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Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1903.
März vom alten Drachenplatz nach dem neuen Platz transportiert worden war.
Schon vorher war dasselbe mit der drehbaren Hütte, die den Drachenhaspel auf
nimmt, geschehen und war diese 1.8 m über dem natürlichen Terrain auf einem
hierfür hergestellten Hügel aufgestellt worden. Diese Aufstellung hat sich durch
aus bewährt. Zur Unterbringung des Motors in ihr mußte diese Hütte allerdings
Erweiterungen und beträchtliche Verstärkungen erhalten. Als Motor wurde ein
einpferdiger Spiritus-Motor der Dürr-Motoren-Gesellschaft in Eilenburg gewählt,
nachdem Bemühungen, elektrische Kraft zu erhalten, trotz dankenswerten Ent
gegenkommens der Direktion der Straßenbahn an den allzu hohen Kosten ge
scheitert waren. Motor und Winde haben ihrem Zweck genügt,, solange der Zug
nicht 50 kg überstieg. Bei größeren Zügen blieb der Motor stehen, weil eine Vor
richtung fehlte, um die Umdrehungsgeschwindigkeit der Winde herabzusetzen. Eine
solche Vorrichtung wird gegenwärtig angebracht, und es wird dann voraussichtlich
möglich werden, bis zu den anderswo erreichten größten Höhen Aufstiege zu
machen. Im Berichtsjahre durfte aus Vorsicht nicht über 2900 m Höhe hinaus
gegangen werden, weil zur Erreichung größerer Höhen noch mehr Drachen an
gehängt und der Zug über die erwähnte Grenze hinaus hätte gesteigert werden
müssen.
Beim Entwurf des Haspels sowie der Auswahl und Aufstellung des Motors
hat Herr Baumeister Schwarz von der maschinellen Abteilung der Hamburger
Bau-Deputation in sehr dankenswerter Weise Ratschläge erteilt.
Nachdem die notwendigsten Vorbereitungen am neuen Platze getroffen waren,
und die telephonische Verbindung hergestellt war, konnten seit dem 11. Mai die
Ergebnisse der Aufstiege täglich genau nach demselben Muster wie die der an
nähernd gleichzeitigen Aufstiege in Berlin im Wetterbericht der Seewarte er
scheinen. Da gleiche Instrumente verwendet und dieselben Höhenstufen für die
Auswertung des Meteorogramms gewählt werden, so sind diese unmittelbar unter
einander stehenden Angaben strenge vergleichbar und werden sie mit der Zeit
die ersten zusammenhängenden Auskünfte über Lage, Neigung und Erstreckung
der atmosphärischen Schichten liefern.
Eine Uebersicht über die Aufstiege gibt die folgende Tabelle:
April
Mai
Juni
Juli
Au£
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Zahl der Aufstiege
7
17
16
16
16
20
24
22
18
Davon S 2000 m . .
1
0
1
0
0
4
5
3
5
Tage ohne Aufstieg
23
16
15
15
17
11
10
12
14
Davon Werktage . .
18
11
11
1 1
12
7
6
7
8
Mittlere Höhe...
1234
1034
1108
913
1038
1284
1316
1242
1463
An Sonn- und Feiertagen sind in diesem Jahre keine Aufstiege gemacht
worden; dagegen ist seit dem 1. Mai an jedem Werktage, mit Ausnahme von 4
allzu stürmischen Tagen, ein Aufstieg versucht worden. Dennoch haben in diesen
8 Monaten an 78 Werktagen, d. i. an 8o ü /o aller Arbeitstage, keine Aufstiege statt
finden können, weil der Wind es nicht gestattete. Im Herbst und Winter, wo
die Felder nordöstlich vom Drachenplatz auf weite Strecken begangen werden
können, wurden bei zu schwachem Winde am Erdboden die Aufstiege manchmal
nur dadurch ermöglicht, daß man, nach dem Beispiel des Berliner Observatoriums,
die Drachen bis über 400 m weit hinausbrachte und dann mittelst des Motors
einholte, bis sie zum Stehen kamen. Natürlich hat auch dieses Hülfsmittel ver
sagt, wenn in einer Höhe von 100 bis 200 m auch kein genügender Wind war.
Um ein ungefähres Urteil über die Leistungsfähigkeit unserer Einrichtungen
zu erhalten, kann ein Vergleich mit den gleichzeitig mit viel größeren Mitteln