Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 190fi.
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14) Die Anfragen aus Schiffahrtskreisen über Wind und Wetter auf See an
bestimmten, vergangenen Tagen und in gewissen Gegenden haben sich in ganz
auffälliger Weise vermehrt; die steigende Inanspruchnahme des Beobachtungs
materiales der Seewarte in dieser Hinsicht ist hoch erfreulich und offenbar zu
einem erheblichen Teile durch den Umstand veranlaßt, daß, seitdem unsere in
transatlantischer Fahrt beschäftigten Mitarbeiter ganz allgemein auch in dem
Englischen Kanal und in der Nordsee beobachten, und seit der Einführung der
kleinen Wetterhücher für Nord- und Ostsee die Seewarte unvergleichlich öfter
als in früheren Jahren Auskunft über das Wetter auf See auch in den heimischen
Gewässern zu gehen vermag: die meisten dieser Anfragen beziehen sich aber auf
Vorfälle in eben diesen Gewässern. In Veranlassung eines größeren, vor dem
Londoner Admiralitätsgericht verhandelten Prozesses wurde das Beobachtungs
material der Seewarte sogar direkt von englischer Seite verlangt, da die an Bord
britischer Schiffe (Golf von Aden) gemachten Beobachtungen für die betreffende
Zeit und Gegend nicht ausreichend erschienen; die Deutsche Seewarte konnte
3 beobachtenden britischen Schiffen 37 beobachtende deutsche Schiffe gegenüber
stellen. — Auch die amtliche Auskunftserteilung über Entfernungen auf Dampfer
wegen hat eine Steigerung erfahren.
15) Das im vorigen Bericht zuerst (s. S. 23) erwähnte Abkommen mit dem
Zentralausschuß für die internationale Meeresforschnng in Kopenhagen, betreffend
Lieferung der in der Nordsee und dem Englischen Kanal gemessenen Oberflächen
temperaturen an das Hydrographische Laboratorium dieser Vereinigung, hat weiter
bestanden und es konnten durchschnittlich etwa 2600 Einzelmessungen in jedem
Monat abgeliefert werden. Kosten entstehen hierbei der Seewarte nicht, ebenso
wenig bei dem im Berichtsjahre abgeschlossenen
16) Abkommen mit dem indischen Zentralobservatorium in Simla; hiernach
sendet die Deutsche Seewarte alle seit Januar 1905 in den indischen Gewässern
zwischen 10°N-Br. und 50°S-Br. angestellten maritim-meteorologischen Beob
achtungen nach Indien. Ueber Zweck und Ziel der weiteren in Simla vorzu-
nehmenclen Untersuchungen orientirt ein Aufsatz in den „Annalen der Hydrographie“
1906, S. 562 ff.; es handelt sich wesentlich um die indischen Niederschläge und
das zeitliche Einsetzen der Monsune.
17) Während das Berichtsjahr 1905 durch die ozeanographische Ausrüstung
S. M. S. „Planet“ noch eine besondere Inanspruchnahme, zumal des Vorstandes,
brachte, fiel in das Jahr 1906 die entsprechende Ausrüstung des zweiten neuen
Spezialschiffes, der „Moewe“; sie wurde nach dem Vorbilde der „PIanet“-Aus-
rüstung, unter tunlichster Berücksichtigung aller mit den Berichten des Schiffs
kommandos einlaufenden praktischen Erfahrungen mit dieser Ausrüstung beschafft.
Ein ganz nach neuen Plänen gearbeitetes Hauptstück ist die am Schlüsse des
Jahres 1906 für „Moewe“ noch nicht vollendete ozeanographische Maschinenanlage,
welche auf gemeinsamer Grundplatte umfaßen wird; 1 Sigsbee - Lotmaschine,
1 Dampfmaschine, 1 ozeanographische Heißtrommel. Während ungefähr 5 Monaten
stand der für S. M. S. „Moewe“ designirte Gelehrte, der Hülfsarbeiter Dr. Perle
witz, bei diesen Ausrüstungsarbeiten der Abteilung zur Verfügung. — Der Vor
stand von Abteilung I hat in Verbindung mit diesen ozeanographischen Arbeiten
wiederum 2mal je 1 Lehrkursus über Ozeanographie mit Offizieren der Kaiserlichen
Marine abgehalten; auch im August 1906 in dienstlichem Aufträge die erste inter-
uationale ozeanographische Ausstellung; die in Marseille mit der dortigen Kolonial
ausstellung verbunden war, sowie das ozeanographische Museum in Monaco besucht.