaunungs-Aenderungen durch eine Feder im Querstab; wir begnügen uns, die
Stäbe durch Drähte zu stützen und bei starkem Wind einen dritten Querstab in
die Vorderzelle einzusetzen, was wenige Minuten beansprucht.
Auch in diesem Jahre wurden an allen international vereinbarten Tagen,
14 im Ganzen, Registrierballons gemeinsam mit dem Hamburgischen Physikalischen
Staatslaboratorium aufgelassen. Dabei wurde im Wesentlichen das Assmauusche
System befolgt: ein Gummiballon, der im ungespannten Zustand 150 cm Durch
messer besitzt, wird durch Ueberfüllen mit Wasserstoff auf etwa 200cm Durch
messer gebracht und mit einem Fallschirm als Kappe emporgesandt. Die Auf
stiege sind befriedigend verlaufen, die Instrumente stets nach einiger Zeit in mehr
oder weniger gutem Zustand zurückgekommen. Da auch das einzige im vorigen
Jahre verlorene Instrument in diesem Sommer, nach IB-monatlichem Liegen, mit
noch brauchbarer Aufzeichnung im Lüneburgischen aufgefunden ist, so erweisen
sich die Gefahren der Lage von Hamburg für Aufstiege dieser Art geringer, als
erwartet wurde.
Ein Bericht von Dr. Perlewitz über den ersten Jahrgang der Hamburger
Ballonaufstiege, April 1905 bis März 1906, findet sich in dem Jahrbuch der Ham
burger wissenschaftlichen Anstalten, Jahrgang 1906.
b. Meteorologische Ausrüstung von S. M. Spezialschiffen.
Auch im Berichtsjahre gab die Ausstattung der neuen Spezialschiffe zu
meteorologischen, insbesondere aerologischen Untersuchungen der Abteilung ziem
lich viel zu tun. Auf Bestellung von S. M. S. „Planet“ wurden mehrfach Drachen,
Ballons und Instrumente nach Kapstadt, Point de Galle und Matupi nachgesandt.
Für das neue Spezialschiff „Möwe“ wurden im Aufträge des Reichs-Marine-
Amts Drachen und eine Motor-Drachen winde nach neuem Muster gebaut, ferner
Meteorographen und andere Apparate bestellt. Die Erfahrungen auf S. M. S.
„Planet“ und der Drachenstation der Seewarte konnten dabei benutzt werden.